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Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)

Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Die Jahre der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Z. A. Recht
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haben. Dabei hatten sie als erstes Rauchsäulen entdeckt. Es schien sich aber nicht um einen massiven Feuersturm zu handeln, sondern nur um mehrere kleinere Brände. Sie konnten von Glück reden. Dort, wo sie waren, waren sie vermutlich noch eine ganze Weile sicher.
    Der Mangel an verlässlichen Informationen bezüglich dessen, was nur wenige Kilometer entfernt passierte, frustrierte Anna. Auch wenn ihr nun im Vergleich zu dem, was sie in der engen Zelle erfahren hatte, ein Übermaß an Wissen zur Verfügung stand, fragte sie sich im Dunkeln noch immer, was dort draußen vor sich ging. Sie und die anderen wussten, dass die Kriegsrechtlage sich verschlechterte. Hatte das Militär am Anfang noch die totale Kontrolle besessen, wurde die verbliebene Zivilbevölkerung zunehmend dreister, da sie nun davon ausging, dass sie nichts mehr zu verlieren hatte.
    Anna war froh, dass rings um den Unterschlupf Überwachungskameras installiert waren. Sie erlaubten ihr und ihren Gefährten, Aktivitäten auf den Straßen aus der Sicherheit des Kellerraumes zu beobachten. Sie hatten bisher vier Gruppen von mit Baseballschlägern, Gewehren und Molotow-Cocktails bewaffneten Randalierern die Straße entlanglaufen sehen. Sie hatten Wagenfenster eingeschlagen, Rasenflächen angezündet und sich alles unter den Nagel gerissen, was ihnen gefiel. Bis jetzt hatte sich noch niemand dem Haus genähert, in dem Mason, Anna und Julie sich verbargen. Wenn das Glück ihnen hold blieb, würden sie auch unentdeckt bleiben.
    Wie es aussah, würden Randalierer, die ihnen auf die Pelle rückten, nicht lange genug leben, um ihr Tun zu bedauern. Nachdem Mason die Spinde inspiziert hatte und diesen für jeden von ihnen einige Dinge entnommen hatte, waren sie besser bewaffnet als je zuvor.
    Trotzdem: Nicht die Randalierer machten Anna Sorgen. Es waren nicht mal die Feuersbrünste, auch wenn die sie ausräuchern konnten, wenn der Wind in die falsche Richtung wehte. Es waren die Überträger. Auf jeden randalierenden Bürger, den sie draußen sahen, kamen zwei Überträger. Sie waren leicht von Nichtinfizierten zu unterscheiden, da sie unkontrolliert zuckten, vor sich hinsabberten und mit den Zähnen knirschten, wenn sie mit unsicheren Bewegungen durch die finsteren Straßen gingen oder liefen.
    Mit jeder vergehenden Stunde fügten sich mehr Bürger in ihre Reihen ein. Das Geheul der Verletzten und Sterbenden drang selbst durch die dicken Wände im Keller des Unterschlupfes.
    Das Gleichgewicht war eindeutig zugunsten des Morgenstern-Erregers gekippt.
    Anna bemühte sich, nicht an die Hölle auf den Straßen zu denken. Sie assistierte Julie beim Einnehmen ihrer Antibiotikadosis, drückte ihren Kopf nach hinten und flößte ihr die Pillen mit einem Schluck Wasser ein.
    » Wie geht’s ihr?«, erkundigte sich Mason. Er drehte den beiden Frauen den Rücken zu und saß am Computerterminal. Er betätigte in Gedanken versunken die Tasten und begutachtete einen Bildschirm voller aktueller Einsatzmeldungen nach dem anderen.
    » Mir geht’s gut«, hustete Julie und schenkte seinem Rücken einen finsteren Blick.
    » Ich glaube, die Lungenentzündung ist auf dem Rückzug«, sagte Anna. » Wir haben sie gerade noch im richtigen Moment gefunden. Wäre sie noch länger in dem Verlies geblieben, wäre sie viel schlimmer dran.«
    » Gut«, sagte Mason nickend.
    » Was liest du da?« Anna machte die Schachtel zu, der sie die Medizin entnommen hatte. Sie gingen inzwischen recht vertraulich miteinander um.
    » Einsatzmeldungen.« Mason tippte mit einem Finger auf den Schirm. » Da stehen Verlustmeldungen, sichere Zonen, heiße Zonen, Quarantänegebiete, Empfehlungen, Pläne und Befehle. So ziemlich alles, was wir gern über das wissen würden, was sich da draußen tut und niedergeschrieben werden kann. Komisch.«
    » Wieso?«
    » Dass die Welt um uns herum zusammenkracht und es noch immer Menschen gibt, die Ordner mit Meldungen anlegen– als würden die hohen Tiere sie tatsächlich Montagmorgen noch lesen.«
    » Die Macht der Gewohnheit.«
    » Die Macht der Blödheit«, höhnte Mason. » Schau dir das hier an. Die Vollzugsmeldung eines Bataillonskommandeurs in Florida, der genau die Menge der verschossenen Munition und die geschätzten Kosten des Einsatzes in aufgerundeten Dollars auflistet. Als wäre der Dollar noch was wert.«
    Anna blieb einen Moment stehen. Ihr war eine Idee gekommen. Sie hatte Hunderte von Meldungen für ihre Vorgesetzten beim USAMRIID zu den Akten gelegt.

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