Die Judas-Variante - V3
gemeint«, sagte Poirot in einem seltsam stockenden Tonfall. »Was halten
Sie - wirklich - davon?«
Bailey seufzte. »Sie haben in der Hinsicht recht, dass das letzte Eindringen der Blackcollars
überhaupt keinen Sinn ergibt«, begann er. »Attentate haben noch nie zu ihrem Repertoire gehört;
jedenfalls wäre das nicht überliefert.«
»Und diese spezielle Tötung hat schon gar keinen Sinn ergeben«, sagte Poirot. »Trendor war
bereits im Ruhestand und hätte kaum eine Bedrohung für sie oder sonst jemanden
dargestellt.«
»Stimmt.« Bailey schaute den anderen mit gewölbter Augenbraue an. »Andererseits haben die Ryqril
aber auch recht. Sie versuchen schon seit zwei Jahren, in Aegis einzudringen, und bisher ohne
jeden Erfolg.«
»Stimmt ebenfalls«, sagte Poirot. »Allerdings sind die Ryqril auch nicht gerade der Innovativsten
einer.«
Bailey schaute ihn streng an. Wie konnte er so etwas sagen? In seiner Eigenschaft als ein
hochrangiger Offizier der TDE-Sicherheit?
Weil er nicht mehr loyalitätskonditioniert war - deshalb. Das war etwas, das Bailey niemals
vergessen durfte. »Wie auch immer«, sagte er betont neutral. »Ich muss auch zugeben, dass
Blackcollars im Besitz von Aegis Mountain-Waffen eine sehr unerfreuliche Vorstellung sind.«
»Dann sollten wir dafür sorgen, dass sie endlich dingfest gemacht werden«, sagte Poirot mit
fester Stimme. »Sie schicken die Teams zu den Pylonen raus, und ich suche nach einer Möglichkeit,
sie festzunageln, wenn sie eine Befreiungsaktion für ihre Freunde starten.« Mit einem knappen
Kopfnicken ging er durch den Lagebesprechungsraum.
Bailey verfolgte seinen Abmarsch. »Richtig«, murmelte er kaum hörbar. »Vorausgesetzt, du willst sie überhaupt dingfest machen.«
»Sir?«
Bailey drehte sich um und sah Ramirez auf sich zukommen. »Ich habe die aktuellen Berichte der
Untersuchungsteams«, sagte der Leutnant und wedelte mit einem Stapel Papiere.
»Das hat noch Zeit«, beschied Bailey ihn. »Ich brauche Sie jetzt für etwas anderes: Organisieren
Sie zwei technische Teams, ein paar Sicherheitsleute zu ihrem Schutz und zwei Luftfahrzeuge für
ihren Transport.«
Ramirez wirkte konsterniert. »Das wird etwas schwierig werden, Sir. Alle verfügbaren Techniker
und Späher sind draußen bei den Untersuchungsteams. Der Rest sitzt an den Monitoren und überwacht
die Stadt oder hat sich schlafen gelegt.«
»Und was ist mit euch Leuten aus Boulder?«
»Die beteiligen sich ebenfalls an der Suche nach Waffen.«
»Sagen Sie ihnen, sie sollen die Suche vorläufig einstellen«, ordnete Bailey an. »Ich brauche
jemanden, der diese Sensor-Pylonen von Idaho Springs kontrolliert und sicherstellt, dass sie
nicht manipuliert wurden.«
Ramirez verzog das Gesicht, nickte aber gehorsam. »Ich will mal schauen, wen ich auftreiben
kann.« Er wandte sich zum Gehen und hielt noch einmal inne. »Übrigens - dem Vernehmen nach haben
Sie gestern Nacht alle meine Leute überprüfen lassen.«
»Nur eine Vorsichtsmaßnahme«, versicherte Bailey ihm. »Sie hatten doch selbst gesagt, dass die
Blackcollars vielleicht versuchen, jemanden in den zurückkehrenden Späherteams einzuschleusen.
Ich wollte nur sichergehen, dass die Leute, die sie kontrollierten, nicht auch infiltriert
waren.«
»Wie umsichtig von Ihnen.« Ramirez' Blick verhärtete sich etwas. »Und dem Vernehmen nach haben
Sie mich ebenfalls überprüft.«
Bailey verspürte einen Anflug von Zorn. Wie zum Teufel hatte Ramirez davon
erfahren? »Ja, das habe ich«, sagte er. »Haben Sie etwa ein Problem damit?«
»Ich habe ein Problem damit, dass meine Kompetenz hinter meinem Rücken infrage gestellt wird«,
entgegnete Ramirez. »Wenn Sie Fragen bezüglich meiner Leistung haben, hätten Sie sich damit
direkt an mich wenden müssen.«
»Es geht hier nicht um Ihre Kompetenz, die infrage gestellt wurde, Leutnant«, sagte Bailey
ungerührt.
Ramirez war perplex. »Das ist doch nicht Ihr Ernst.«
»Das ist mein verdammter Ernst«, versicherte Bailey ihm kalt. »So ernst, wie ich unsere Feinde
nehme.«
Ramirez' Lippen zuckten. »Und?«
Bailey musterte das Gesicht des anderen Manns, dessen Ausdruck nun genauso neutral war wie
Baileys. Es stimmte wohl, dass die Überprüfung keine verdächtigen Fehlzeiten oder
offensichtlichen Verhaltensänderungen ergeben hatte. Aufgrund der Erfahrung mit Poirot wussten
sie aber, dass die durch Whiplash verursachte Verhaltensänderung in weniger als
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