Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
Kollegen, neben ihm auf ähnlichen Stühlen Platz zu nehmen, und ignorierte ihre zweifelnden Mienen ob dieser merkwürdigen Sitzordnung; es war wichtig, dass sie dicht nebeneinandersaßen. Ja, sie saßen so nahe beieinander, dass ein Betrachter hätte vermuten können, dass es sich um ein intimes Familientreffen handelt, auf dem besprochen werden soll, wie man die Beute nach dem Tod eines sizilianischen Padrone aufteilen will, bevor der Notar zur Verlesung des Testaments eintrifft.
»Ich möchte, dass dieses Treffen unter uns bleibt«, sagte der Präsident. »Geheim.«
Martinellis Stimme klang normalerweise warm und samtig, er hatte sie im Laufe der Jahre so moduliert, um für seine weibliche Anhängerschaft attraktiv zu bleiben. Heute verriet sie allerdings ein Hauch echter Sorge, eine gewisse Schärfe.
»
Streng
geheim.«
Die beiden Minister nickten; sie würden ihn niemals verraten. Sie mochten zwar ihre Frauen und Nachbarn verraten, aber Martinelli, nein. Sie schuldeten ihre Karriere seinen politischen Machenschaften.
»Ich werde in zwei Tagen Italiens Grenzen schließen, zu Lande, zur See und in der Luft. Ich habe ein Notstandsgesetz erlassen.«
»Wegen der Flüchtlinge?«, fragte der Verteidigungsminister. In Übereinstimmung mit anderen europäischen Ländern hatte Italien strenge Grenzkontrollen eingeführt, um zu verhindern, dass Menschen aus Russland, China oder Indien ins Land kamen, die der Hungersnot in ihrer Heimat entkommen wollten.
»Nein.«
»Um das Fischsterben zu beenden?« Der Gesundheitsminister war sicher, dass er damit richtiglag.
»Ja. Na ja, nein«, sagte Martinelli. Er drehte am goldenen Ehering an seiner linken Hand. »Die Sache ist
sehr
heikel.« Konnte er ihnen in dieser Angelegenheit vertrauen? Er musste es ihnen sagen, damit sie mithalfen, das Notstandsgesetz umzusetzen, außerdem gab es laut Tiziano nur diese zwei Kabinettsmitglieder, bei denen er garantieren könne, dass sie den Mund hielten, bevor das Gesetz verkündet und der Maßnahmenkatalog eingeleitet wurde. Doch wem konnte man heute in der Politik überhaupt noch vertrauen? Ja, als Martinelli am heutigen Morgen aufgestanden war und sich im Spiegel betrachtet hatte, vertraute er nicht mal mehr dem Mann, der ihm da entgegenblickte.
»Das hier ist völlig geheim.«
Die beiden Minister blickten einander und dann Tiziano an, der ebenfalls neugierig tat.
Völlig
geheim? Hm, das bedeutete, dass man es nur ihren Mätressen und ihren Frauen erzählen durfte.
Martinelli fuhr sich durch das kräftige Haar. Er wirkte fünfzehn Jahre jünger, als er tatsächlich war – braune, lebhafte Augen, perfekte Jacketkronen. Ein Gesicht voller Autorität.
»Nein, ich meine,
topsecret
.«
Das war nun wirklich ernst. Es bedeutete, dass sie es nur ihren Mätressen erzählen durften.
»Wir haben ein Problem. Ein sehr großes Problem.« Der Präsident senkte die Stimme. Er wollte sie nur teilweise aufklären, denn er und Tiziano hatten gute Gründe, nicht die ganze Wahrheit zu sagen. »Das Fischvirus. Es kann auch Menschen anstecken.«
Selbst auf Männer, die jedes nur erdenkliche Schlamassel abgehärtet hatte, wirkten diese Worte elektrisierend.
»Aber die Experten behaupten doch, dass das Virus die Artenbarriere nicht überspringen kann«, wandte der Gesundheitsminister ein.
»Doch, kann es.« Der Präsident sprach jetzt noch leiser; die vier Köpfe berührten einander fast. »Es hat mehrere Fälle gegeben«, murmelte er. »Die Leute sterben. Hören Sie«, sagte er, an seinen Verteidigungsminister gerichtet, »bereiten Sie alles vor, die italienische Grenze in zwei Tagen zu schließen. Verlegen Sie Truppen an die Grenze, nennen Sie aber nicht die Gründe. Alle Einsatzkräfte müssen Waffen tragen. Außerdem möchte ich, dass sämtliche Einwanderungsbeamten und Polizisten bewaffnet sind.«
»Wie bitte? Wir lassen auch Europäer nicht ins Land?«
»Keinen einzigen.
Keinen
einzigen. Wir riegeln unsere Grenzen komplett ab. Und Sie …« Er zeigte auf den Gesundheitsminister. »Sie helfen mir, die medizinischen Informationen zu sammeln, im Geheimen.«
Der Verteidigungsminister nahm den verdeckten Hinweis auf. »Aber die Menschen – die Leute, die am Fischvirus gestorben sind. Die sterben doch nicht in Italien, oder?«
Der Präsident machte eine Pause. »Nicht in Italien, aber ich sage nicht, wo. Noch nicht.«
Beide Minister ließen das Gesagte auf sich wirken. Der Präsident und Tiziano beobachteten sie mit Argusaugen. Aus den
Weitere Kostenlose Bücher