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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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wunderbar gearbeitete Truhe mit Broschen, Ringen, Agraffen, Edelsteinen; auch Schuhe, auf denen kleine Spiegel angebracht waren, so daß die Trägerin jederzeit ihr Aussehen nachprüfen konnte. Doña Leonor war empört über die Dreistigkeit des Menschen, der ihr zum Trost für die Niederlage, die er ihr bereitet hatte, so kostbaren Tand übersandte; sie hatte Lust, die Geschenke zurückzuschicken. Aber sie hatte sich bis jetzt damenhaft bewährt, sie wird auch weiter Dame bleiben. Überdies gefielen ihr die Geschenke. Sie behielt sie und schrieb einen Dankbrief.
    Mittlerweile waren in Kastilien die ersten jüdischen Flüchtlinge aus Francien angekommen, und wie es Don Ephraim vorausgesagt hatte, bot ihre Ankunft dem Erzbischof und den feindlichen Granden willkommenen Anlaß zu neuen Hetzreden. Der Jude, erklärten sie, rüste mit den Erträgnissen des Saladins-Zehnten nicht den Heiligen Krieg, er verwende die Gelder, neue Scharen von Ungläubigen und Betrügern im Lande anzusiedeln.
    Die Schmähreden verfingen nicht. Konnte man doch die Erfolge der neuen Verwaltung mit Händen greifen. Der Reichtum des Landes wuchs und kam einem jeden zugute. Man hatte mehr Geld als vorher, Waren strömten ein, die man bisher nicht gekannt hatte; neue Pflanzungen, Werkstätten, Kaufläden entstanden. Was Jehuda anrührte, gedieh.
    Um diese Zeit kam zu ihm ein Gelehrter aus der navarresischenStadt Tudela, ein gewisser Rabbi Benjamín, ein Mann von hohem Ansehen. Dieser Benjamín von Tudela hatte sein Leben der Wissenschaft gewidmet, der Länderkunde und Erdbeschreibung. Er hatte soeben erst eine zweite große Forschungsreise beendet, die ihn aus diesem westlichsten Teil der Welt bis an ihre östliche Grenze geführt hatte, bis nach China und Tibet. Er hatte vor allem die Verhältnisse der Juden in ihrer Zerstreuung studiert, doch hatte er darüber hinaus nützliche Kenntnisse aller Art gesammelt und war überall mit den führenden Männern zusammengekommen, auch mit Sultan Saladin und mit dem Papst. Nun hatte er sich darangemacht, die Ergebnisse seiner Reisen in einem Buch niederzulegen. Masseot Benjamín, die Reisen des Benjamín, sollte das Buch heißen, und mehrere junge Gelehrte aus der Akademie des Don Rodrigue hatten ihm zugesagt, es auch ins Lateinische und ins Arabische zu übersetzen.
    Nun also machte dieser Benjamín von Tudela Unserm Herrn und Lehrer Jehuda Ibn Esra seine Aufwartung; er wollte es nicht versäumen, den Mann kennenzulernen, der in den Jahren seiner Abwesenheit das Gesicht der Halbinsel so segensreich verändert hatte. Jehuda erwies dem berühmten Forscher viel Ehre. Er zeigte ihm die Bibliothek mit ihren kostbaren Büchern und Rollen, er zeigte ihm die Synagoge, die im Bau war, und führte ihn in Fabriken, die er gegründet hatte. Rabbi Benjamín sah und hörte mit kennerischer Teilnahme.
    Bei Tische, in Gegenwart Musas, berichtete Rabbi Benjamín von seinen Reisen. Auf Fragen Don Jehudas erzählte er von den Juden des Ostens. Im griechischen Kaiserreich und im Heiligen Land hatten die Juden unter den Kreuzzügen zu leiden, aber in Kairo und in Bagdad lebten sie in Frieden und hohem Wohlstand. Er erzählte von dem Resch-Galuta, dem Exilarchen, dem Fürsten der östlichen Judenheit. Er residierte in Bagdad und war von dem Kalifen anerkannt als Führer der Juden. Er war befugt, seine Glaubensbrüder »mit Stock und Geißel« zu regieren, er hatte Steuerhoheit, Gerichtsbarkeitund jegliche Macht über die Juden von Babel, Persien, Jemen, Armenien, über die Juden des Zwischenstromlandes und des Kaukasus; bis zur Grenze von Tibet und Indien hatte er Macht. Als der Kalif den jetzt regierenden Resch-Galuta, Unsern Herrn und Lehrer Daniel Ben Chasdai, in sein Amt einsetzte, hatte er vor allem Volk mit lauter Stimme erklärt: »Ich bin Nachfolger des Propheten Mohammed, dieser mein großer Freund ist Nachfolger des Königs David.« Der Resch-Galuta genoß höchstes Ansehen auch unter den Moslems. Wenn er ausfuhr, riefen Läufer vor ihm her: »Macht Platz Unserm Herrn, dem Sohne Davids!«, und alles Volk warf sich nieder wie vor dem Kalifen selber.
    Die farbige Schilderung machte Jehuda Eindruck. Benjamín aber fuhr fort: »Der Resch-Galuta hat übrigens auch von dir gesprochen, Don Jehuda. Man weiß auch im Osten, daß du deine hohe Stellung in Sevilla aufgegeben hast, um von Toledo aus deinen Brüdern zu helfen.« Und er schloß: »Da reise ich dreizehn Jahre durch die ganze Welt, und zurückgekehrt finde ich ihre

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