Die Jungens von Burg Schreckenstein
um einen ausnahmsweise kugelförmig geschnittenen Busch in die letzte Gerade einbog, sah er plötzlich von Mauersäges Anbau her drei Gestalten auf sich zukommen. Anscheinend hatten sie ihn noch nicht entdeckt, und so beschloß er, sich zu verstecken, um weitere Schwierigkeiten zu vermeiden. — Wie bestellt, war da auch eine Buschnische mit einer Steinbank. Ausgezeichnet! Stephan klappte seine zahlreichen Scharniere zusammen und kroch hinunter. Nach einer Weile hörte er Schritte. In seinem Helm dröhnten sie wie ein Regiment in Nagelschuhen. Also nahm er, solange noch Zeit dazu war, den Helm ab und machte es sich, weit nach hinten in den Busch geschoben, so bequem wie möglich.
Jetzt waren die Schritte ganz nah, und nach einem geräuschvollen Schalten ertönte Mauersäges Piepsstimme:
.....ks... hier wollen wir frühstücken!“
„Prost Mahlzeit“, dachte Stephan und machte sich auf einen längeren Aufenthalt gefaßt. Dann versuchte er aus den sechs vor ihm stehenden Beinen deren Besitzer zu ermitteln. Das Paar in der Röhrenhose gehörte zu Mauersäge, der ja bereits bekannt war. Die Plattfüße daneben ließen, der Schuhnummer nach, auf „Jean“, den Diener, schließen. Und als drittes ein Paar Speckwaden mit Wickelgamaschen, die sich in sehr angeberhaften Schuhen mit gerippten weißen Gummisohlen verliefen. Irgendwie kamen die Dinger Stephan bekannt vor. Wo hatte er sie nur schon gesehen? — Ja richtig, bei dem unsympathischen Dicken, den Mauersäge beim Sportfest dabei gehabt hatte! Heinis früherer Chef, ein gewisser...
„Herr Klinke... ks... ich hoffe, die Jagd wird Ihnen... ks... Freude machen!“ schaltete Mauersäge dazwischen, Stephan hätte sich beinahe laut bedankt. Richtig, Klinke hieß der Mann. Und auf die Jagd wollten sie also. Aber das hätte er auch so bald bemerkt, denn da erschien Harro, seines Zeichens gräflicher Jagdhund, und beschnupperte knurrend Stephans Blechladen.
Hoffentlich verbellt er mich nicht, dachte Stephan, doch Harro knurrte bloß. Er schien sich über den Körper unter der Bank nicht klar zu sein. War das nun ein Mensch aus Blech, oder nur Blech, das nach Mensch roch? Für einen Hund jedenfalls ein Problem. —
Oben hatten die Herren inzwischen auf der Bank Platz genommen, Jean klapperte eifrig mit dem Geschirr, und Harro wurde ermahnt, nicht mehr zu knurren. Demnach hatten sie noch nichts bemerkt. Doch als das Tier nach erfolglosem Geschnupper an der Rüstung das Bein hob..., gab Stephan ihm einen Schubs, der ihn beinahe verraten hätte. Es ging jedoch gut, und Harro legte den Kopf zwischen die Pfoten, um noch eine Runde zu schlafen. Aus dem Gespräch der Herren entnahm Stephan, daß Klinke anscheinend schon seit gestern auf der Burg und als J äger ein blutiger Anfänger war. Harro schnarchte bereits hörbar. Aber da war noch etwas anderes. Jean mußte eine besonders süße Marmelade oder Honig serviert haben, denn es kamen immer mehr Bienen, die vorzugsweise oben am Hals unter Stephans Panzer krochen und dort wie Mopeds brummten, wenn sie nicht mehr herausfanden. Sich dabei ruhig zu verhalten, war schier ein Ding der Unmöglichkeit. Aber der erfinderische Ritter pflückte leise einen Zweig, schob diesen als Besen unter die Rüstung und kehrte die verirrten Bienen hinaus. Wie er mit dem Kehraus gerade voll beschäftigt war, ließ ihn plötzlich eine Frage Klinkes aufhorchen:
„Warum wollen Sie die Schule eigentlich ’ raushaben ?“
„Die Jungens sind mir zu... ks... zu lebhaft, und die Stadt... ks... zahlt mir zuwenig“, antwortete Mauersäge.
„Das wird alles anders werden, wenn ich den Laden habe. Ich mache Ihnen das schönste und ruhigste Sanatorium daraus — vorausgesetzt, daß wir uns über den Preis einigen!“ — Und mit einem fetten Lachen klopfte sich Herr Klinke auf die Schenkel.
Das war ja hochinteressant! Mauersäge wollte also die Schule ’rausschmeißen und die Burg an Klinke verkaufen! Wie doch alles im Leben zwei Seiten hat! Stephan war jetzt Dampfwalze fast dankbar für den Streich.
Das werde ich zu verhindern wissen, dachte er und wurde richtig wütend dabei. Dieser Fettkloß kriegt unsere Schule nicht! — Vergessen waren die Bienen, vergessen der Hund, für ihn gab es nur noch einen Gedanken—die Schule! Die Schule war in Gefahr, und er würde sie retten, ganz allein! Da wurde Stephan auf einmal klar, wie sehr er daran hing — trotz allem.
Schweigen ist Gold
Natürlich war Stephan infolge des ausgedehnten gräflichen
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