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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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des Propheten?« Er dachte angestrengt nach und schüttelte dann zu ihrer Enttäuschung den Kopf. »Tut mir leid, aber dazu fällt mir beim besten Willen nichts Er hellendes ein. Falls es sich um den Namen einer Restauration, einer Rakischenke oder sonst einer Art von Vergnügungsstätte handelt, werde ich das jedoch schnell in Erfahrung bringen können. Denn manche Besitzer dieser Etablissements verfallen auf recht absonder liche Namen, um Kundschaft anzulocken.«
    »Das könnte sogar hinkommen!«, warf Horatio ein. »Da war doch in Mortimers Schreiben noch so ein kleiner Zusatz, Byron! Erinnerst du dich noch? War da nicht die Rede von einem gewissen Murat?«
    Byron nickte. »Ja, jetzt wo du es sagst, fällt es mir auch wieder ein!
    Mortimer hat noch geschrieben, diese ›Stimme des Propheten‹ sei in Ahmet Murats sans mekani zur Ruhe gekommen«, fügte er hinzu und gab sich den Anschein, mit den türkischen Worten nichts anfangen zu können.
    »In Ahmet Murats Haus des Glücks?«, kam es sogleich von Basil Sa har. »Ja, dann sieht die Sache natürlich schon ganz anders aus!«
    »Ist Ihnen dieser Ahmet Murat bekannt?«, fragte Alistair.
    Der Waffenhändler verzog das Gesicht zu einer verächtlichen Mie ne. »Sein Name ist mir nicht unbekannt, wahrlich nicht! Aber meinen Fuß in sein Haus des Glücks zu setzen, dazu verspürte ich bislang nicht das geringste Bedürfnis, um es sehr höflich auszudrücken.«
    »Und warum nicht?«, wollte Harriet wissen.
    »Weil der Kerl ein Lump und Mörder ist!«
    Alistair verzog das Gesicht und murmelte grimmig: »Na, prächtig! Mortimers Vorliebe für zwielichtige Gestalten scheint kein Ende zu nehmen!«
    »Ein Mörder, sagten Sie?«, hakte Byron nach. »Können Sie uns mehr über ihn und dieses Haus des Glücks erzählen?«
    »Ahmet Murat erweckt gern den Anschein, über einige Ecken mit der einstigen Sultansfamilie gleichen Namens verwandt zu sein«, er klärte Basil Sahar. »In Wirklichkeit entstammt er einer Familie von Zuhältern und Kupplerinnen und das weiß ich deshalb, weil ich ihm damals als . . . als Fremdenführer oft genug begegnet bin. Er wollte, dass ich meine Kunden zu den Lotterstuben seiner Familie lotse, aber dazu war ich nicht gewillt. Auch als Fremdenführer hatte ich meine Prinzipien und wollte nicht, dass sich meine Kunden bei sei nen Lustknaben üble Krankheiten holten. Denn die Murats bedien ten überwiegend Päderasten, die eine Vorliebe für hübsche junge Burschen haben. Konstantinopel genießt in dieser Beziehung näm lich einen wahrlich unübertrefflichen Ruf.«
    »Ein Zuhälter für Päderasten, das wird ja immer schöner!«, brumm te Horatio. »Was ist Mortimer bloß eingefallen, uns zu empfehlen, dieses Haus des Glücks aufzusuchen, bei dem es sich offenbar um ein . . . ein Freudenhaus handelt?«
    »Ganz so verhält es sich nicht, Mister Slade!«, beruhigte ihn Basil Sahar. »Die Tage seiner Lotterstuben in miesen Hinterhöfen sind für Ahmet Murat längst vorbei. Auf seine Art hat er es zu etwas gebracht und ist nun ein reicher Geschäftsmann mit großspuriger Attitüde und ausgeprägter Geltungssucht. In seinem Haus des Glücks gibt es zwar auch noch einige Zimmer, in denen Murats Kunden das finden, was er ihnen schon in seinen Jugendjahren verkauft hat, aber haupt sächlich ist es doch ein exklusiver Klub für Freunde des Glücksspiels, die nicht um läppische Piaster, sondern um ordentliche Summen in Gold zu spielen gewohnt sind. Es ist sozusagen das kleine Casino Ro yal von Konstantinopel. Man kann dort auch essen und gelegentlich gibt es zur besonderen Unterhaltung der Gäste auch irgendwelche ausgefallenen Darbietungen, wie ich mir habe sagen lassen.«
    Alistairs Augen leuchteten auf. »Ein Kasino? Das klingt schon bes ser! Das müssen wir uns natürlich anschauen!« Ihm war die Vorfreu de auf diesen Besuch anzusehen. »Und in welchem Stadtteil finden wir Murats Spielklub?«
    »In keinem«, lautete Basil Sahars verblüffende Antwort.
    Ihn trafen vier verständnislose Blicke.
    »Nein, Sie haben sich nicht verhört«, sagte Basil Sahar. »Das Kasino schwimmt nämlich auf dem Wasser, und zwar zwischen Stambul und Skutari.«
    »Was Sie nicht sagen!«, staunte Alistair. »Es handelt sich dabei also um ein Schiff, das er zum Kasino umgebaut hat?«
    »Nein, nicht wirklich. Sie müssen wissen, dass man 1836 unter dem Sultanat von Mahmud II. eine Pontonbrücke über das Goldene Horn gebaut hat, die aber nicht einmal vierzig Jahre dem Verkehr gewachsen

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