Die Juedin von Toledo
Rüstung anlegen. Das war ein männliches Geschäft, und es gefiel ihm nicht, daß sie ihm half. Aber er brachte es nicht über sich, sie zurückzuweisen.
So rüstete sie ihn denn, unter Scherzreden, doch begeistert. Er stand da, schwarzbläulich und heldisch, beweglich schmiegten sich die Maschen des Eisenhemdes um die kräftige, atmende Brust, hell schauten die Augen aus den Schlitzen des Visiers. Sie klatschte in die Hände und rief kindisch entzückt: »O mein Liebster, du bist ein Wunder der großen Wunder Gottes!« Und sie ging auf und ab, ging um ihn herum, tänzerisch, im Singsang sprach sie arabische Verse: »O ihr Helden! Ihr tragt das blanke Schwert, ihr schwingt den schlanken Speer. Auf die Feinde einreitet ihr, stürmisch, gewaltig. Welche Freude ist es, euch durchs Lied zu begeistern!«
Lächelnd, tief erfreut hörte er ihr zu. Niemals noch hatte sie ihm kriegerische Verse gesungen. Jetzt war es an dem. Jetzt spürte sie, was ein Krieger war. Jetzt konnte er ihr von dem Großen, von dem Heiligen reden, das sie ihm für immer verbinden wird.
Er fragte sie geradezu, ob sie nicht zusammen mit ihm die Messe hören wolle.
Sie schaute auf. Sie verstand nicht. Vielleicht war das einer seiner wunderlichen Späße. Sie lächelte unsicher. Ihr Lächeln erbitterte ihn. Aber er nahm sich zusammen und sagte kindlich ernst: »Siehst du, liebste Frau, wenn du die Taufe nimmst, dann erlösest du nicht nur deine Seele, du befreist auch michvon schwerer Sünde, und wir können sündenlos und reuelos vereinigt bleiben für immer.« Er sagte das aber so gläubig unschuldigen Gesichtes, daß es sie anrührte.
Dann aber kam ihr die ganze finstere Meinung seiner Worte ins Bewußtsein, und sie war heiß gekränkt. Er war nicht zufrieden mit dem, was sie ihm gab, er wollte ihr kriegerisch dumm und unersättlich ihr unsterbliches Erbteil nehmen. Genügte es ihm nicht, daß sie schon dadurch den Zorn Gottes erregte, daß sie mit dem Ungläubigen sprach und aß und badete und schlief? Ihr lebendiges Gesicht zeigte ihren Kummer und ihre Kränkung.
Alfonso versuchte ungeschickt, ihr zuzureden. Ihr Widerstand war still, einsilbig und entschieden.
Aber sie wußte, er war ein zäher Kämpfer, er wird nicht ablassen, und wiewohl ihres Glaubens sicher, suchte sie Stärkung bei den Ihren, bei dem Vater und bei Musa.
Sie teilte dem Vater mit, Alfonso dringe darauf, daß sie die Taufe nehme. Don Jehuda erblaßte tief. Sie sagte still: »Ich bitte dich, mein Vater, kränke mich nicht durch Angst. Du hast mich gelehrt, daß ich eine Ibn Esra bin und Anteil habe an dem Großen Buch. Ich habe es begriffen.«
Mit Musa sprach sie ohne Rückhalt. Ihm sagte sie, daß sie Furcht habe vor dem zähen Kampf, der bevorstand.
Musa hielt ihre Hand und erzählte ihr von den jüdischen Frauen des Propheten Mohammed. Zuerst hatte der Prophet die Juden in Güte für seine Offenbarung gewinnen wollen. Da sie sich sträubten, bekämpfte er sie mit dem Schwert und tötete ihrer viele. Auf einem seiner Feldzüge kam in sein Lager ein jüdisches Mädchen namens Zainab, deren Vater und deren Brüder von den moslemischen Kriegern erschlagen worden waren. Zainab erklärte, sie habe erkannt, daß kein Gott sei außer Allah, sie schmeichelte dem Propheten mit Worten und mit Gesten, sie zeigte sich verliebt in ihn, und er hatte Wohlgefallen an ihr, er schlief mit ihr, brachte sie in seinen Harem und bevorzugte sie vor den andern Weibern. Und Zainab fragte ihn, was er am liebsten esse, und er antwortete: »Vonder Schulter des jungen Lammes.« Da briet sie ein Lamm für ihn und seine Freunde, und sie aßen; die Schulter des Lammes aber hatte sie mit einem Saft starken Giftes berieben. Einer der Freunde aß davon und starb. Der Prophet selber spie schon den ersten Bissen aus; doch erkrankte auch er. Die Jüdin Zainab sagte, sie habe dem Propheten Gelegenheit geben wollen, zu beweisen, daß er der Liebling Allahs sei. Einem solchen könne kein Gift etwas anhaben; wär er’s aber nicht, dann hätte er verdient zu sterben. Einige sagen, der Prophet habe ihr verziehen, andere, sie sei hingerichtet worden.
Die Stadt Kaibar, die fast ausschließlich von Juden bewohnt war, widerstand Mohammed mit besonderer Hartnäckigkeit. Die meisten Männer von Kaibar kamen im Kampfe um; die übrigen, ihrer sechshundert, ließ der Prophet nach der Einnahme der Stadt enthaupten. Unter den erbeuteten Frauen war eine gewisse Safia; ihr Mann war gefallen, ihr Vater hingerichtet worden.
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