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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Rettung eines Mädchens aufzuopfern.
    Vorläufig, um seine Sorgen zu übertäuben, wurde er in seinem Spiel mit dem König immer kühner. Voll bösartigen Ergötzens prüfte er, wie weit seine Macht über Alfonso ging.
    Der Bau der Synagoge, die er der Aljama gestiftet hatte, war vollendet. Jehuda wollte sie prunkvoll einweihen. Don Ephraim widersprach; er fand, eine solche Feier in dieser Zeit müsse als Herausforderung wirken. Jehuda bestand. »Fürchte dich nicht, mein Herr und Lehrer Ephraim«, sagte er, und er verbürgte sich: »Ich werde machen, daß unsere Feinde, die Frevler, ihre Zunge verschlucken.«
    Schon am nächsten Tag ging er daran, sein Versprechen zu erfüllen. Er bat den König, das neue Bethaus durch seinen Besuch zu ehren. Don Alfonso war verblüfft über die Unverschämtheit. Sein Zögern im Heiligen Krieg wurde überall auf der Halbinsel mißbilligt; wenn er jetzt auch noch das Haus des jüdischen Gottes besuchte, würden das die Prälaten bestimmt als dreiste Provokation auffassen. Er überlegte, ob erdie Bitte seines Escrivanos mit einer zornigen Ablehnung oder einem hochmütigen Spaß abtun sollte. Jehuda stand in demütiger und frech vertraulicher Haltung vor ihm. »Deine Vorväter haben mehrmals Tempel ihrer Juden mit ihrem Besuch begnadet«, gab er zu bedenken. »Aber nicht, während die Christenheit einen Heiligen Krieg führte«, antwortete Don Alfonso, und da Jehuda schwieg, fuhr er fort: »Es wird sicherlich böses Blut machen.« – »Einige deiner Untertanen«, erwiderte Jehuda, »sind so geartet, daß sie alles bemäkeln, was deine Majestät zu tun geruht.«
    Der König kam.
    Meister Meïr Abdelí, ein Schüler der großen moslemischen und griechischen Architekten, hatte das Haus in edeln Maßen gehalten, Arkaden und Balkone gliederten mit weiser Kunst den Raum, organisch ging die Erfahrung der byzantinischen und die der arabischen Meister ineinander. Und alles lenkte hin auf den Schrein, den zu rahmen und den zu wahren das Haus gebaut war, auf die Heilige Lade, den Schrein mit den Thora-Rollen. Aus mattglänzendem Silber war er geschmiedet. Öffnete man ihn, dann zeigte sich ein schwerer, brokatener Vorhang; zog man diesen zurück, dann gleißte heraus der Schmuck der heiligen Rollen, der Thora-Rollen. Nicht viele barg der Schrein, aber unter ihnen war jene uralte Handschrift des Fünf-Buches, die älteste, die noch auf der Welt war, das Sefer Hillali. Gekleidet in einen bestickten Mantel aus erlesenem Stoff stand die gebrechliche Pergamentrolle, geschmückt war sie mit einer juwelenbesetzten, goldenen Platte; die Holzstege aber, an denen ihr Pergament befestigt war, trugen eine goldene Krone.
    Die Wände der Synagoge waren bedeckt mit Friesen. Inschriften mischten sich da, Arabesken und Ornamente. Wieder und wieder kehrte der Pinienzapfen, das Symbol der ewigen Fruchtbarkeit, der Unsterblichkeit, und der Schild mit den drei Türmen – war es das Wappen Kastiliens oder das Siegel Don Jehudas? Eine verwirrende Fülle hebräischer Spruchbänder deckte die Wände. Es waren Sprüche, die Gott rühmten,Israel, Kastilien, den König und Jehuda Ibn Esra; junge Gelehrte und Dichter hatten sie mit kluger Kunst ausgesucht und verbunden. Gereimte Prosa war mit Versen aus der Bibel untermischt dergestalt, daß man manchmal nicht recht erkannte, ob das Spruchband bestimmt war, den König zu rühmen oder seinen Minister. Da wurde etwa berichtet von dem Pharao, der den Joseph erhöhte, und es verkündeten die Worte der Schrift: »Ohne deinen Willen soll niemand seine Hand oder seinen Fuß regen im ganzen Reich, und du sollst mein heimlicher Rat sein.«
    Dieses Haus, welches Jehuda zu Gottes und seiner Ehre errichtet hatte, zu besichtigen, kam also nun Don Alfonso, König von Toledo und Kastilien.
    Ehrfürchtig am Tore begrüßten ihn der Párnas Ephraim und die angesehensten Männer der Aljama. Dann führten sie ihn ins Innere. Aufrecht standen die jüdischen Männer, bedeckten Hauptes, und sie sprachen den Segensspruch, den zu sprechen das Gesetz vorschrieb beim Anblick eines Fürsten dieser Erde: »Gelobt seist du, Adonai, Unser Gott, der du von deiner Glorie abgibst an Fleisch und Blut.«
    Bewegt, stolz hörte Don Jehuda die Worte. Bewegt, angeschauert hörte sie Don Alfonso. Er verstand nicht den Sinn, doch klangen ihm die Laute vertraut, da er viele solche Laute gehört hatte aus dem Munde seiner lieben Liebsten.
    Nach der Lehre der Moslems nimmt das Geschöpf, das im Leib der Mutter

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