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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Gräbern. Und winziges Getier huschte aus dem Lichtkreis der Leuchten. Feiner Felsstaub und Sand bedeckten den Boden.
    »Was für ein unheimlicher Ort«, flüsterte Byron. »Und er sieht mir nicht danach aus, als hätte eine menschliche Seele ihn in den letzten Jahren betreten. Jedenfalls sehe ich hier nirgendwo Spuren von Stie feln oder anderem Schuhwerk.«
    »Wir sollten bei dieser Gelegenheit nicht vergessen, auch nach ei nem toten Templer Ausschau zu halten«, raunte Alistair. »Spricht ja nichts dagegen, hier unten zwei Fliegen mit einer Klappe zu schla gen.«
    »Ich bezweifle, dass das vergleichbar ist: eine Fliege erschlagen und einen Vampir pfählen und ihm den Kopf abzuschlagen«, gab Ho ratio bissig zu bedenken.
    Harriet schluckte. »Erst einmal müssen wir ihn finden«, sagte sie und es klang, als hoffte sie insgeheim, dass sie in dieser Gruft nicht auf Draculas Sarg stoßen würden.
    Ganz langsam schritt Byron mit seinen Gefährten an den Sarkopha gen entlang. Sie beleuchteten und prüften an jeder Grabstelle die in den Stein der Abdeckplatte eingemeißelten Jahreszahlen und In schriften. Doch nirgendwo fand sich ein Zeichen, das auf einen hier bestatteten Templer hinwies, obwohl einige der vorderen Gräber sehr wohl aus jener fernen Zeit des Templerordens stammten.
    Indessen holte van Helsing ein Brecheisen aus seiner Tasche und machte sich hustend daran, die Abdeckplatten zu lockern und ein Stück zur Seite zu zerren, um einen Blick in jeden Sarkophag werfen zu können.
    »Warten Sie damit!«, rief Byron ihm zu, als er sah, wie sehr sich der schwindsüchtige Mann abmühte. »Wir helfen Ihnen gleich, wenn wir mit unserer Suche nach einem Templergrab fertig sind.«
    Und weil sie kein solches Grab fanden, kamen ihm dann Horatio und Byron bei seiner schweren Arbeit zu Hilfe. Alistair dagegen woll te nicht akzeptieren, dass es in dieser Katakombe kein Templergrab gab. Er forderte Harriet auf, mit ihm noch einmal alle Gräber abzu leuchten und nach einem Tatzenkreuz oder einem ähnlich eindeuti gen Hinweis zu suchen.
    Byron vermutete, dass es Alistair nicht allein um das Templergrab ging, sondern auch darum, beim Öffnen der Gräber nicht zugegen sein und den Anblick der Toten nicht ertragen zu müssen.
    Doch letztere Sorge erwies sich als unbegründet. Denn von den Toten war nach so langer Zeit nichts weiter als Staub übrig. Gele gentlich fanden sich darin einige von Rost zerfressene, metallene Stücke der Kleidung, mit der sie beigesetzt worden waren, etwa Gürtelschnallen, Knöpfe und Ähnliches. Nur im hinteren Gewölbe stießen sie einige Male auf bescheidene Reste von Totenschädeln und Gebein.
    Obwohl die Kräfte des Arztes immer mehr schwanden, hielt er doch eisern daran fest, jedes einzelne Grab zu öffnen. Darüber ver ging mehr als eine Stunde.
    »Wie soll Dracula denn bloß bei diesen schweren Deckplatten in so einen Sarkophag hinein-und wieder herauskommen?«, fragte Alis tair, der es nicht erwarten konnte, aus der scheußlichen Gruft und vor ein warmes Kaminfeuer zu kommen. Zudem knurrte jetzt sein Magen vernehmlich.
    »Sehr leicht!«, versicherte van Helsing. »Ein Vampir, der genug fri sches Blut zu sich nehmen kann, verfügt über die Kräfte von vier star ken Männern. Aber auch wenn er nur selten Blut saugen kann, reicht ihm ein winziger Spalt, um sich in sein kaltes, mit Heimaterde gefüll tes Grab zu begeben und ihm wieder zu entschlüpfen.«
    »Jetzt verstehe ich auch die mir bis heute rätselhaften Worte vom ›steinernen Tag‹!«, sagte Harriet leise, als van Helsing sich schon am nächsten Sarkophag zu schaffen machte. »Mortimer hat damit zwei fellos die Zeit zwischen Tagesbeginn und Sonnenuntergang ge meint, die Dracula in solch einem steinernen Grab verbringt!«
    »Was für ein Irrsinn, einen seiner Hinweise auf der Burg eines Vam pirs zu verstecken!«, raunte Alistair zurück. »Er muss doch gewusst haben, dass die Suche hier für jeden, der sich darauf einlässt, zu ei ner tödlichen Falle wird!«
    »Weiß Gott, was er sich dabei gedacht hat!«, erwiderte Byron. »Was mich aber noch viel mehr beschäftigt, ist die Frage, wie er überhaupt entkommen konnte, während sein Reisebegleiter offenbar Opfer von Draculas Blutdurst geworden ist. Angeblich hat der Graf doch alle Fluchtwege verbaut und fest verschlossen.«
    »Vielleicht hat er einfach nur Glück gehabt und sein Entkommen den ›umfangreichen Baumaßnahmen‹ verdankt, die Dracula erwähnt hat, als wir mit ihm über

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