Die Judas-Variante - V3
die erforderlichen Fertigkeiten mit einer Schleuder.«
»Aber hundert Meter?«
»Ich glaube auch nicht, dass er überhaupt so weit entfernt ist«, sagte Galway. »Ich vermute eher,
dass er irgendwo im Wald steckt. Leider haben wir nicht gesehen, wie er dort hineingelangt ist
und sich in Schussposition gebracht hat; und die Pellets selbst sind zu klein, um einen
vernünftigen Flugbahnvektor zu ermitteln. Und wir werden ganz bestimmt kein Team reinschicken,
das ihn vielleicht aufscheucht.«
»Nein, natürlich nicht«, sagte Haberdae düster. »Wir wollen doch, dass sie sich bei ihrem kleinen
Überfall sicher und unbeobachtet fühlen.«
»Genau das wollen wir.«
»Hab ich doch gesagt«, quengelte Haberdae. »Oder glauben Sie, das sei wieder mein Sarkasmus
gewesen?«
Galway wusste nicht, wie Haberdae das gemeint hatte. Aber da hatte etwas mitgeschwungen - ein
unschöner Unterton, der ihm nicht gefiel. »Nein, natürlich nicht.«
»Gut.« Haberdae schaute mit einem Kopfnicken auf die Anzeige.
»Geben Sie mir Bescheid, sobald Sie eine Vorstellung haben, wie lange es dauern wird, bis sie das
Sensorensystem lahmgelegt haben. Ich will es wissen, wenn sie bereit sind, dort
einzudringen.«
Die Fon-Säule, die Skyler gemeint hatte, stand an einer belebten Ecke im mittäglichen
Verkehrsgewühl in der Innenstadt. Poirot erschien zwei Minuten zu früh und stellte sich neben das
Fon; er beobachtete die Passanten und vorbeifahrenden Fahrzeuge und fühlte sich entschieden
unwohl in seiner zivilen Aufmachung.
Das Fon klingelte, und Poirot schnappte sich den Hörer. »Ja?«
»Sind Sie allein?«, ertönte Skylers Stimme.
Poirot musste sich zusammenreißen, um nicht auf den Van zu schauen, der einen halben Häuserblock
weiter geparkt war und in dem Bailey und sein technisches Team das Gespräch mithörten. »Ich
befinde mich an einer Straßenecke in Denver«, wich er der Frage aus. »Wie allein kann ich da wohl
sein?«
Es ertönte ein leises, glucksendes Lachen. »Schon gut«, sagte Skyler. »Was haben Sie für
mich?«
Poirot holte tief Luft. Jetzt ging es um die Wurst.
»Ich habe sie überredet, mir die Genehmigung zu erteilen, die Häftlinge morgen Abend zu
verlegen«, sagte er. »Sie werden...«
»Wer sind diese sie, die Sie überreden mussten?«, unterbrach Skyler ihn. »Ich glaubte, Sie wären der Leiter der hiesigen Sicherheit.«
»Das bin ich auch«, sagte Poirot, und er musste auch nicht einmal schauspielern, um seiner Stimme
einen bitteren Unterton zu verleihen. »Die Ryqril haben aber ein persönliches Interesse an dieser
Angelegenheit. Es scheint, dass Ihr vermisster Blackcollar letzte Nacht eine ihrer Wachen getötet
hat.«
Es trat ein längeres Schweigen ein. »Wirklich«, sagte Skyler schließlich, ohne dass man die
wahren Gedanken aus seiner Stimme herauszuhören vermocht hätte.
»Ja, wirklich«, knurrte Poirot. »Ich hoffe verdammt noch mal, dass das, was er da tut, den
ganzen Ärger auch wert ist.«
»Das hoffe ich auch«, sagte Skyler gleichmütig. »Morgen Abend, sagten Sie?«
»Ja«, bestätigte Poirot. »Sie werden in einen Konvoi aus Lieferwagen verfrachtet, der Athena um
neunzehn Uhr in Richtung Colorado Springs verlässt.«
»Zu diesem Zeitpunkt dürfte der Verkehr in der Stadt am geringsten sein, vermute ich?«
»Korrekt. Er ist zwischen halb sieben und halb acht am schwächsten. Das wird die Entdeckung
eventueller Verfolger erleichtern. Sie werden außerdem fünf oder sechs Späher für die
Luftaufklärung einsetzen, und wahrscheinlich noch ein oder zwei bewaffnete Patrouillenboote für
den Fall in Bereitschaft halten, dass sie zusätzliche Feuerkraft benötigen.«
»Dieser letzte Teil könnte problematisch werden«, meinte Skyler. »Besteht irgendeine Möglichkeit,
das wieder rückgängig zu machen?«
»Das bezweifle ich«, erwiderte Poirot. »Es war die Idee der Ryqril.«
»Na gut - wenn wir sie schon nicht am Boden halten können, müssen wir uns eben an ihnen
vorbeimogeln. Wie viele Vans werden Sie einsetzen?«
»Laut Plan sind sechs Fahrzeuge vorgesehen«, erklärte Poirot. »Ein Häftling pro Fahrzeug,
zusammen mit einem Fahrer und zwei Wachen. Sie müssen natürlich jederzeit damit rechnen, dass die
Ryqril intervenieren und den Plan ganz oder teilweise ändern.«
»Ich verstehe«, sagte Skyler. »Und was ist mit Regers Leuten - denjenigen, die Sie eingesammelt
haben, nachdem wir in Ihre Party auf seinem Anwesen geplatzt sind?«
» Geplatzt im
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