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Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Nase und den linken Arm ganz gerade und ruhig halten. Ja, so.«
    Das Ziel war eine mit Stroh ausgestopfte Vogelscheuche, die Sinjun sich vom Weizenfeld ausgeliehen und in zwanzig Schritt Entfernung aufgestellt hatte.
    »Und jetzt ganz locker ... ja, so!«
    Er ließ den Pfeil los, der sich der Vogelscheuche in die Leistengegend bohrte.
    McDuff stieß einen weithin gellenden Schmerzensschrei aus.
    »Ein guter Schuß«, lobte Sinjun, bevor sie sich ihrem angeheirateten Vetter zuwandte. »MacDuff! Es wurde auch höchste Zeit, daß du uns wieder mal besuchst. Kannst du mit Pfeil und Bogen umgehen?«
    »O nein, Sinjun, so etwas brauchte ich nie zu lernen. Ich bin viel zu groß und furchterregend, als daß irgendein Gauner mich angriffe.« Er hielt eine fleischige Faust hoch und schüttelte sie drohend. »Das ist mein einziger Schutz, und nach meiner bisherigen Erfahrung genügt er vollkommen.«
    »Du hast recht«, stimmte Sinjun zu. »Hast du Philips Schuß gesehen?«
    »Aber ja. Wo hast du das gelernt, Philip?«
    »Von Sinjun. Sie kann es wirklich gut. Zeig's ihm, Sinjun!«
    Sie ließ sich nicht lange bitten, und ihr Pfeil durchbohrte den Hals der Vogelscheuche und trat auf der Rückseite gut zehn Zentimeter wieder aus.
    »Mein Gott«, rief Mac Duff, »das war großartig! Haben deine Brüder es dir beigebracht?«
    »O ja, aber sie haben keine Ahnung, daß ich jetzt besser schieße als sie. Jedenfalls gäben sie es nie zu.«
    »Klug von dir, es ihnen nicht zu sagen«, meinte MacDuff. »Es wäre bestimmt ein schrecklicher Schlag für ihren männlichen Stolz.«
    »Männer!« knurrte Sinjun. »Als ob das gar so wichtig wäre.«
    »Vielleicht nicht, aber wir Männer nehmen es wichtig.«
    »Philip, könntest du Tante Arleth Bescheid sagen, daß MacDuff hier ist? Bleibst du jetzt eine Weile bei uns?«
    »Nur ein, zwei Tage. Ich bin unterwegs nach Edinburgh und wollte nur sehen, ob du etwas brauchst.«
    Ja, ich brauche meinen Mann, lag es ihr auf der Zunge, aber sie fragte statt dessen: »Hattest du hier in der Gegend zu tun?«
    »Freunde von mir, die Ashcrofts, leben in der Nähe von Kinross.«
    »Na, ich bin jedenfalls froh, daß du hier bist, auch wenn es nur ein kurzer Besuch ist.«
    MacDuff blickte Philip nach, der zum Haus rannte, und sagte lächelnd: »Wie ich sehe, hast du Philip gewonnen. Und wie steht's mit Dahling?«
    »Ah, sie ist eine harte Nuß, aber ich glaube, daß ich jetzt ihren wunden Punkt entdeckt habe.«
    »Sie ist doch erst viereinhalb, Sinjun. Wie soll sie da schon einen wunden Punkt haben?«
    »Sie ist eine Pferdenärrin. Ich habe ihr meine Stute Fanny gezeigt, und sie geriet total aus dem Häuschen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Sie wird mir endgültig ins Netz gehen, wenn ich sie auf Fanny reiten lasse.«
    »Du bist ja direkt gefährlich, Sinjun. Also läuft alles bestens.«
    »Ich würde mal sagen, es läuft. Ob bestens oder nicht, hängt sehr stark von der Laune der Hausbewohner ab.«
    Sie gingen auf das Schloß zu, wobei Sinjun gelegentlich mit gerunzelter Stirn stehenblieb.
    »Was ist los?«
    »Oh, ich stelle nur gerade im Geiste eine Liste auf, was noch alles getan werden muß, eine schier endlose Liste. Der Hühnerstall braucht dringend ein neues Dach, und die Umzäunung muß repariert werden, weil uns durch die Löcher im Zaun viele Hühner abhandenkommen. Ach, und ich könnte noch hundert andere Beispiele anführen. Komm, ich zeige dir den neuen Garten. Die Köchin ist begeistert, und Jillie, die Spülmagd, ist jetzt mindestens zur Hälfte Gärtnerin, weil sie einen grünen Finger hat. Unser Essen wird immer schmackhafter, weil beide glücklich sind. Jetzt muß ich die Köchin nur noch überreden, auch einmal englische Gerichte auszuprobieren.«
    »Viel Glück«, lachte MacDuff. Er bewunderte gebührend den neuen Gemüsegarten, wo zarte grüne Pflanzen aus der dunklen Erde hervorkamen. Neben der Zisterne blieb er stehen und sagte unvermittelt: »Colin ist nicht glücklich«, bevor er sich auf die alte Steinumfassung stützte und in die Tiefe blickte.
    »Sie ist sehr tief«, sagte Sinjun, »und das Wasser ist süß.«
    »Ja, daran erinnere ich mich. Wie ich sehe, hast du eine neue Kette anbringen lassen, und auch der Eimer ist neu.«
    »Ja. Warum ist Colin nicht glücklich?«
    MacDuff holte sich einen Eimer Wasser herauf, nahm den Holzbecher vom Haken, füllte ihn aus dem Eimer und trank genüßlich.
    »Es schmeckt wirklich so gut, wie ich es in Erinnerung hatte.« Er wischte sich mit dem

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