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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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nachher nicht befürchten mussten, eine böse Überraschung zu erleben, wenn es galt, so schnell wie möglich vom Kasino wegzukommen.
    Murat war schon der Auflösung nahe, als sie nach kurzer und schnel ler Überfahrt an seinem schwimmenden Haus des Glücks anlegten.
    »Allah sei gepriesen!«, rief er mit überschwänglicher Erleichterung, als sie zu ihm an Deck stiegen. »Sie wissen es wirklich, einem Mann qualvolle Stunden zu bereiten, Miss Chamberlain-Bourke!«
    Harriet schenkte ihm ein zuckersüßes Lächeln. »Umso größer ist dann aber auch der Genuss, der Sie erwartet, Mister Murat!«
    »In der Tat, in der Tat!«, versicherte der Kasinobesitzer, bot ihr ga lant seinen Arm und redete aufgeregt in einem fort. »Es ist alles vorbe reitet! Ich bin sicher, dass Sie nichts zu beanstanden haben werden! Ich habe mich ganz nach Ihren Wünschen gerichtet und weder Kosten noch Mühen gescheut. Inzwischen sind auch alle obigen Zimmer ge räumt. Und das Separee über der Empore, das Sie sich erbeten hatten, habe ich ganz besonders für Sie herrichten lassen! Damit Sie sich dort bis zu Ihrem Auftritt, der von meinen Gästen schon mit großer Span nung erwartet wird, zurückziehen und sich umkleiden können.«
    Neugierige und erwartungsvolle Blicke trafen sie, als sie das Kasino betraten. Murat hatte etwa zehn Dutzend seiner zahlungskräftigsten Stammkunden zu dieser Sonderveranstaltung in sein Kasino eingela den. An den Spieltischen wurde noch gespielt, aber im Innenraum wa ren die Tische weggeräumt und gepolsterte Stühle aufgestellt wor den. Sie waren zu beiden Seiten des etwas durchhängenden Artisten seils ausgerichtet, das von der Empore zur Bühne führte, und leicht schräg zu dieser hin ausgerichtet. Eine fünfköpfige Kapelle, zu der auch ein Pianist gehörte, drängte sich in der rechten Ecke zwischen Bühne und Bar auf einem dort errichteten kleinen Podest, das mit schwarzem Tuch bedeckt war, und spielte gängige Melodien.
    Die umlaufende Galerie war, wie Harriet es verlangt hatte, mit gleichfalls schwarzen Tuchbahnen verhängt. Sie fielen gute zwei Ellen über den Vorbau der Galerie hinab in den Saal, auch auf der halbrunden Empore. Zwar waren mittlerweile die Pokertische verschwunden, dafür aber standen dort nun zwei Stuhlreihen für zwölf besonders bevorzugte Gäste. Und obwohl die schwarzen Bahnen bis etwa auf halbe Höhe herabreichten, waren sie doch nicht lang genug, um den Schaukasten an der Wand gänzlich den Augen der Kasinogäste zu entzie hen. Insbesondere wenn sich jemand unten im Saal zufällig umdrehte, hatte er noch immer einen recht ungehinderten Blick auf das Krummschwert. Aber mit diesem Risiko mussten sie leben.
    »Sind Sie einverstanden, dass ich jetzt das Zeichen gebe, mit dem Vorprogramm zu beginnen, Miss Chamberlain-Bourke?«, erkundigte sich Murat, der es nicht erwarten konnte, sich vor seinen handverle senen Gästen mit seiner englischen Starartistin in Szene zu setzen. »Ich habe dafür vier Gruppen von Schaustellern engagiert. Zwei überaus unterhaltsame Bauchredner, die den bunten Vorreigen mit ihren Späßen eröffnen werden, sodann drei Artisten auf Hochrä dern. Darauf folgen die fünf Bodenakrobaten, die wahrlich statt Kno chen Gummi im Leib haben müssen, und zum Schluss als würdige Einstimmung in den Höhepunkt der Veranstaltung ein ganz ausge zeichneter Zauberer.«
    Harriet nickte mit der wohlwollenden Arroganz einer Künstlerin, die den Kunststücken weniger berühmter Kollegen milde Nachsicht entgegenbrachte.
    »Tun Sie das, mein lieber Murat«, säuselte sie huldvoll. »Es sind be stimmt ganz ansehnliche Darbietungen, die Sie da eingekauft haben. Ich ziehe mich dann mit meinem Bruder und meinen Freunden nach oben zurück. Und achten Sie bitte darauf, dass sich keiner nach oben begibt und meine Konzentration stört!«
    »Das wird nicht passieren!«, versicherte Murat. »Meine Angestell ten haben klare Anweisungen erhalten, sich von der Galerie fernzu halten.«
    »Sehr schön, dann steht ja einer gelungenen Vorstellung nichts im Wege!«, sagte sie.
    Alistair nickte und versicherte dem Kasinobesitzer: »Von dieser Nacht werden Ihre Gäste noch sehr lange reden, da gebe ich Ihnen mein Wort drauf!«
    Murats schwammiges Gesicht strahlte wie ein ölglänzender Fleischkloß.
    Während der Kasinobesitzer auf die Bühne eilte, das Wort an seine Gäste richtete und sich vor ihnen mit blumiger und weitschweifiger Rede wichtig tat, begaben sie sich nach oben.
    Das für sie

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