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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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roman haften Fantasien, überspannten Legenden, fiktiven Zwiegesprächen sowie gemütvollen Fabeln und Anekdoten. Und die Lektüre solcher Schriften, die den christlichen Glauben bedenklich in die Nähe heid nischen Aberglaubens rücken, wollte man aus gutem Grund unter binden.«
    »Wie ich schon sagte: Diese Verbote und dunklen Machenschaften der Kirche haben Tradition!«, wiederholte Alistair McLean genüss lich.
    * Als apokryphe (= nicht anerkannte) Schriften gelten jene Handschriften aus den ersten nach christlichen Jahrhunderten, die nicht zur offiziellen Bibel gehören, weil sie nicht mit den christ lichen Glaubenslehren in Einklang stehen, so wie sie im Alten und Neuen Testament der Bibel formuliert sind.
     
    »Nein, was aber tatsächlich Tradition hat, das sind derartige Ver schwörungstheorien, wie Sie sie äußern, Mister McLean!«, entgegne te Byron. »Sie werden jedoch nicht einen Deut wahrer, nur weil man sie in jeder Generation wieder neu aufkocht. Mit ein paar zurechtge bogenen Halbwahrheiten sowie einer guten Portion Demagogie eig nen sich solche Thesen leider immer wieder ganz vorzüglich, um das zu verleumden, was man auf redliche Weise und mit sachlichen Ar gumenten nicht in die Knie zwingen kann!«
    Harriet Chamberlain schaute ihn mit leicht hochgezogenen Augen brauen an. »Hört, hört! Mir scheint, da hat jemand gesprochen, der seiner Kirche und seinem christlichen Glauben in fester Treue ver bunden ist!«
    »So ist es, Miss Chamberlain!«, erwiderte Byron. »Wie Sie dazu ste hen, ist Ihre Sache. Aber vielleicht teilen Sie ja meine Überzeugung.« Dabei deutete er auf den Anhänger ihrer Kette.
    »Oh, wegen des Kruzifix?« Sie zuckte die Achseln. »Das ist ein Erb stück meiner Mutter und das Einzige von materiellem Wert, was sie mir hinterlassen hat. Ich würde es auch dann tragen, wenn ich so ein überzeugter Atheist wie Mister McLean wäre.«
    »Lassen wir diese unnützen Scharmützel und kommen wir zurück zu Judas Iskariot!«, griff nun Lord Pembroke ein. »Bitte fahren Sie fort, wo Sie soeben unterbrochen worden sind, Mister Bourke. Sie sprachen gerade von Bischof Irenäus . . .«
    Byron nickte. »Bischof Irenäus von Lyon erwähnt schon um 180 nach Christi Geburt in seinem Buch Gegen die Häresien eine Schrift des Judas Iskariot, die er jedoch als ketzerisch verwarf. Von einem Evangelium ist allerdings nicht die Rede. Zudem ist noch sehr frag lich, ob die erwähnte Schrift wirklich von Judas Iskariot oder aber lange nach seinem Tod von jemand anderem verfasst worden ist, der sich dieses Namens nur bedient hat – aus welchen Gründen auch im mer«, betonte er und ermahnte damit sich selbst zu einer gewissen Skepsis. Denn die Vorstellung von einer authentischen Judas-Schrift besaß für jemanden wie ihn etwas ungeheuer Aufregendes und Faszinierendes.
    »Aber wenn es ein solches Evangelium wirklich gäbe, das nicht nur von einem Zeitgenossen Jesu, sondern von einem seiner zwölf engs ten Vertrauten geschrieben wurde, dann wäre so ein Dokument tat sächlich eine Weltsensation!«, gab Horatio Slade zu bedenken.
    »Klar, das würde wie eine Bombe einschlagen und wäre vermutlich das Ende des Christentums!«, pflichtete ihm Alistair McLean bei. Und er klang gar nicht so, als ob er es bedauern würde, wenn dieser Fall einträte. »Denn da dieser Bischof Irenäus von Lyon die Schrift damals als Ketzerei verurteilt hat, bedeutet das ja wohl eindeutig, dass die ser Judas offenbar eine ganz andere Geschichte zu erzählen wusste als die vier Burschen, die das Neue Testament geschrieben haben und die ja längst nicht so nahe mit ihrer Nase am Geschehen gewe sen sind wie Judas!«
    Lord Pembroke lächelte. »Wie ich schon sagte: Die Welt wird auf horchen, wenn das Judas-Evangelium wieder ans Licht kommt, und sie wird danach nicht mehr dieselbe sein! Einmal ganz davon abgese hen, dass mein Name – und unter Umständen auch der Ihre – für im mer mit dieser Sensation verbunden sein wird!«, bekräftigte er und seine Augen funkelten vor Erregung. »Ich habe nämlich guten Grund zu der Annahme, dass es sich damals bei der von Irenäus verworfe nen Schrift nicht um das Original des Judas-Berichtes gehandelt hat, sondern um eine Art Kopie oder Nacherzählung, in der jemand Jahr zehnte nach dem Tod von Judas Iskariot einiges von dem zusammen gefasst hat, was er wohl nur vom Hörensagen über das wahre Evan gelium des Judas erfahren hatte!«
    »Ich finde, wir sollten im Zusammenhang mit der Schrift des

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