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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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bogen mit schweren rubinroten Samtvorhängen ging es in das Kasi no. Bei ihrem Nähern schlugen zwei dort bereitstehende Bedienste te mit theatralischer Geste die Vorhänge zur Seite, als enthüllten sie ihnen den Zugang zu Sindbads Schatzhöhle.
    Auch im Saal des Kasinos sah es ein wenig nach Schatzhöhle aus, zumindest was das Glitzern und Leuchten des vielen Talmis und Messings im Licht elektrischer Kristalllüster betraf. Gleich hinter dem Eingang standen rechts und links zwei orientalische Wasserbe cken, von denen es im Raum noch mehrere andere gab und die ih rem Duft nach mit verdünntem Rosenwasser gefüllt waren. Eine ver steckte Pumpe ließ kleine, plätschernde Fontänen aus ihnen aufstei gen. Die Standbecken sahen wie aus Marmor gearbeitet aus, bestan den jedoch aus Gips, dessen Farbauftrag den Marmor nur vortäusch te.
    »Hohl!«, murmelte Basil Sahar knapp, als er im Vorbeigehen mit dem Fingerknöchel dagegenklopfte.
    Gleich dahinter kamen die Spieltische, ein jeder auf seinem eigenen Teppich, bei denen es sich ausnahmsweise um echte und sichtlich teure Perser handelte. Gut ein Dutzend Tische, an denen Roulette, Black Jack, Backgammon und anderes gespielt wurde, bildeten ein rechteckiges U. Seine Öffnung war auf eine kleine, halbrunde Bühne ausgerichtet, deren Vorhang jetzt zugezogen war. Innerhalb dieses Hufeisens befanden sich neun vornehm eingedeckte Tische, an denen man zu allen Zeiten der Nacht essen konnte, was die schwimmende Küche zu bieten hatte. In der Mitte der gegenüberliegenden Längswand zog sich eine reich bestückte Bar entlang, die gut in einen englischen Klub gepasst hätte und mit ihren lederbezogenen Barstühlen zehn, zwölf Gästen bequem Platz bot. Hier und da waren kniehohe, runde Diuan-Sitzkissen mit zierlichen Beistelltischen verstreut.
    Alistair hielt sofort Ausschau nach den Pokertischen und fand sie auf einer halbrunden Empore zu seiner Linken. Zwei Stufen führten zu ihr hinauf und ein rund geschwungenes Messinggitter umschloss sie bis auf den Durchgang von beiden Seiten. Dort machte er drei Ti sche aus. An der Hinterwand der Empore standen mehrere Glasvitri nen. Ähnliche Glasschränke hingen auch darüber an der Wand.
    An der anderen Schmalseite des Kasinos führte eine mit Teppich ware belegte Treppe hinauf auf die umlaufende Galerie der oberen Etage. Von dort gingen Türen ab, die vermutlich in die Separees führten. Zum Innenraum des Kasinos hin war die Balustrade der Ga lerie, die aus Messingstäben bestand, über und über mit Goldblech in Form von verschlungenen arabischen Blumenornamenten verklei det, wie man sie ähnlich in den Moscheen als Wandmosaike oder aus Stein und Marmor gemeißelt bewundern konnte.
    »Ganz hübscher Schuppen!«, meine Alistair anerkennend, den es nicht kümmerte, ob in einem Kasino die Wasserbecken aus reinem Marmor oder aus billigem Gips bestanden. Ihn interessierte allein, was sich an den Spieltischen tat, wie hoch die Einsätze waren und ob er es mit Profis oder eher mit Amateuren zu tun hatte, die man im Handumdrehen wie eine Weihnachtsgans ausnehmen konnte. Und er brannte darauf, das herauszufinden.
    Doch als er den irritierten Blick von Basil Sahar auffing, fügte er schnell noch hinzu: »Ich meine, für einen Lotterbuben, der seine Karriere in einem Hinterhof begonnen hat, ist das gar nicht mal so übel!«
    »Da Sie gerade von übel sprechen!«, brummte der Waffenhändler und deutete mit einer knappen Kopfbewegung zur Treppe der Empore hinüber. »Da kommt der Lump. Und ich fürchte, er hat mich nach all den Jahren doch wiedererkannt.«
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, wäre uns sehr geholfen, wenn Sie Ihre Verachtung für ihn eine Weile lang für sich behalten und uns ihm vorstellen würden!«, raunte Byron ihm zu, der es plötzlich für keine so gute Idee mehr hielt, in Begleitung des Waffenhändlers ge kommen zu sein. Denn wenn Basil Sahar offene Geringschätzung für Ahmet Murat zeigte, konnte das auf sie zurückfallen und ihnen die Sache mit der »Stimme des Propheten« unnötig erschweren. Und deshalb betonte er noch einmal: »Wir wären Ihnen wirklich sehr dankbar dafür! Auch wäre uns ein wenig Übertreibung, was Rang und Namen unserer kleinen Reisegruppe betrifft, von Nutzen, sofern Sie diese Bitte nicht für eine zu große Zumutung halten.«
    Der Waffenhändler schenkte ihm einen überraschten Blick. Und Byron glaubte, diesem stutzenden Blick entnehmen zu können, dass er ihnen von dieser Sekunde an nicht mehr abnahm,

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