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Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott McBain
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gefallen. Das Ende der Welt wird noch Generationen auf sich warten lassen. Wir sind dann schon längst tot.«
    »Stimmt«, sagte Rienzi. Er war derselben Überzeugung. Die Männer tranken ihren Wein unter einem uralten Olivenbaum, dessen Blätter im leichten Wind raschelten. Eine Idylle.
    »Das Problem ist, dass er nicht Italiener ist«, meinte ein anderer Kardinal mit einem vielsagenden Lächeln. (Er befand sich unter Freunden, Rassismus war hier unbekannt.) »Als Chinese ist er sich der Geschichte der Kirche nicht bewusst. Für den heiligen Franz von Assisi war es in Ordnung, ohne Geld zu leben, aber nicht für die Kirche. Der Papst ist hoffnungslos naiv.«
    Die anderen nickten.
    »Wenn er ein Wunder vollbringen könnte, dann würde das natürlich helfen. Dann könnten wir sicher sein, dass er das Richtige tut.«
    Alle lachten höflich. Wunder gehörten zu Christus. Nach ihm waren sie Mangelware gewesen, der Wein war ausgegangen. In der Neuzeit hatte kein Papst mehr spektakuläre Wunder vollbracht.
    »Kommen wir zum Wesentlichen«, meinte ein deutscher Kardinal, der unbedingt in den Vatikan zurückwollte, weil er noch so viel zu tun hatte. »Sollte man ihn ersetzen?«
    Das war ja der Grund ihres Treffens; sie überlegten. War Johannes  XXVI . der Richtige, war er in der Lage, die Kirche zu führen? Er war zwar nicht krank, nicht senil, er hatte keine Skandale ausgelöst,
aber
 …
    Rienzi stellte sein Glas ab. »Entweder wir gehorchen ihm und verschenken den restlichen Reichtum der Kirche, so wie er es verlangt, oder wir weigern uns öffentlich. Alles andere ist heuchlerisch.«
    »Überzeugen wir ihn davon, dass er zurücktreten muss«, sagte Kardinal Aristo mit begieriger Miene.
    Seine Gefährten waren amüsiert. Der gute Kardinal aus Bologna war äußerst ehrgeizig und wollte unbedingt Papst werden, aber sie dachten nicht daran, ihm zu helfen. Er war theologisch nicht beschlagen und auch nicht besonders helle. Nein, wenn irgendjemand Papst werden sollte, dann Rienzi. Aber konnten sie ihn davon überzeugen? Wenn sie ihn auf den Kopf zu fragten, würde er ablehnen. Also mussten sie ihn in den Posten drängen, und er musste seine möglicherweise vorhandenen Skrupel überwinden.
    »Er wird nicht zurücktreten«, sagte Rienzi. »Ich bin da ganz sicher.«
    »Und was machen wir jetzt?« Die anderen Kardinäle sahen sich an. Sie hatten sich bereits entschieden. Päpste waren auch schon früher abgesetzt worden, wenn auch heimlich, denn die Frommen wären bestürzt gewesen, hätten sie von solchen Überlegungen Kenntnis gehabt.
    Rienzi blickte hinauf in den Olivenbaum. Führte Papst Johannes  XXVI . den Willen Gottes aus? Oder reagierte er auf diese bespiellose Krise mit seinem subjektiven Willen? Es musste doch irgendeinen Weg geben, das herauszufinden. Gott musste seine Hand zeigen.
    »Wir warten«, sagte er, »noch etwas länger.«
    »Vielleicht gibt es tatsächlich einen anderen Weg«, sagte ein Kardinal und ließ die Frage im Raum stehen. Wenn Rienzi seine Kandidatur erklärte, würden sie ihn einstimmig unterstützen. Wie man Johannes  XXVI . aus dem Amt entfernen könnte, würde man dann später besprechen.
    »Einen anderen Weg? Wie denn, eine andere Möglichkeit, ihn dazu zu zwingen?«
    »Ja.«
    Sie warteten auf die Antwort des Auserwählten. Doch Rienzi zuckte die Achseln. Sicherlich, er hatte eine Idee, aber die würde er vorerst für sich behalten. Die Apparatschiks im Vatikan sollten nicht herumerzählen, dass sich die Pharisäer verschworen hatten, den Chef zu verraten.
    »Glauben Sie, dass er von unserem Treffen erfährt?«
    »Sehen Sie jemanden, der uns beobachtet?« Rienzi streckte die Hand aus und schenkte sich noch ein Glas Wein ein. »Wir wollen geduldig sein und abwarten, was geschieht. Ich sage Ihnen, diese Krise wird vorübergehen, und unser kleiner Planet wird sich weiter drehen. Schauen Sie, Gott liebt diese Welt. Er wird nichts tun, um sie zu zerstören.«
    * * *
    Im Vatikan gab Johannes  XXVI . eine Audienz für die Bischöfe aus dem Norden Italiens. Das Treffen hatte gerade begonnen, als ein Kardinal eilig den Raum betrat. Er näherte sich dem Papst und flüsterte ihm eine Nachricht zu.
    »Der Ministerpräsident möchte Sie treffen. Er sagt, es sei sehr dringend. Es muss heute sein.«
    »Nun gut.« Johannes  XXVI . rechnete schon die ganze Woche damit; es wunderte ihn nur, dass es so lange gedauert hatte. Der alte Fuchs wollte ihm etwas mitteilen.
    »Er verlangt absolute Vertraulichkeit.

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