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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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albtraumhaften Sze nen oder von Landschaften und Gebäuden, aus Dutzenden von an einandergereihten Zitaten, ja manchmal seitenlangen Auszügen aus der Bibel, aus Spruchweisheiten, Wehrufen und Auszügen aus Ge dichten. Dazu gesellten sich kurze Stücke von Partituren mit Noten und anderen Symbolen. Im hinteren Teil stieß er auf mehrere Zeich nungen mit religiösen Motiven, die künstlerisch so gut gelungen wa ren, dass sie wie mit Bleistift gefertige Ikonenbildnisse im Miniatur format aussahen.
    Einige von den geometrischen Zeichnungen und Symbolen erkannte Byron auf Anhieb als Bildnisse und Darstellungen, die von den Freimaurer-Logen benutzt wurden. Andere stammten aus der Kabbalistik oder aus dem reichen Fundus ägyptischer Hieroglyphen. Dazu kamen Worte, Begriffe, Zahlen und Sätze in hebräischer, aramäischer sowie altgriechischer und arabischer Schrift. Auf mehreren Seiten hatte Mortimer Pembroke auch Spielkarten nachgezeichnet, die von Säbelklingen zerteilt oder von Minaretten durchstochen wurden.
    Zwischendurch waren immer wieder Seiten unsauber herausgeris sen worden, was anhand zurückgebliebener Papierfetzen leicht er kennbar war. Dass gewisse Seiten thematisch zusammengehörten und auf irgendeine Weise eines der Rätsel bildeten, glaubte er eben falls erahnen zu können. Was er auf den circa fünfzig, sechzig Seiten des grünledernen Notizbuches jedoch nicht fand, war das Hexagon.
    »Ich weiß«, sagte Lord Pembroke, als Byron ihn darauf hinwies. »Auch ich habe die Seiten lange und intensiv studiert, ohne dieses Hexagon zu finden. Aber es muss irgendwo versteckt sein. Es zu fin den und die anderen codierten Botschaften zu entschlüsseln, wird Ihre Aufgabe sein, Mister Bourke. Immerhin sind Sie doch ein Exper te auf dem Gebiet der Kryptologie!«
    »Ich habe mich damit beschäftigt, das ist richtig«, räumte Byron ein. »Aber ein wirklicher Experte bin ich nicht.«
    Lord Pembroke machte eine ungeduldige, wegwischende Handbe wegung. »Die Royal Society of Science hat letztes Frühjahr Ihre wissen schaftliche Abhandlung zu diesem Thema veröffentlicht. Das genügt mir, um zu wissen, dass Sie für diese Aufgabe der richtige Mann sind!«
    Jetzt wusste Byron, wozu Lord Pembroke ihn brauchte und wo durch er auf ihn aufmerksam geworden war!
    »Wenn Sie später die Eintragungen genauer studieren, und ich denke, Sie werden darüber noch viel mehr Stunden brütend sitzen, als ich es getan habe«, fuhr Lord Pembroke fort, »dann werden Sie wie ich zu dem Schluss kommen, dass zur Lösung dieser Aufgabe mehr als nur ein gelehrter Kryptologe gebraucht wird – nämlich jemand wie Mister Slade, der sich mit Kunst, Ikonen und dem Öffnen fremder Schlösser auskennt, und ein erfahrener Berufsspieler wie Mister McLean, der sich einer außergewöhnlichen Fingerfertigkeit rühmen kann und sich zudem auch mit allen Falschspielertricks auskennt.«
    »Also, ich für mein Teil habe nichts dagegen, mich mit Mister McLean und Mister Bourke auf die Suche nach diesem Evangelium zu bege ben«, sagte Horatio Slade. »Und ich denke, wir drei werden schon miteinander auskommen und das Versteck finden, wenn es sich denn anhand dieses verrückten Notizbuches überhaupt finden lässt. Aber bei aller Wertschätzung für das weibliche Geschlecht . . .«, er neigte den Kopf kurz in Richtung von Harriet Chamberlain, ». . . es gefällt mir ganz und gar nicht, dass auch eine junge Frau mit von der Partie sein soll. Ich sehe darin nur eine unnötige Erschwernis und ich wüsste beim besten Willen nicht, wozu sie für die Lösung unserer Aufgabe nützlich sein könnte. Eine Frau in unserer Gesellschaft, zu mal eine so... unkonventionelle wie Miss Chamberlain, schafft da nur Probleme und würde sich zweifellos als Ballast erweisen!«
    Harriet Chamberlain lachte auf und schüttelte den Kopf. »Manche Männer werden offensichtlich schon senil, verbohrt und unbelehr bar geboren!«
    Ein kühles Lächeln lag auch auf dem Gesicht von Lord Pembroke, als er auf Horatio Slades Einwand erwiderte: »Miss Chamberlain wird sich nicht als Ballast erweisen und Ihnen auch keine Probleme bereiten, sondern sie wird Ihnen eine große Stütze sein und ihre Sicherheit garantieren.« Er griff in eine Tasche, die unter der Armlehne seines Rollstuhls angebracht war, und brachte im nächsten Augenblick ein Messer mit einer langen und breiten Klinge zum Vorschein. Zur Verblüffung der drei Männer reichte er es Harriet Chamberlain mit den Worten: »Wenn Sie die

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