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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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sondern ne benan beim Dinner fort«, sagte Arthur Pembroke und bedeutete sei nem Butler durch ein knappes Handzeichen, ihn ins Nebenzimmer zu fahren.
    Immer noch gegen den Hustenreiz ankämpfend, folgte Byron den anderen ins angrenzende Esszimmer. Auch hier stießen sie auf aus gestopfte Tiere, ägyptische Grabbeigaben wie bemalte Sänften und Krummstäbe sowie auf einige an den Wänden aufgestapelte Sarko phage. Gleich rechts und links der Flügeltüren schienen zwei hoch beinige Hyänen aus der afrikanischen Savanne mit gefletschten Zäh nen den Durchgang zu bewachen. Und hoch oben in den Zimmerecken waren künstliche Netze aus feinen weißlichen Fäden ge spannt, die wirklichen Spinnweben täuschend ähnlich sahen – zumal in diesen Netzen große präparierte Spinnen wie auf Beute lauernd hockten.
    Die hintere Wand nahm ein breites und gut mannshohes Regal ein, dessen Borde mit großen Glasbehältern vollgestellt waren. Was in der konservierenden Flüssigkeit dieser Behälter schwamm und was der geistesgestörte Mortimer Pembroke dadurch vor der natürli chen Zersetzung bewahrt hatte, wollte keiner von ihnen genau wis sen. Weshalb sie auch erst gar nicht näher traten und diesen gewiss schaurigen Anblick mieden.
    Aber trotz allem wirkte dieses vergleichsweise kleine, intime Esszimmer nicht ganz so albtraumhaft wie der Salon nebenan sowie die anderen Räume und Gänge, die sie auf ihrem Weg durch den Westflügel passiert hatten. Das lag vermutlich an den Ölgemälden, die einen Großteil der Wände einnahmen, ausschließlich männliche, fast lebensgroße Porträts zeigten und wohl einen Teil der Ahnengalerie ausmachten. In der Mitte des Zimmers stand unter einem Kronleuchter der runde Tisch, der festlich mit cremeweißem Damast, schwerem Tafelsilber, Kristallgläsern und feinstem Porzellan gedeckt war.
    Als alle am Tisch Platz genommen hatten, fiel Byron auf, dass die Bediensteten zwar das Essen aus der Küche brachten, es jedoch draußen im Gang unter den kritischen Augen von Trevor Seymour auf einem Rollwagen abstellten und sich sogleich wieder entfernten. Das Auftragen und Servieren übernahm der hagergesichtige Butler. Und er achtete auch darauf, dass die Flügeltüren hinter ihm sofort wieder geschlossen wurden. Byron schloss daraus, dass der Inhalt ih res Gespräches unter keinen Umständen an die Ohren eines Bediens teten dringen sollte. Die einzige Ausnahme davon machte Trevor Seymour. Der Butler war offenbar eingeweiht und genoss das unein geschränkte Vertrauen Seiner Lordschaft.
    »Was sagen Sie zu der Ansicht von Mister McLean, dass es so ein Evangelium des Judas nie gegeben hat, Mister Bourke?«, fragte Lord Pembroke, nachdem Trevor Seymour ihre Kristallkelche mit Weiß wein gefüllt und jedem als Vorspeise Suppe aus einer silbernen Ter rine ausgeschöpft hatte.
    »Dass sie von Unkenntnis zeugt«, antwortete Byron. »Denn die Existenz einer Schrift, die Judas Iskariot zugeschrieben wird, ist schon seit gut 1700 Jahren bekannt. Bischof Irenäus . . .«
    »Vielleicht gilt das für die gelehrten Kreise, in denen Sie verkeh ren«, fiel Harriet Chamberlain ihm ins Wort. »Ich jedenfalls habe auch noch nie von solch einem Evangelium des Judas gehört!«
    »Weil das vermutlich eine dieser Schriften ist, die von der katholi schen Kirche und den römischen Kurienmitgliedern verteufelt und in irgendeinem Geheimarchiv des Vatikans unter Verschluss gehalten werden!«, mutmaßte Alistair McLean. »Das hat doch Tradition in Rom! So ist es doch auch mit diesen . . . diesen geheimen apo-dingsda Schriften gewesen, die man damals nicht in den Kanon der Bibel aufgenommen hat!«
    Byron warf ihm einen mitleidigen Blick zu. »Was Sie meinen, sind die apokryphen * Schriften, die seit ihrer Niederschrift vielhundertmal von Mönchen und anderen kopiert worden und sehr wohl zu allen Zeiten jedem Interessierten zugänglich gewesen sind, sofern er zu der kleinen Schicht der Gebildeten gehörte, die Latein und Altgrie chisch beherrschten!«, stellte er richtig. »Gewiss hat es in strenggläu bigen Jahrhunderten auch Zeiten gegeben, in denen man erwog, derartige Schriften zu verbrennen oder sonst wie zu vernichten . . .«
    »Also doch!«, triumphierte Alistair McLean.
    »Aber nicht, weil sie irgendwelche ›Wahrheiten‹ enthalten hätten, die den Kernaussagen der christlichen Glaubenslehre hätten wider sprechen können!«, fuhr Byron rasch fort. »Sondern weil die meisten dieser apokryphen Schriften seltsame Mischungen sind aus

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