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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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im fünften Kapitel vom Buch Daniel«, bestätigte er. »Der ganze Text der verschlüsselten Nachricht, der aus dem dritten Buchstaben eines jeden Namens besteht und von hinten nach vorn gelesen werden muss, lautet folgendermaßen: ›menetekelinhalleamwehr hadesgitterinsackgassemittelerchen.‹ Dieser Bandwurm lässt sich in die sinnvolle Folge von einzelnen Wörtern unterteilen und ergibt dann: ›Menetekel in Halle am Wehr Hades Gitter in Sackgasse Mitte Lerchen‹.«
    Alistair stöhnte gequält auf. »Aber das klingt ja schon wieder nach einem Rätsel und nicht nach einer genauen Ortsangabe!«
    »Aber das Wort ›Hades‹ aus dem Begriff ›Die Ufer des Hades‹ aus dem Hexagon taucht wieder darin auf!«, sagte Harriet. »Und das Wort ›Menetekel‹ weist auf eine Schrift hin, die sich irgendwo in ei ner Halle am Wehr befindet!«
    »Die Frage ist nur, wo wir diese Halle zu suchen haben und was mit ›Mitte Lerchen‹ und ›Hades‹ gemeint sein könnte«, sagte Horatio mit vollem Mund.
    Byron nickte. »Ja, darüber habe ich mir schon Gedanken gemacht. Und ich glaube, eine Antwort gefunden zu haben.«
    »Erleuchten Sie uns, Bourke!«, forderte Alistair ihn erwartungsvoll auf.
    »Der Hades bezeichnet in der griechischen Mythologie den Ort der Toten, zugleich aber auch den Herrscher über diese Unterwelt, wo bei wir Letzteres wohl außer Acht lassen können«, begann Byron zu erklären. »Viel bedeutsamer erscheint mir nämlich, dass der Hades von mehreren Flüssen umgeben ist, nämlich von Acheron, Phlege ton, Styx und Kokytos. Der Eingang zu dieser Unterwelt befindet sich der Sage nach am Ende der Welt, am Ufer des Okeanos. Dort stürzen zwei schwarze Flüsse, der feurige Phlegeton und der Koky tos, in eine tiefe Kluft.«
    »Und was hilft uns dieses Wissen über die griechische Mythologie, Mister Bourke?«, fragte Harriet verständnislos.
    »Auch Wien wird von mehreren Flüssen um-und durchflossen«, antwortete Byron. »Von der Donau, der Wien und noch anderen, je doch sehr viel kleineren Wasserläufen. Und auch hier gibt es eine labyrinthische Unterwelt – nämlich die Kanalisation.«
    »Oh!«, entfuhr es Harriet verblüfft.
    »Ich erinnere mich, darüber in einem längeren wissenschaftlichen Artikel gelesen zu haben«, fuhr Byron fort. »Demnach haben die Stadtväter Wiens nach einer verheerenden Cholera-Epidemie im Jahr 1830 damit begonnen, wichtige Bachkanäle einzuwölben und in Ka näle umzuwandeln. Das ist auch mit einem Teil der Wien und der Donau geschehen. Es gibt mittlerweile unter der Stadt ein recht ver zweigtes, meilenweites Netz aus Sammelkanälen, die unterirdisch in die Wien und die Donau münden und so oberirdische Überflutungen verhindern.«
    Horatio nickte heftig. »Das ist es, Mister Bourke! Mit Hades ist das System der Kanalisation gemeint! Es kann gar nicht anders sein! Und erinnern wir uns doch nur, was Lord Pembroke uns über das weit ge fächerte Interesse seines Bruders erzählt hat. Mortimer hat sich nicht nur für fremde Kulturen interessiert, sondern auch für Brü ckenbau und Kanalisation! Das hat er wortwörtlich gesagt!«
    »Stimmt!«, bestätigte Alistair und machte ein perplexes Gesicht.
    »So sehe ich es auch, Mister Slade«, sagte Byron. »Und mit ›Hades Gitter in Sackgasse Mitte Lerchen‹ kann nur der Zugang zu einem be stimmten Teil der Kanalisation gemeint sein. Deshalb habe ich mir heute in aller Früh einen Stadtplan von Wien bringen lassen. Und auf diesem Plan habe ich auch in der Tat im achten Bezirk, der Josef stadt, eine Lerchengasse gefunden, von der etwa in ihrer Mitte eine Sackgasse abgeht!«
    »Und all das haben Sie herausgefunden, während wir geschlafen haben, beziehungsweise Alistair am Spieltisch gesessen hat?«, fragte Horatio sichtlich beeindruckt. »Alle Achtung!«
    »Heißt das, wir...wir müssen hinunter in die stinkende, bestimmt rattenverseuchte Kanalisation und dort im Dunkeln nach irgendeiner Halle an irgendeinem Wehr suchen, wo dann eine Schrift dieses Irren auf uns wartet?«, fragte Alistair ungläubig.
    »Ja, das heißt es, Mister McLean!«, bestätigte Byron. »Genau dafür und vermutlich noch für einiges andere, von dem wir jetzt noch nichts wissen, bezahlt uns Lord Pembroke ein kleines Vermögen. Und jetzt müssen wir uns erst einmal die nötige Ausrüstung für unse ren Abstieg in die Unterwelt beschaffen!«

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    B edaure, Herr Bourke«, sagte der silberhaarige Empfangschef hin ter der Rezeption mit einem weichen wienerischen Akzent, als

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