Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
Meerestiere, die noch nie gesehen worden waren, trieben aus der Tiefe herauf. Alle waren gestorben oder lagen in den letzten Zügen. Ganz gleich, wie schnell ihre aufgedunsenen Kadaver geborgen wurden, es tauchten immer mehr auf. Die Meere waren nahezu unpassierbar geworden.
Tut etwas! Findet ein Heilmittel!
Der große Schlachtruf des modernen Zeitalters erhob sich: Wir können uns retten. Die Menschheit hatte das Heilmittel gegen so viele Krankheiten gefunden, da ließ sich sicherlich auch diese kurieren. Die Regierungen befahlen den wissenschaftlichen Instituten, alle anderen Forschungen einzustellen und die gesamten Kräfte im Kampf gegen dieses Massensterben zu bündeln. Volksbewegungen entstanden, die die Politiker zum Handeln drängten. Doch diesmal waren die Politiker machtlos. Was sollten sie denn tun? Sie konnten reden; sie konnten posieren, schwätzen, lügen, versprechen, debattieren. Das heißt, sie konnten handeln, wie sie es stets taten, doch heiße Luft vermochte nichts auszurichten bei der Bekämpfung einer globalen Katastrophe.
Unterdessen kam das verborgene Böse ans Licht, so als würde eine große Schwäre an einem Körper aufgedeckt. Jeder wusste, dass die Politiker korrupt waren; in vielen Ländern gehörte das einfach zum Beruf dazu. Doch niemand wusste, wie korrupt die Politik wirklich geworden war. Nach und nach zeigte sich, dass hinter der Hungersnot in Indien und dem Zusammenbruch des Bankensystems zum großen Teil Politiker steckten. Dieses Mal konnten sie aber ihre langen Finger nicht schnell genug zurückziehen, um nicht entdeckt zu werden. Verborgene Dinge wurden enthüllt; die Wahrheit begann sich abzuzeichnen. Gleichzeitig überschattete eine andere Kraft die Welt. Ihre Kennzeichen waren klar, wie sie es seit Jahrzehnten gewesen waren. Angst und Schrecken, Furcht und Panik gingen ihrer Ausbreitung voran. Der letzte Judas-Silberling offenbarte seine Macht.
Während die Fische starben, starben auch die Tiere, die sich von ihnen ernährten. In der Arktis attackierten Eisbären und Wölfe, rasend vor Hunger, einander und alle Tiere und Menschen in ihrer Nähe. Der Mensch, der Jäger, wurde zum Gejagten. Die Eskimos verhungerten. Die Regierungen legten ein Notfallprogramm vor, um deren Lebensräume komplett per Luftbrücke zu evakuieren.
Andernorts zogen die, die in den Ländern der Dritten Welt an den Küsten lebten, ins Landesinnere – begaben sich auf die Suche nach Nahrungsmitteln, jetzt, da das Meer sie nicht mehr ernähren konnte. Aber es gab keine Nahrungsmittel. In Indien, China und Russland tobten Hungersnöte, gefolgt vom Zusammenbruch der Gesellschaft. Ganze Dörfer und Städte verbarrikadierten sich, um zu verhindern, dass »Fremde« ihre Ressourcen stahlen. Armeen und Polizeieinheiten lösten sich auf, weil die Rekruten und Beamten nach Hause flohen und ihre Waffen mitnahmen, um ihre Familien verteidigen zu können. »Recht und Ordnung« verkam zu einer leeren Formel. Der Nachbar wurde zum Feind des Nachbarn.
Kurzum: Auf der ganzen Welt begannen Millionen von Menschen und Tieren zu sterben.
Schließlich kam – selbst in den heiligen Hallen des Vatikans – die furchtbare Realität dessen, was geschah, den spirituellen Gurus zu Gehör. Diejenigen, die dem Großen Konklave beiwohnten, waren verdutzt. Was hatten sie getan, um Gott zu beleidigen – so sehr, dass er ihnen diese schreckliche Strafe auferlegte? Schließlich hatten sie tagaus, tagein an seinen Altären gebetet. Und hatten anderen endlos Vorträge gehalten, wie wichtig es sei, Gutes zu tun – nicht Böses. Aber praktizierten manche von ihnen (man darf gar nicht daran denken) womöglich das Gegenteil dessen, was sie predigten? Wie viele von ihnen hatten sich tatsächlich aufgemacht und die Armen gespeist? Wie viele von ihnen hatten die Kranken und die Sterbenden gepflegt? Und wie viele hatten gegeben – anstatt zu nehmen? Sicher, viele dieser religiösen Führer hatten einen dicken Bauch. Aber war er von zu wenig oder von zu viel Essen geschwollen? Und die größte Frage von allen: Bestand die Verehrung Gottes womöglich nicht in intellektuellem Streben, sondern im konkreten Dienst am Nächsten?
Die Ereignisse auf dem Konklave nahmen, diktiert von persönlichen Interessen, eine unvorhergesehene Wendung. Die Religionsführer wollten nach Hause, sie machten sich Sorgen um ihre Familien und Verwandten. Also war es an der Zeit, die Dinge unter Dach und Fach zu bringen. Rom hatte Spaß gemacht, aber sie
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