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Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott McBain
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Drecksarbeit zu erledigen, falls nötig. Und da kam Martinellis Jugendfreund, Kollaborateur und Geheimdienstchef – Tiziano Ugolini – ins Spiel.
    Es gab nur zwei Menschen auf der Welt, denen Martinelli vertraute (seinem Sohn traute er nicht über den Weg). Zum einen seiner Frau Clara, mit der er seit dreißig Jahren verheiratet war und die er regelmäßig betrog. Er hätte sie jedoch umgebracht, hätte sie jemals das Gleiche getan. Und zweitens Tiziano. Der Vater des Letzteren war der Verwalter des Anwesens gewesen, das Martinellis Vater im Norden Italiens besaß und wo sein einziger Sohn jedes Jahr die Sommerferien verbrachte. Die beiden Jungen wurden feste Freunde, und weil sie im selben Alter waren, hatten sie gejagt, gefischt, Mädchen verdorben und aus Vergnügen gemeinsam gestohlen. Martinelli war der anerkannte Führer gewesen – er besaß mehr Charme und Ausstrahlung, wohingegen sein Jugendfreund nur wenig zum Reden und Plaudern neigte. Als Martinelli bereits als junger Mann in die Politik eintrat, wurde ihm klar, dass er einen Waffenbruder brauchte, der ihm den Rücken freihielt, und Tiziano war dafür genau der Richtige. Denn diesem gefiel auch die schmutzigere Seite des politischen Lebens, darunter Betrug und Manipulation – entscheidende Instrumente im turbulenten Umfeld der italienischen Parteienpolitik, um den politischen Gegner kaltzustellen. Gemeinsam hatten sie sich die rutschige Leiter des Erfolgs hochgearbeitet, wobei Tiziano mit kleineren politischen Posten belohnt worden war. Als der Boss schließlich an die Macht kam, hatte er seinem Jugendfreund die Position verschafft, die dieser sich am meisten ersehnt hatte: Chef des Geheimdienstes. Das war eine ausgezeichnete Wahl gewesen, da Tiziano wusste, wie er diese Stellung zum Erreichen ihres größten Ziel nutzen konnte – den Machterhalt Martinellis.
    Körperlich war Tiziano kleiner als Martinelli. Er hatte schütteres schwarzes Haar, einen drahtigen Körper (er spielte Squash) und einen teigigen Teint. Sein Gesicht war knochig, im Mundwinkel steckte stets eine Zigarette. Sein Tonfall war immer sardonisch, wenn nicht verbittert. Er kannte die Menschen und besaß in vielerlei Hinsicht eine bessere Kenntnis der menschlichen Antriebskräfte als sein Chef, der die Oberflächlichkeiten des Lebens liebte. Frauen fanden Tiziano nicht attraktiv, dafür waren seine Gesichtszüge zu scharf und verrieten eine gewisse Grausamkeit, er aber genoss die Frauen, wann immer er konnte. Hätte er nicht Martinelli gedient, so hätte er für die Mafia gearbeitet. Die Drecksarbeit – das war sein Metier.
    Normalerweise kamen der italienische Ministerpräsident und sein Geheimdienstchef jeden Freitagnachmittag ein, zwei Stunden im Büro des Ersteren zusammen. Dort besprachen sie dann alle Probleme, fädelten ihre politischen Strategien ein und plauderten über ihre Freundinnen und ihre Kinder. Es war eine einzigartige Beziehung, voller Nähe, und Tiziano fühlte sich wie ein Bruder Martinellis – wenngleich ein jüngerer und respektvoller, denn er hatte nie einen Mann mit einem solch großen Ego und einem solch unbändigen Siegeswillen gekannt wie den »Boss«.
    Das jetzige Treffen im Präsidentenpalast war anders. Es war Donnerstag, nicht Freitagnachmittag, und Martinelli hatte es wegen äußerster Dringlichkeit einberufen – etwas, das ihm gar nicht ähnlich sah. Denn was war in Italien jemals dringend? Italien hatte das Römische Reich kommen und gehen sehen, es war gut im Fußball, und die Wirtschaft lag in der Hand Gottes. Die Minister für Verteidigung und Gesundheit nahmen an, dass sie einbestellt worden waren, um das Meeressterben zu erörtern, doch es war viel schrecklicher als das. Kaum hatten sie das Büro des Präsidenten betreten, wurden die Fenster geschlossen, die Türen verriegelt und sogar die versteckten Mikrofone ausgeschaltet. Sie waren kurz davor, etwas sehr Wichtiges zu besprechen, das niemand erfahren durfte. Die Minister waren sich nicht bewusst, dass Tiziano mit dem Thema bereits vertraut war, aber das war Martinellis und Ugolinis Geheimnis. Bei dem Treffen trug der Präsident, der stets sehr gut gekleidet war, einen hellgrauen Anzug mit dazu passender Krawatte. Diese war mittels einer goldenen Nadel mit Brillanten in Gestalt des Abzeichens seiner Partei am Hemd befestigt. Anstatt hinter seinem Schreibtisch zu sitzen, hatte Martinelli auf einem vergoldeten Stuhl mitten in dem großen Büro Platz genommen. Er bedeutete seinen

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