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Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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daß er mich zur Rede stellen und vielleicht sogar ermorden will. Aber ich habe mir etwas Besseres ausgedacht. Heute sind Sie endlich einmal allein ausgeritten, und jetzt müssen Sie mit mir mitkommen.«
    »Wozu denn das?«
    »Sie werden meine Gefangene sein, und Colin wird sich mir auf Gnade und Ungnade ergeben müssen. Endlich wird die Gerechtigkeit obsiegen.«
    »Es ist wahnsinnig schwer, Sie ernst zu nehmen, wenn Sie so hochtrabenden Unsinn daherreden.«
    Er schnaubte vor Wut und hob die Faust.
    »Nicht doch!« Blitzschnell schlug Sinjun ihm die Reitpeitsche ins Gesicht.
    Er stieß einen lauten Schmerzensschrei aus, und sein verstörter Hengst bäumte sich auf und warf ihn ab.
    Sinjun wartete nicht ab, was er als nächstes tun würde. Sie ergriff die Zügel seines Hengstes, und obwohl das Pferd sich zunächst sträubte, galoppierte es schließlich doch neben Fanny davon.
    Sinjun hörte Robert MacPherson laut fluchen und nach seinem Hengst brüllen, doch im Gegensatz zu Douglas' Hengst hörte dieses Pferd nicht auf die Stimme seines Herrn.
    Ein seltsamer Mann, dachte Sinjun.

KAPITEL 13
    Sinjun erzählte niemandem etwas von ihrer Begegnung mit Robert MacPherson. Wem hätte sie es auch erzählen sollen? Sie konnte sich lebhaft Tante Arleths Reaktion vorstellen. Die liebenswürdige Dame würde MacPherson wahrscheinlich laut applaudieren, Sinjun betäuben und sie Colins Feind in einem Sack ausliefern.
    Sinjun hatte Roberts Hengst unweit der Ländereien der MacPhersons laufen lassen und hoffte inbrünstig, daß der Herr einen sehr weiten Fußmarsch vor sich hatte.
    Colin mußte sofort verständigt werden! Das war ihr erster Gedanke. Doch während sie ihr Reitkostüm auszog und in ein weiches dunkelgrünes Musselinkleid schlüpfte, überlegte sie, was Colin wohl täte, sobald er hier wäre. Würde er MacPherson zum Duell fordern? Der Kerl war zwar sehr hübsch, aber nichtsdestotrotz verschlagen und bösartig. Er hatte sein wahres Gesicht gezeigt, als er in Edinburgh aus dem Hinterhalt auf Colin geschossen hatte. Sie berührte ihre Wange, wo glücklicherweise keine Narbe zurückgeblieben war. Nein, sie durfte Colins Leben nicht gefährden. Er war ein Ehrenmann und würde niemals mit unfairen Methoden gegen MacPherson kämpfen, für den Ehre wahrscheinlich ein Fremdwort war. Sie würde den Burschen allein unschädlich machen müssen. Ein Gentleman fühlte sich immer verpflichtet, einem bestimmten Verhaltenskodex zu folgen, was sich in kritischen Situationen oft als sehr hinderlich erwies. Sie mußte selbst etwas unternehmen, damit Colin in Ruhe und Frieden mit ihr und seinen Kindern hier leben konnte. Wenn er nie zu Hause war, würde er sie schwerlich je lieben lernen.
    Sie lief leichtfüßig die Treppe zu Colins Turmzimmer
    hinauf. Sie brauchte eine Pistole, und er besaß eine ganz ordentliche Waffensammlung. Zu ihrer Überraschung war die Tür nur angelehnt, und sie stieß sie leise weiter auf.
    Philip stand vor den Waffen an der Wand und versuchte, eine uralte Duellpistole aus der Halterung zu reißen.
    »Philip«, sagte sie leise.
    Er zuckte zusammen und fuhr herum, leichenblaß im Gesicht. »Oh, du bist es nur«, seufzte er erleichtert. »Was tust du denn im Zimmer meines Vaters?«
    »Ich könnte dich das gleiche fragen. Wozu brauchst du diese Duellpistole?«
    »Das geht dich nichts an. Außerdem bist du ein dummes Mädchen und verstehst es sowieso nicht.«
    »Glaubst du? Wenn du willst, können wir ja ein Wettschießen im Park veranstalten.«
    »Du kannst schießen?«
    »Natürlich. Weißt du, ich wurde von meinen Brüdern erzogen. Ich kann auch sehr gut mit Pfeil und Bogen umgehen. Du auch?«
    »Ich glaube dir nicht.«
    »Das solltest du aber. Einmal habe ich einem sehr bösen Mann in den Arm geschossen und auf diese Weise eine kritische Situation abgewendet.«
    Er drehte ihr plötzlich den Rücken zu, und sie sah, daß er die Hände rang. Schlagartig begriff sie, wozu er die Pistole benötigte. Die Jungfräuliche Braut hatte ihm offenbar schreckliche Angst eingejagt, und das war ihre — Sinjuns Schuld. Sie hatte das Gespenst nie zuvor bei einem Kind dargestellt und einfach nicht bedacht, daß ein solcher Geist einen kleinen Jungen wahnsinnig erschrecken konnte. Nun machte sie sich schwere Gewissensbisse.
    »Was ist los, Philip?« fragte sie sanft.
    »Nichts.«
    »Habe ich dir schon erzählt, daß Perlen-Jane mich mehrmals besucht hat?«
    Ihm stieg die Röte ins Gesicht. »Dieses alberne Gespenst gibt es doch gar

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