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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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aufrichtete. Er gab ihn der Frau, deren fleischiges Gesicht rot vor Zorn oder dem kalten Regen oder beidem war.
    »Es tut Ihnen leid?« sagte sie und hob den Schirm über den Kopf, als wollte sie ihn damit schlagen. »Ist das alles, was Sie zu sagen haben?«
    Er hob die Hand zur Stirn, und dann schien ihm einzufallen, wo er war, und er eilte im Laufschritt weiter. Beim Tor des Brasenose College bog er ein, und Dunworthy folgte ihm über den Hof, durch einen Korridor und ins Laboratorium. Badri saß schon über die Konsole gebeugt und starrte stirnrunzelnd auf den Bildschirm.
    Dunworthy hatte befürchtet, ein unsinniges Durcheinander darauf zu finden, oder – was noch schlimmer wäre – ein leeres Geflimmer, aber der Bildschirm zeigte die geordneten Zahlenkolonnen einer Fixierung.
    »Sie haben die Fixierung?« keuchte Dunworthy.
    »Ja«, sagte Badri. Er wandte sich und blickte zu Dunworthy auf. Seine Stirn war jetzt glatt, doch zeigte sein Gesicht einen seltsam geistesabwesenden Ausdruck, als hätte er Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren.
    »Wann war…«, sagte er und begann zu zittern. Seine Stimme verlor sich, als hätte er vergessen, was er sagen wollte.
    Die Tür flog auf, und Gilchrist und Mary kamen hereingeeilt, gefolgt von Latimer, der mit seinem Schirm kämpfte. »Was gibt es? Was ist passiert?« sagte Mary.
    »Wann war was, Badri?« verlangte Dunworthy zu wissen.
    »Ich habe die Fixierung«, sagte Badri. Er schaute zum Bildschirm.
    »Ist sie das?« sagte Gilchrist und beugte sich über seine Schulter. »Was haben all diese Symbole zu bedeuten? Sie müssen es für uns Laien übersetzen.«
    »Wann war was?« wiederholte Dunworthy.
    Badri faßte sich an die Stirn. »Da stimmt was nicht«, sagte er.
    »Was?« rief Dunworthy. »Verschiebung? Ist es die Verschiebung?«
    »Verschiebung?« sagte Badri. Er fröstelte so sehr, daß er das Wort kaum heraus bekam.
    »Badri«, sagte Mary. »Ist Ihnen nicht gut?«
    Badri bekam wieder den seltsam geistesabwesenden Blick, als könne er sich nicht auf die Antwort besinnen.
    »Nein«, sagte er und fiel vornüber auf die Konsole.

 
3
     
     
    Sie hörte die Glocke schlagen, als sie durchkam. Es klang dünn und blechern, wie die Klänge des Glockenspiels vom Tonband, die sie für Weihnachten spielten. Das Laboratorium sollte schalldicht sein, aber jedesmal wenn jemand von außen die Tür zum Vorzimmer öffnete, hatte sie die leisen, geisterhaften Töne des Glockenspiels hören können.
    Dr. Ahrens war zuerst hereingekommen, dann Mr. Dunworthy, und beide Male war Kivrin überzeugt gewesen, daß sie gekommen seien, um ihr zu sagen, daß sie nun doch nicht gehen könne. Schon im Krankenhaus, als Kivrins antivirale Impfung zu einer riesigen roten Schwellung an der Unterseite ihres Armes geführt hatte, hätte Dr. Ahrens das Projekt beinahe abgesagt. »Sie werden nirgendwohin gehen, solange die Schwellung nicht zurückgeht«, hatte Dr. Ahrens gesagt und ihr die Entlassung aus dem Krankenhaus verweigert. Der Arm juckte noch immer, aber das würde sie Dr. Ahrens nicht sagen, denn die könnte es Mr. Dunworthy weitererzählen, der von einem Entsetzen ins andere gefallen war, seit er erfahren hatte, daß sie gehen würde.
    Schon vor zwei Jahren sagte ich ihm, daß ich gehen wollte, dachte Kivrin. Vor zwei Jahren, und als sie ihm gestern ihre Kleider gezeigt hatte, hatte er noch immer versucht, es ihr auszureden.
    »Mir gefällt die Art und Weise nicht, wie diese Mediävisten das Absetzen handhaben«, hatte er gesagt. »Und selbst wenn sie die gebotenen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hätten, hat eine junge Frau allein im Mittelalter nichts zu suchen.«
    »Es ist alles genau ausgearbeitet«, hatte sie ihm gesagt. »Ich bin Isabel de Beauvrier, die Tochter von Gilbert de Beauvrier, eines Edelmannes, der von 1276 bis 1332 in East Riding lebte.«
    »Und was suchte die Tochter eines Edelmannes aus Yorkshire allein auf der Landstraße von Oxford nach Bath?«
    »Ich war nicht allein. Ich war in Begleitung meiner Diener, unterwegs nach Evesham, um meinen Bruder abzuholen, der dort krank im Kloster liegt. Aber wir wurden von Räubern überfallen.«
    »So so, von Räubern«, sagte er und zwinkerte ihr durch seine Brille zu.
    »Das war Ihre Idee. Sie sagten, daß junge Frauen im Mittelalter nicht allein reisten, daß sie immer in Begleitung waren. Also war ich in Begleitung, aber meine Diener liefen davon, als wir angegriffen wurden, und die Wegelagerer nahmen die Pferde und all meine

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