Die Judas-Papiere
mit Alistairs Feuerzeug und seiner Packung Gold Flake.
»Das ist es also, was uns die ›Stimme des Propheten‹ zu sagen hat. Nun seid ihr dran, diesen Zeichen einen Sinn zu entlocken«, sagte Horatio. »Wer möchte den Anfang machen? Nur nicht so zauderlich, Freunde!«
Harriet und Alistair lachten, dann richteten sich mal wieder alle Bli cke auf Byron.
Dieser schmunzelte. »Ich freue mich, euch mitteilen zu können, dass es nicht gerade eine unlösbare Aufgabe ist.«
»Vielleicht nicht für jemanden wie dich, der was von Kryptologie versteht«, warf Alistair ein. »Ich kann jedenfalls nicht erkennen, um welche Art von Geheim-Code es sich dabei handelt.«
»Es ist die sogenannte noachitische Geheimschrift, die ebenso alt wie leicht zu entschlüsseln ist«, sagte Byron. »Die Freimaurer bedie nen sich ihrer noch heute und versehen viele ihrer Grabinschriften damit.«
Harriet zog die Stirn kraus. »Noachitisch? Das klingt mir mehr nach einer Krankheit.«
»Wartet, ich zeichne euch das noachitische Alphabet auf«, sagte By ron und zog sein Notizbuch sowie einen Stift aus seiner Jacke. »Das ist schnell geschehen. Und man muss sich vorher auch nicht viel ein prägen, um das tun zu können. Denn im Grunde besteht dieser Code nur aus zwei vierlinigen Rastern und zwei x-förmigen Kreuzen, die unter Zuhilfenahme von Punkten ein sechsundzwanzigteiliges Ge heimalphabet ergeben. Und das sieht dann so aus!«
»Verdammt clevere Idee!«, sagte Alistair verblüfft.
Harriet griff nach Byrons Stift. »Dann lasst uns mal sehen, was bei Mortimers Botschaft herauskommt!« Wenige Augenblicke später hatte sie die Zeichen in das lateinische Alphabet übertragen. Und da stand er nun, der dritte Hinweis auf das Versteck.
»Dieser elende Stinkstiefel!«, stieß Alistair grimmig hervor. »Statt uns etwas Handfestes mitzuteilen, hat er so einen nichtssagenden Quark im Säbel versteckt! Hätten wir das vorher gewusst, hätten wir uns Konstantinopel gleich sparen können! All die Arbeit und die Gefah ren, die wir auf uns nehmen mussten, für vier völlig nutzlose Worte!« »Tja, aber um das zu wissen, muss man sie erst mal aus dem Griff der Waffe gepult haben«, meinte Horatio. »Und dieser Mortimer wollte es allen, die nach dem Judas-Evangelium suchen, nicht zu ein fach machen. Ich denke, das ist ihm bisher gut gelungen.«
Harriet nickte. »Das kann man wohl sagen! Nach dem Hinweis ›Im Kloster St. Simeon‹ dachte ich, jetzt wird es konkret. Aber was willst du von einem Geistesgestörten denn erwarten, Alistair?«
»Mortimer wird sich schon was dabei gedacht haben«, sagte Byron.
»Ja, wie er uns das Leben möglichst schwer macht!«, knurrte Alis tair, knüllte ärgerlich den Zettel zusammen und warf ihn über Bord. »Fehlt nur noch, dass wir im Kloster Simonopetra als Fortsetzung von ›Wo die heiligen Männer‹ einen Spruch finden wie zum Beispiel ›in frommem Gebet verharren‹!«
Horatio zuckte die Achseln. »Und auch dann werden wir damit le ben müssen. Außerdem sollte man nicht zu viele gute Gaben vom Schicksal verlangen. Wir können uns doch wirklich glücklich schät zen, dass wir den Perfectus dieser Ordo Novi Templi endlich vom Hals haben. Denn dank deiner riskanten Eigenmächtigkeit, die gottlob keine verheerenden Folgen gehabt hat, steht der Kerl ja mit leeren Händen da.«
Alistair grinste in die Runde. »Euer Dank, auch wenn er spät kommt, wird von mir huldvoll angenommen, mein lieber Horatio!« Dann wurde er wieder ernst und sagte zu Byron gewandt: »Da wir ge rade von dem Dunkelmann Perfectus reden – was hat dir dieser Tenkrad denn noch gesagt, bevor er starb? War es etwas, das end lich Licht auf diesen Ordo Novi Templi wirft?«
»Das tun seine letzten Worte in der Tat«, bestätigte Byron. »Aber kein sehr freundliches Licht.«
»Was wohl auch nicht anders zu erwarten gewesen war«, bemerkte Harriet. »Aber nun erzähl schon!«
Byron überlegte kurz, womit er anfangen sollte. »Erinnert ihr euch noch an unser Zusammentreffen auf Pembroke Manor, in dessen Ver lauf der Lord von einem Mann namens Mertikon gesprochen hat, den Mortimer ihm gegenüber erwähnt hatte und den sein Bruder verdächtigte, ihn zu verfolgen und ihm die Papyri rauben zu wollen?«
Sie nickten.
»Arthur Pembroke hat sich bei dem Namen verhört«, teilte Byron ihnen mit. »Denn der wirkliche Name des Mannes, dessen Nachstel lungen er fürchtete, war Markion!«
»Wieso war?«, fragte Horatio.
»Weil dieser Mann, der als Markion
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