Die Juedin von Toledo
er sah, sie war aus dem gleichen Stoff wie der König. Auch sie wollte diesen leeren, ritterlichen, lächerlichen Titel und Anspruch um nichts in der Welt aufgeben. Auch sie hielt vernünftiges Wägen und Planen für krämerhaft.
Don Alfonso, als ihn Jehuda endlich zu Gesicht bekam, meinte spöttisch: »Da hast du ja nun wohl mit Eifer und Gehirnaufwand schlaue Verträge gedrechselt, mein Escrivano, in Saragossa und vor Toulouse. Jetzt siehst du, was sie wert sind. Du hast mir kein Glück gebracht, Don Jehuda. Mach dich hier wenigstens nützlich und schaffe mir Geld. Ich fürchte, wir brauchen sehr viel Geld.«
Don Alfonso beriet mit seinen Offizieren. Er hatte sein Kriegshandwerk gelernt und war entschlossen, es Aragon nicht leicht zu machen. Er erkannte deutlich, daß alle Vorteile auf seiten des Gegners waren, aber er hielt fest an seiner Zuversicht. Als christlicher Ritter legte er sein Schicksal in die Hand des Allmächtigen, der seinen Alfonso von Kastilien nicht verderben lassen wird.
Und Gott belohnte seine Zuversicht. Don Raimundez von Aragon starb plötzlich, erst siebenundfünfzig Jahre alt. In der Blüte seiner Jahre, inmitten seiner Siege in der Provence, schlug Gott ihn aufs Herz und raffte ihn hinweg, bevor er seinem Neffen von Kastilien hatte Schaden tun können.
Die Lage Alfonsos war jäh und glücklich verändert. Der Thronfolger von Aragon, der siebzehnjährige Infant Don Pedro, war nicht wie sein Vater. Don Raimundez hatte sein Reich durch Staatsmannschaft vergrößert, er hatte Titel und Land in der Provence durch List erobert und militärische Macht nur eingesetzt, wenn er des Sieges sicher war; auch hatte er sich ohne Scheu vor seinen Granden gedemütigt, wenn er dadurch Geld und Leistungen erlangen konnte. Dem jungen Don Pedro schienen solche Künste »Winkelzüge« und eines Ritters unwürdig, und er sah, wie so viele, in seinem Vetter von Kastilien das Urbild des christlichen Ritters. Wenig Gefahr war, daß er Don Alfonso mit Krieg überziehen werde.
»Gott ist mit mir!« frohlockte Alfonso vor seiner Königin, und vor Jehuda prahlte er: »Da siehst du es.«
Doña Leonor nahm still lächelnd teil an seiner unbändigenFreude. Ihr war von jeher eine feste Allianz Kastiliens und Aragons am Herzen gelegen, und sowenig sie die Hoheitsansprüche Kastiliens aufzugeben gedachte, so wollte sie doch mit allen Mitteln verhindern, daß aus diesen Ansprüchen neue Zwistigkeiten entstünden.
Sie hatte von der politischen Klugheit ihres Vaters und ihrer Mutter genügend geerbt, um zu wissen, daß Kastilien allein niemals ein großes Reich werden konnte, wie es das Römisch-Deutsche war, das Engelländische, das Fränkische. Früher waren Kastilien und Aragon vereint gewesen, und der Träger der beiden Kronen hatte sich mit Recht Kaiser Hispaniens nennen dürfen. Doña Leonor hatte all die Jahre her gelitten unter dem Streit der Könige Raimundez und Alfonso. Sie war gewillt, diesen Streit jetzt zu beenden und die beiden Länder neu und fest zu binden.
Dafür gab es ein gutes Mittel. Doña Leonor hatte keinen Thronfolger geboren, wohl aber drei Infantinnen, so daß derjenige, der die älteste, die dreizehnjährige Berengaria, heiratete, Aussicht hatte, Kastilien zu erben. Immer war nahegelegen, die Infantin dem Kronprinzen von Aragon zu verloben, damit später einmal wieder ein Herrscher die Krone beider Länder trage, und wenn das Verlöbnis nicht längst zustande gekommen war, so war nur die tiefe gegenseitige Abneigung der Könige daran schuld gewesen. Nun war das Hindernis fort, man konnte die Infantin dem jungen Pedro verloben, und dieser, ohnehin ein Bewunderer Alfonsos, wird unschwer zu bewegen sein, die Oberhoheit des Schwiegervaters anzuerkennen, den er doch einmal beerben wird.
Don Alfonso hörte höflich und mit leiser Ungeduld zu, als ihm die Königin das auseinandersetzte: »Gut und klug, meine kluge Leonor«, meinte er. »Aber wir haben ja Zeit. Der Junge ist noch nicht in die Ritterschaft aufgenommen worden. Onkel Raimundez konnte es sich nicht abringen, mich um den Dienst zu bitten. Ich denke, zuerst einmal laden wir Don Pedro ein, Schwert und Würde hier aus meiner Hand entgegenzunehmen. Das Weitere ergibt sich von selbst.«
Dies abgesprochen, reiste das Königspaar mit einigem Prunk nach Saragossa zur feierlichen Bestattung des Don Raimundez.
Don Pedro, der junge König, zeigte Alfonso jene freudige Verehrung, die man erwartet hatte. Und er glühte vor Bewunderung für Doña
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