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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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seinen Escrivano, selbst Doña Leonor konnte die freundlich damenhafte Miene nur schwer festhalten. Welche Tücke verbarg der Mensch hinter so viel Verzicht?
    Der junge Garcerán de Lara riß sich als erster aus der Verblüffung. »Nun also«, sagte er fröhlich, »dann können wir ja übermorgen zu Felde ziehen.«
    Aber: »Sprachst du nicht noch von einer dritten Bedingung Aragons, edler Don Manrique?« fragte bescheiden Jehuda. »Ja«, antwortete Manrique, »doch ist das wohl ein Punkt ohne viel Belang. Aragon wünscht noch Konzessionen in jenen alten Streitigkeiten um die gewissen Zölle, Marktrechte, verpfändeten Städte und ähnlichen Kleinkram.«
    Jehuda hatte mit innerem Jubel wahrgenommen, welch tiefe Wirkung sein schneller Verzicht auf das Castillo getan hatte. Da saßen sie rings um ihn, die Feinde, die ihren Krieg haben und alles niederreißen wollten, was er mit so viel Klugheit und mit dem Segen Gottes aufgebaut hatte. Aber sie werden ihren Krieg nicht haben, diese da, die Ritter, die Dummköpfe, und er wird sein Castillo behalten. Er hatte seinen Plan mittlerweile gut ausgebaut in allen Einzelheiten, er fühlte sich sicher, Glück war eine Eigenschaft, und ihm hatte Gott diese Eigenschaft verliehen. Wie ein Jäger, der seine Hunde neckt, fühlte er sich den andern überlegen.
    »Hast du ein Verzeichnis der verlangten Konzessionen, Don Manrique?« fragte er. Manrique reichte ihm das Schriftstück, Jehuda überflog es. »So harmlos, wie sie ausschauen«, meinte er, »sind sie wohl nicht, diese neunzehn Punkte. Da sollen wir zum Beispiel auf die Einkünfte der Stadt Logroño verzichten. Logroño ist zum Zentrum unseres Weinhandels geworden, wir haben der Stadt Logroño und der Landschaft Rioja die Steuern von drei Jahren erlassen, um diesen Weinhandel zu fördern.« – »Wenn ich den Juden recht verstehe«, sagte verächtlich der Erzbischof, »dann jammert er, daß während des Heiligen Krieges die Einnahmen des Kronschatzes vielleicht etwas magerer ausfallen. Wahrscheinlich hat er damit recht. Aber wer das Gelobte Land erobern will, darf die Wanderung durch die Wüste nicht scheuen und darf nicht jammern nach den Fleischtöpfen Ägyptens.«
    Jehuda erwiderte nichts. Er wandte sich an den König: »Deine Wirtschaft, Herr König, hat in diesen letzten Jahren die Wirtschaft Aragons eingeholt. Viele der Unternehmungen, die wir in dieser Zeit gegründet haben, versprechenhöchste Blüte. Die Nutznießung gerade dieser Unternehmungen aber spricht der schlaue Pakt, den die Räte des erlauchten Don Pedro ausgeheckt haben, dem Königreich Aragon zu. Es ist ein gefährlicher Handel, den man dir vorschlägt, Herr König. Gibst du in diesen neunzehn Punkten nach, dann wird in wenigen Jahren Aragon einen entscheidenden Vorsprung vor Kastilien haben. König Pedro hat einen sehr fähigen Schatzmeister. Wir werden Aragon auf die Dauer nicht gewachsen sein, wenn du diese Bedingungen annimmst.«
    Keiner wußte was Rechtes zu erwidern. Don Martín grollte: »Sollen wir wegen des Weinhandels von Logroño Christus verraten?« – »Don Pedro ist nicht geldgierig«, sagte Doña Leonor. »Da wir ihm die Forderungen zugestanden haben, die ihm am Herzen liegen, wird er nicht um kleinen Gewinn feilschen.« – »Verzeih, Frau Königin«, antwortete ehrerbietig Don Jehuda, »es geht nicht um kleinen Gewinn, es geht um die Vormacht auf dieser Halbinsel. Die beiden Länder haben sich nicht aus purer Zanksucht Jahrzehnte hindurch um diese Rechte gestritten. Ich fürchte, man wird sich nicht von heute auf morgen mit Aragon verständigen können.«
    Hilflos saßen die Herren. Die Streitfragen, um die es ging, waren undurchsichtig, vielleicht wollte man in der Tat Kastilien um bedeutsame Privilegien bringen; mehr wahrscheinlich war, daß die beiden jüdischen Minister zettelten, um den guten Krieg zu hintertreiben.
    Alfonso war ebenso überrascht und verwirrt wie die andern. Es war ihm lieb, daß er einen Grund hatte, den Demütigungen auszuweichen, die Doña Leonor und der Fant Pedro ihm aufzwingen wollten. Und beglückend war die Aussicht, noch eine lange Zeit mit Raquel zusammenzubleiben. Vermutlich auch hatte der Jude recht, und er gäbe, wenn er dem Fant Pedro diese Zölle und das andere läppische Zeug zugestand, wirklich die Vormacht in Hispanien preis, das Erbe seines Sohnes. Aber in seinem Heimlichsten argwöhnte er wie die andern, Jehuda wolle ihn um seinen Krieg betrügen.
    Da sich ihm Freude und Schuldgefühl so wunderlich

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