Die Judas Variante
haben.«
Galway warf einen Blick auf die Konsole. Er hatte plötzlich ein flaues Gefühl im Magen. »Sie
haben eine westliche Richtung eingeschlagen«, sagte er.
»Nein«, widersprach Haberdae im Brustton der Überzeugung. »Es bewegt sich niemand in westlicher
Richtung. Das wird von beiden Spähern übereinstimmend bestätigt.«
»Dann machen sie eben einen Umweg«, insistierte Galway. »Oder vielleicht wollen sie sich auch ein
ziviles Fahrzeug auf dem Parkplatz schnappen und dorthin fahren.«
»Galway, würden Sie sich bitte beruhigen?«, sagte Haberdae in einem Ton, als ob ihm bald der
Geduldsfaden riss. »Wir haben Späher in der Luft, wir haben Männer und Fahrzeuge auf dem Boden,
und jeder von ihnen weiß, wie Lathe und Mordecai aussehen. Sie werden keine hundert Meter an sie
rankommen.«
»Hundert Meter sind vielleicht schon genug.«
»Na schön - dann werden sie also nicht näher als zweihundert Meter herankommen«, knurrte
Haberdae. »Oder soll ich den Radius gleich auf dreihundert ausdehnen?«
»Präfekt, Lathe wird die anderen nicht im Stich lassen«, sagte Galway in einem bemüht ruhigen und
überlegten Ton. »Das ist einfach nicht sein Stil. Wenn Sie sie nicht vorher erwischen, wird er
sie auf jeden Fall raushauen.«
»Und was genau schlagen Sie vor?«
Galway schaute zur Konsole auf. »Schicken Sie jetzt Ihre Männer durch den Eingang in der
Dreizehnten Straße runter«, sagte er. »Sie sollen Shaw zwischen sich und den Kasino-Einheiten in
die Zange nehmen und den Zugriff unterirdisch vornehmen, wo Lathe ihnen nicht dazwischenfunken
kann. Sobald sie ihn haben, können sie meinetwegen eine Münze werfen, um zu entscheiden, aus
welchem Ausgang sie ihn rausbringen wollen. Nicht einmal Lathe kann an zwei Orten gleichzeitig
sein.«
»Sie verlangen von mir, dass ich meine Männer in einen dunklen U-Bahn-Schacht hinabschicke, wo
die Gejagten alle Vorteile auf ihrer Seite haben?«, entgegnete Haberdae. »Machen Sie sich doch
nicht lächerlich.«
»Dann hätten Sie sie aber in der Zange...«
»Ich hätte meine Männer in einer Kreuzfeuer-Situation, das hätte ich«, unterbrach Haberdae ihn.
»Schauen Sie, Galway, Lathe ist ein Blackcollar, aber kein Zauberer. Er kann nicht fliegen, er
kann sich nicht in Luft auflösen, und ein Hypnotiseur ist er auch nicht. Und Flexarmor hin oder
her, er kann auch nicht einfach eine Schützenlinie durchbrechen, die aus mit Lasern bewaffneten
Männern besteht. Nicht, ohne selbst dabei getötet zu werden.«
»Präfekt...«
»Wir werden diese Sache nach Plan durchführen«, unterbrach Haberdae ihn. »Wir werden Shaw bis zum
Rattenloch jagen und ihn dann festnageln, wenn er herauskommt. Wenn Sie sich aber solche Sorgen
wegen Lathe machen, kann ich auch ein Fahrzeug rufen, und Sie dürfen rüberfahren und ihn suchen
helfen.«
»Sie wissen genau, dass ich das nicht tun kann«, stieß Galway hervor. »Wenn er nämlich
spitzkriegt, dass ich auf Khala bin, würde das vielleicht die ganze Operation
zunichtemachen.«
»Exakt«, sagte Haberdae selbstzufrieden. »Und wenn Sie so gesehen eigentlich gar nicht hier sind,
dann können Sie mir auch nicht sagen, wie ich meine Arbeit zu machen habe, nicht wahr?«
Galway seufzte stumm. Haberdae wollte es einfach nicht begreifen. »Na gut«, murmelte er. »Es ist
Ihre Show.«
»Verdammt noch mal ist sie das.« Haberdae drehte sich wieder zur Konsole um. »Was tut sich bei
Einheit Eins?«
»Sie haben das Fahrzeug wieder in Besitz genommen und sind nun zur Abfanggruppe Zwei unterwegs«,
meldete der Techniker.
»Gut.« Haberdae schaute wieder zu Galway hinüber. »Sagen Sie ihnen, sie sollen unterwegs nach
Lathe und Mordecai Ausschau halten«, fügte er fast zögerlich hinzu.
»Das tun sie bereits«, sagte der Techniker. »Bisher gibt es aber keinerlei Anzeichen von
ihnen.«
»Schön«, sagte Haberdae. »Geben Sie an alle Einheiten durch, dass sie sich bereitmachen sollen.
Bringen wir's endlich hinter uns.«
8
Die kurze Fahrt vom Parkplatz der Passage war eine recht holprige Angelegenheit gewesen, sagte
Lathe sich und versuchte sich im Kofferraum des Fahrzeugs von Einheit Eins einen festen Halt zu
verschaffen. Trotzdem hatte er wenig Grund zur Klage. Mordecai, der an der Unterseite des
Fahrzeugs hing, hatte es nämlich wesentlich schwerer. Er hoffte nur, dass sein Mitstreiter
unterwegs nicht einfach runtergefallen war.
Das Fahrzeug beschrieb eine letzte Kurve und bremste dann ab. Vier Türen öffneten und schlossen
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