Die Judas-Papiere
sollten.
Horatio nickte knapp. »Wir können es schaffen, wenn wir uns einig darüber sind und uns aufteilen!«, stieß er hastig hervor und schaufel te sofort weiter.
»Ich will verdammt sein, wenn ich so nahe vor dem Ziel wie ein ge schlagener Hund den Schwanz einziehe und mich trolle!«, kam es trotzig von Alistair und er schleuderte van Helsing die fünf Dynamit stangen vor die Füße, die er ihm aus der Hand gerissen hatte.
»Dito!«, sagte Harriet knapp.
»Gut, dann suche ich mit Horatio nach dem Hinweis!«, entschied Byron. »Indessen holen Sie beide die Pferde und den Schlitten aus dem Stall!«
»Wird gemacht!«, versicherte Alistair und rannte im nächsten Mo ment auch schon die Treppe hoch.
»Aber wenn die Zeit nicht reicht, lasst es um Gottes willen bleiben und kommt nach oben, Byron!«, beschwor Harriet ihn und folgte dann Alistair.
»Und wenn euch die Zeit zum Einspannen nicht reicht, führt die Pferde hinüber auf die Bergkuppe an den Waldrand und zieht auch den Schlitten dorthin!«, schrie Byron ihr nach. »Anspannen können wir später immer noch!«
Wie besessen schaufelten sie die restliche Erde von der Platte. Da bei war ihnen, als tickte in ihren Ohren der Zeitzünder einer Sprengladung, von der sie jedoch nicht genau wussten, wann sie hochgehen würde. Als Byron einen kurzen Blick zu van Helsing ris kierte, sah er zu seinem Entsetzen, dass der Arzt den abgetrennten Kopf des Vampirs in der linken Hand an den Haaren hielt. Die Augen waren weit aufgerissen, als hätte Dracula den furchtbaren Hieb mit der Axt auf sich niederfahren gesehen. Hastig stopfte van Helsing ihm mit der Rechten Knoblauchzehen in den Mund und warf Dracu las Haupt dann angewidert zurück in den Sarkophag. Schnell wandte Byron sich wieder ab und schaufelte weiter.
»Gleich haben wir es geschafft!«, keuchte Horatio wenig später.
»Wenn sich der Hinweis im Nacken des toten Templers befinden soll, dann kann Mortimer damit doch nur die Rückseite der Grabplat te gemeint haben!«, stieß Byron hervor. »Von dem Toten selbst ist doch nach so vielen Jahrhunderten bloß noch Staub übrig.«
»Anzunehmen!«, japste Horatio. »Also holen Sie van Helsings Stemmeisen! Gleich können wir die Platte anheben.«
Als Byron zu van Helsing lief, hatte dieser dem Vampir gerade den zugespitzten Pfahl über dem Herz auf die Brust gesetzt und zur kur zen, hammerfömigen Handaxt gegriffen. Und so wurde Byron nun un absichtlich und aus nächster Nähe Zeuge jenes zeremoniellen Aktes, der dem blutigen Treiben Draculas für alle Zeit ein Ende bereitete.
Van Helsing murmelte ein beschwörendes Totengebet und ließ das Hammerende der Axt mit aller Kraft auf den Pfahl niedersausen, den er mit der linken Hand senkrecht hielt. Das Holz drang in Dracu las Torso ein, der zu zittern und sich wie ein Schlangenleib zu win den begann, als wollte er sich dem Pfahl entziehen. Doch van Helsing umklammerte das Rundholz so fest, dass die Knöchel seiner Hand weiß hervortraten, und schlug ein weiteres Mal unerbittlich zu.
Wilde Krämpfe befielen den Körper des Un-Toten, als der Pfahl im mer tiefer und tiefer drang. Blut quoll rund um das Holz aus der Brust, als es das Herz durchstieß, und tränkte die weiße Hemdbrust. Und als wäre Draculas Kopf noch mit seinem Leib verbunden, drang plötzlich schleimiger Schaum zwischen den Knoblauchzehen aus sei nem Mund hervor und schlug Blasen. Ein stechender und zugleich süßlicher Gestank, der nach Verwesung roch, stieg aus dem Grab auf.
Byron verspürte Übelkeit. Noch ein zweiter und dritter Schlag mit der Hammeraxt folgten, dann hörte der Torso auf, zu zucken und sich zu winden. Für einen kurzen Moment lag er völlig still auf sei nem Bett aus Karpatenerde. Dann zerfiel er von einem Wimpern-schlag auf den anderen zu Staub.
Erschöpft sackte van Helsing über dem Rand des Sarkophags zu sammen. »Es ist vollbracht, Herr«, murmelte er und spuckte einen Schwall Blut in den Staub zu seinen Füßen. »Dir sei allzeit Dank und Lobpreis, Herr aller himmlischen Heere! Nun bin ich bereit, vor dich hinzutreten!«
»Byron? Verdammt, wo bleiben Sie?«, rief Horatio mit einem An flug von Panik.
Byron sah noch, wie van Helsing mit zitternder Hand nach den fünf Dynamitstangen griff, die Leuchte näher zu sich heranzog und den Windschutz öffnete.
»Jetzt bleiben Ihnen keine fünf Minuten mehr«, krächzte er und setzte die zusammengedrehten Zündschnüre an der offenen Flam me in Brand. »Wissen Sie sie zu nutzen!
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