Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
Italiens größter Heiliger.«
Ein Murmeln erhob sich unter den Zuhörern. Das war doch wohl eine billige Spielerei, oder? Wie konnte der Papst denn so etwas behaupten?
»Wer steht Gott am nächsten?«, fuhr Johannes XXVI . fort. »Die, die Ihm im Leiden am nächsten stehen. Sie sind die Armen im Herzen. Das sollten wir anerkennen.«
Das war’s. Keine Entschuldigung, kein weiterer Satz. Der Papst streckte die Hand aus, um allen Adieu zu sagen. Ein Religionsführer nach dem anderen trat vor, um ihm die Hand zu geben (allerdings weigerten sich einige aus religiösen Gründen). Sie würden sich in dieser Welt nicht noch einmal treffen. Als sie an dem kleinen Jungen vorbeigingen, war das für viele ein Moment der Verunsicherung. Wenn dieses hässliche Kind wirklich eines der größten Kinder des Lichts war – wer waren dann sie? Schließlich standen nur Johannes XXVI . und die Frau mit dem Kind unter dem Hochaltar. Der Papst warf einen Blick auf den behinderten Jungen und lächelte.
Das Kind war der Befehlshaber der geheimen Armee Gottes. Es würde bis zum Schluss auf Erden bleiben, um mitzuhelfen, Josua zu verteidigen.
17
Wozu Licht für den Mann auf verborgenem Weg,
den Gott von allen Seiten einschließt?
Hiob 3,23
D ie Gleichnisse Christi gleichen Rätseln. Sie schildern etwas, das auf der Erde geschehen ist, aber sie haben auch eine spirituelle Bedeutung.« Jussef machte eine Pause. »Die spirituelle Bedeutung wird nur jenen offenbart, die Gott wahrhaft suchen. Und um Gott zu suchen, muss man beten und Gutes tun.«
»Das hat mir Theodore auch gesagt.«
»Wenn ein Mensch nicht betet und keine guten Werke vollbringt, kann er die Geistwelt nicht wahrnehmen. Er kann nicht den Schlüssel dazu finden. Je mehr ein Mensch betet und Gutes tut, desto deutlicher wird diese Welt.«
»Bruder Theodore sagt, dass es keinen verstandesmäßigen Weg zu Gott gibt«, sagte Josua.
»Weil, wenn es ihn gäbe, er jenen verschlossen bliebe, die nicht so intelligent sind. Der Weg zu Gott ist einfach und steht allen offen. Es ist ein Kinderspiel.«
»Ein Kinderspiel der besonderen Art.«
Pater Jussef blieb stehen und kratzte sich den Bart. Sie verließen das Klostergelände und gingen in Richtung der Berge am Roten Meer. Sie hatten gefrühstückt, und der Lehrer hatte sich spontan entschlossen, mit seinem Schüler einen Spaziergang zu machen. »Erzähle mir mehr!«
Josua erläuterte, was der Mönch ihn am Morgen gelehrt hatte. Dass das Leben eine Reise sei, aus der menschlichen Welt durch die spirituelle Welt ins Himmelreich Gottes. Die Reise nach Hause. Die Gleichnisse wollten zeigen, wie diese Reise unternommen werden soll, aber mit welcher Geschwindigkeit er die Reise macht, liegt ganz beim Einzelnen. Die Ordnung der Gleichnisse sei wichtig, weil sie die Schritte zeige, die Christus unternahm, um die Menschen heimzuführen. So symbolisierte das Hochzeitsfest, dass die Menschheit erst vergeistigt und dann vergöttlicht werde. Dies werde in globalem Maßstab geschehen.
»Und das Gleichnis von Marta, Maria und Lazarus?«
»Ja, es zeigt die Auswirkung von Gebeten und guten Taten auf den menschlichen Leib. Mit beiden nähern wir uns Gott, aber auf unterschiedliche Weise. Das eine ist ein innerer Akt, das andere ein äußerer. Kombiniert führen sie zur Wiederauferstehung des Körpers. Das Gleichnis ist die Antwort auf das Buch Hiob. Es zeigt, wie Gott und der Einzelne an der Vergöttlichung des Menschen teilhaben.«
Pater Jussef kratzte sich wieder den Bart. In gewisser Weise gefiel ihm, was er da hörte, aber die Deutungen, die der Mönch gegeben hatte, waren andere als die, die er in seinen eigenen Predigten lehrte. Eines war ihm aber durchaus bewusst: Die Wunder waren, auf die Menschenwelt bezogen, eigentlich nicht möglich. Und der Umstand, dass sie geschahen, bewies, dass der, der sie vollbrachte, kein gewöhnlicher Mensch war. Die Juden jener Zeit sahen sich also einer klaren Entscheidung gegenüber. Entweder war der, der Wunder vollbrachte, ein großer Prophet oder Gott oder der Teufel.
»Aber der Teufel kann nicht die Toten zum Leben erwecken. Dass Christus Lazarus von den Toten auferweckte, bedeutet, dass er entweder ein großer Prophet war oder einer, der größer war als die Propheten.«
»Das hat Bruder Theodore auch gesagt. Der Teufel kann jedoch so tun, als könnte er Tote zum Leben erwecken. Darum reagierten einige Leute – die Pharisäer – in der Menschenmenge unsicher, als sie sahen, wie
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