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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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keinem Sturm länger als eine Minute standhalten, und sie brachte die Tür nicht auf. Sie würde Mr. Dunworthy sagen müssen, daß mittelalterliche Bauernhütten nicht so gebrechlich waren, wie sie aussahen. Sie lehnte sich an die Tür, hielt den Umhang vor der Brust zusammen und verschnaufte. Wenigstens stand sie hier halbwegs windgeschützt.
    Etwas machte ein Geräusch hinter ihr, und sie wandte sich um und sagte: »Verzeiht, daß ich in Euren Garten eingedrungen bin.« Es war die Kuh, die den Kopf über den Flechtzaun streckte und welkes Laub von einem Haselstrauch riß.
    Sie würde zum Herrenhaus zurückgehen müssen. Sie schleppte sich zum Tor hinaus, hängte die Lederschlaufe wieder über den Pfosten und schob sich am knochigen Rücken der Kuh vorbei, die ein paar Schritte mit ihr ging, als dächte sie, Kivrin wolle sie zum Melken führen, dann wandte sie sich wieder dem Haselstrauch zu.
    Die Tür einer der Heuhütten oder Ställe, in denen niemand leben konnte, ging auf, und ein barfüßiger Junge kam heraus. Er starrte herüber. Kivrin hatte das Gefühl, daß er sich fürchtete.
    Sie richtete sich trotz ihrer Schmerzen auf. »Bitte« sagte sie, schwer atmend zwischen den Worten, »darf ich eine Weile in deinem Haus ausruhen?«
    Der Junge starrte einfältig mit offenem Mund zu ihr her. Er war entsetzlich dünn, mit Armen und Beinen, die kaum dicker waren als die in den Zäunen verflochtenen Weidenzweige.
    »Bitte lauf zum Herrenhaus und sag den Männern im Stall, daß sie kommen möchten. Sag ihnen, daß ich krank bin.«
    Er kann so wenig laufen wie ich, dachte sie, sobald sie es gesagt hatte. Die Füße des Jungen waren blaugefroren, seine Lippen aufgesprungen und wund, und getrocknetes Blut aus der Nase war über die Wangen geschmiert. Der arme Kerl, dachte Kivrin, er ist schlechter daran als ich, aber sie sagte noch einmal: »Lauf zum Herrenhaus und bestell ihnen, daß sie kommen sollen.«
    Der Junge bekreuzigte sich mit einer schrundigen, knochigen Hand. »Mihel emeurdroud ooghattund enblast barde«, sagte er und zog sich in die Hütte zurück.
    Lieber Himmel, dachte Kivrin verzweifelnd, er kann mich nicht verstehen, und mir fehlt die Kraft, es mit Geduld und Phantasie zu versuchen. »Bitte hilf mir«, sagte sie, und der Junge sah beinahe aus, als hätte er das verstanden. Er trat einen Schritt näher, dann lief er plötzlich in die Richtung der Kirche davon.
    »Warte!« rief Kivrin.
    Er lief um den Zaun und verschwand hinter der Hütte, wenn man es so nennen konnte. Es sah mehr wie ein Heuschober aus – Gras und faulendes Stroh war in die Spalten zwischen den Stangen gestopft, und die Tür war eine Matte aus Stöcken, die mit einem schwärzlichen Strick zusammengebunden waren, und der Junge hatte sie offen gelassen. Kivrin schleppte sich hinüber, stieg über die erhöhte Schwelle und betrat gebückt die Hütte.
    Drinnen war es dunkel und so rauchig, daß Kivrin nichts sehen konnte. Es roch fürchterlich, schlimmer als in einem Stall. Mit den Stallgerüchen vermischten sich moderige Feuchtigkeit, Qualm und der muffig-durchdringende Geruch von Ratten. Die Tür war kaum anderthalb Meter hoch gewesen, und als Kivrin sich drinnen aufrichtete, stieß sie mit dem Kopf gegen den dünnen, anscheinend aus einem Schößling geschnittenen Dachbalken.
    Als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah sie, daß es keine Sitzgelegenheit gab. Der Boden war bedeckt mit alter Sackleinwand und Werkzeugen, als wäre es doch eine Art Geräteschuppen, und bis auf einen wackligen Tisch, dessen rohe Beine ungleichmäßig gespreizt waren, gab es keine Möbel. Aber auf dem Tisch lagen eine hölzerne Schale und ein Kanten Brot, und in der Mitte der Hütte, dem einzigen freien Raum, brannte ein kleines Feuer in einem flachen, ausgegrabenen Loch.
    Das Feuer war die Quelle des dichten Rauches, der nicht abziehen wollte, obwohl es im First ein kleines Rauchloch gab. Es war ein kleines Feuer aus dünnen Stecken, aber das Holz war feucht, und die Ritzen und Löcher in den ungleichmäßig gestopften Wänden und zwischen diesen und dem Strohdach zogen ebenfalls den Rauch, und der von überall hereinblasende Wind wirbelte ihn in der engen Hütte herum. Kivrin begann zu husten, und jedes krampfhafte Ausstoßen von Luft fühlte sich an, als wollte es ihr die Brust aufsprengen.
    Sie biß die Zähne zusammen, um das Husten zu unterdrücken, und ließ sich, gestützt auf einen Spaten, auf einen Sack Zwiebeln nieder und lehnte sich

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