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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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sich abgeschaut zu haben, was sich durch die inhaltli che Nähe der beiden Lehren leicht erklären lässt.«
    Alistair atmete tief durch. »Gut, dann haben wir das jetzt auch ab gehakt!«
    Auf einmal sagte Horatio unvermittelt: »Da fällt mir noch etwas Wichtiges zu Athos ein. Wir haben da nämlich ein recht prekäres Problem, Freunde!«
    »Als da wäre?«, fragte Harriet.
    »Es betrifft dich«, sagte Horatio. »Die ganze Klosterhalbinsel ist für die Mönche ein heiliger Bezirk und das bedeutet, dass Frauen sie auf keinen Fall betreten dürfen. Deshalb wird man ganz sicher in Karyäs ein scharfes Auge auf die Passagiere haben, die dort an Land gehen.«
    »Das kann nicht dein Ernst sein!«, stieß Harriet hervor.
    »Doch, es ist so. Ich kenne mich mit der Geschichte von Athos und seinen Klöstern gut aus. Es gibt da sogar noch ein uraltes Dokument, auf Bockshaut geschrieben, in welchem dieses Gesetz nicht nur auf Frauen bezogen wird, sondern auf alles Weibliche, also sogar auf Haustiere«, teilte Horatio ihnen mit. »Nichts Weibliches darf auf Athos gehegt werden!, lautet dieses unumstößliche Gesetz.«
    »Das ist dann wirklich ein Problem!«, sagte Byron besorgt.
    Alistair grinste. »Na, da müssen wir wohl diesmal ohne Harriets Beistand auskommen und sie wird mit der Xerxes nach Saloniki wei terfahren. Wir treffen uns dann dort, wenn wir unseren Besuch auf Simonopetra erledigt haben.«
    »Das kommt überhaupt nicht infrage!«, protestierte Harriet heftig.
    »Wir bleiben zusammen. Irgendwie komme ich schon an Land! Und wenn ich mich als Mann verkleiden muss!«
    »Das ist gar keine so schlechte Idee!«, meinte Byron. Unter keinen Umständen wollte er von ihr getrennt sein. »Was meinst du, Horatio?«
    Dieser strich sich nachdenklich über seinen schmalen Schnurrbart, während er Harriet musterte. »Mhm, das könnte klappen. Mit den richtigen Männerkleidern, einem weiten Umhang, schweren Stie feln, einer Brille und einem großen Hut kann sie gut als Mann durch gehen, zumal bei ihrer jungenhaften Pagenfrisur! Und ihre zarten Gesichtszüge lassen sich auch leicht verändern. Es genügt ein wenig dunkle Schminke, um ihr Schatten unter den Augen zu verpassen.«
    »Na also!«, sagte Harriet und schoss Alistair einen Blick zu, der ihre Genugtuung ausdrücken sollte.
    »Und wo sollen wir all diese Sachen so schnell herholen?«, wollte Alistair wissen.
    »Wir haben doch im Hafen von Kum-Tale zwei Stunden Aufenthalt, weil die Xerxes dort einen Teil ihrer Fracht löscht und andere Güter an Bord nimmt«, sagte Byron. »Das müsste reichen, um die Sachen zu besorgen.«
    »Notfalls haben wir auch auf Limnos noch Zeit«, fügte Horatio hin zu. »Wir kriegen das schon hin.«
    Harriet warf Byron und Horatio einen dankbaren Blick zu. »Damit ist das ja wohl geklärt!«
    »Mir soll es recht sein, denn natürlich hätte auch ich nur ungern auf deine reizende Gesellschaft verzichtet«, meinte Alistair und erhob sich. »So, Freunde. Mich verlangt es jetzt danach, ein wenig dem De miurgen zu huldigen. Mal sehen, ob sich auf der Xerxes noch ein paar Leute befinden, die so wie ich noch nicht in den Genuss eines Conso lamentums gekommen sind und deshalb auch nichts gegen ein Kar tenspiel einzuwenden haben.« Und damit entfernte er sich mit ei nem vergnügten Pfeifen.

2
    W ährend die Xerxes durch die Enge der Dardanellen dampfte, war tete Byron auf eine passende Gelegenheit, um Harriet unter vier Au gen auf das Laudanum anzusprechen, das sie sich in Konstantinopel von Basil Sahar hatte besorgen lassen.
    Aber nach den dort überstandenen Gefahren und in der Gewiss heit, den Perfectus nun endgültig abgeschüttelt zu haben, hatte sie alle eine gelöste Stimmung erfasst. Und diese wollte er bei Harriet nicht dadurch zerstören, indem er sie auf einen wunden Punkt an sprach. Er befürchtete, sie könnte es ihm übel nehmen, wenn er ihr ins Gewissen redete und sie vor den Gefahren des Laudanum warnte. Vermutlich würde sie es sich verbitten, von ihm bevormundet zu werden. Denn er kannte ja ihren Stolz und wusste, wie sehr sie auf ihre Eigenständigkeit bedacht war.
    Den ganzen Tag rang er mit dem Zwiespalt seiner Gefühle. Denn wenn er sich auch einerseits aus Liebe und Sorge um sie zu diesem Gespräch verpflichtet fühlte, so war andererseits die Furcht vor einer scharfen Zurückweisung doch nicht weniger groß. Er schämte sich seiner Feigheit und wusste nicht, wie er das Dilemma lösen sollte.
    Es löste sich ganz von selbst.
    Als Byron

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