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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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»schreibt den Heiligen Krieg nur demjenigen vor, der des Sieges sicher ist.«
    Er nahm wahr, daß dieser Einwand seinen Gast verstimmte, und lenkte höflich auf anderes über. »Das Schicksal macht seltsame Umwege«, führte er aus, »um unserer Halbinsel den Krieg zu ersparen. Wir haben wohl alle gefürchtet, die jähe Leidenschaft des Königs Unseres Herrn werde zum Unheil ausschlagen. Statt dessen bringt sie Segen. Denn solange unsere Raquel den König festhält, wird er wohl kaum gegen den Kalifen marschieren. Wie willkürlich ist doch, wiekindisch verspielt jene Macht, die ich mit Kadar bezeichne, und die du, mein hochwürdiger Freund, Vorsehung nennst.«
    Der Domherr, so herausgefordert, wies den lästernden Greis zurecht: »Wenn du die Gottheit blind schiltst und sinnlos unberechenbar, dann erkläre mir, bitte, wozu strebst du nach Weisheit? Was nützt dann alle Weisheit?« – »Viel Nutzen«, gab bereitwillig Musa zu, »bringt es wohl nicht, die Zweideutigkeit der Geschehnisse und ihren innern Widerspruch zu erkennen. Aber mir wärmt nun einmal Erkenntnis das Herz. Und gesteh es, mein hochwürdiger Freund, sie ergötzt auch dich.«
    Nach solchen Gesprächen machte sich Don Rodrigue wohl Vorwürfe über die Freude, die er an dem Umgang mit dem Gottlosen hatte, und er nahm sich vor, seine Besuche im Castillo Ibn Esra einzustellen oder doch einzuschränken.
    Da aber gab ihm der Himmel selber einen Fingerzeig. Der König nämlich, der erkannt hatte, es werde ihm allein nie gelingen, die Kruste des Unglaubens um Raquels Herz zu brechen, bat ihn um seinen Beistand, er konnte das fromme Verlangen nicht wohl abschlagen und sah sich gezwungen, die Besuche im Castillo fortzusetzen.
    Da waren sie denn wieder zusammen in der Rundhalle wie früher, Musa, Raquel, der Domherr und auch der junge Don Benjamín; Rodrigue brachte ihn mit, damit seine Absicht, Raquel zu bekehren, nicht allzu deutlich werde.
    Es fiel dem jungen Don Benjamín nicht leicht, seine Unbefangenheit vor Raquel zu wahren. Er hatte in diesen Wochen unablässig nachgedacht über das Schicksal, das ihr auferlegt war, dieses schwere und gefährliche Glück. Erst seitdem sie in die Galiana entrückt war, hatte er erkannt, was sie ihm bedeutete, und Begierde, gemengt mit bitterer Resignation, färbte jetzt und vertiefte wunderlich seine Freundschaft.
    Er hatte erwartet, eine sehr veränderte Raquel zu finden. Aber da saß sie und war die frühere. Er war enttäuscht und beglückt und konnte, der sonst so methodische junge Gelehrte,seine Gedanken nicht ordnen. Verstohlen, immer von neuem, prüfte er ihr Gesicht, hörte nur halb hin auf das, was die andern sprachen, und schwieg.
    Don Rodrigue seinesteils wartete auf die Gelegenheit, sein Bekehrungswerk zu beginnen. Er war kein Eiferer, jegliche Plumpheit war ihm verhaßt, er wartete auf das rechte Wort, an das er anknüpfen könnte. Seine Minute kam, als Musa sich wieder einmal über sein Lieblingsthema ausließ, daß nämlich allen Völkern ihre Blüte und ihr Altern vom Schicksal vorgeschrieben sei.
    Das stimme wohl, meinte der Domherr, aber wie wenige Nationen wollten einsehen, wann ihre Zeit abgelaufen sei. »Da haben wir das Volk der Juden«, dozierte er. »Daß sie sich nach dem Erscheinen des Heilands noch ein Jahrhundert lang oder zwei Jahrhunderte vorgemacht haben, die Heilsverkündigungen ihres Großen Buches seien weiter in Geltung und ihr Reich werde wieder erstehen, das ist schließlich zu begreifen. Nun aber leben sie doch schon über ein Jahrtausend im Elend, und noch immer nicht wollen sie einsehen, daß die Segnungen des Jesaja erfüllt sind eben durch die Ankunft des Heilands. Sie wollen die Zeit überlisten und beharren gegen allen Augenschein in ihrem Irrtum.«
    Er schaute weder Raquel an noch Benjamín, er predigte nicht, er unterhielt sich mit Musa, ein Philosoph mit einem andern. Aber Benjamín merkte gut, wohin er zielte, wie er unschuldig fromm und grausam Raquel ihr Judentum verleiden wollte, und Benjamín riß sich los aus seinem Geträume und wurde beredt. »Aber keineswegs wollen wir die Zeit überlisten, hochwürdiger Vater«, verteidigte er seinen und Raquels Glauben, »vielmehr wissen wir: die Zeit ist nicht gegen, sie ist mit uns. Wir deuten die Siegesverheißungen unseres Buches nicht plump wörtlich. Es sind nicht Siege des Schwertes, welche die Propheten uns versprochen haben, und nicht solche Siege sehnen wir herbei. Wir halten nicht viel von Rittern und Kriegsknechten und

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