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Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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auf dem Fußboden, und Ihre Tochter sitzt neben ihm, lutscht am Daumen und sieht sehr besorgt aus.«
    »Sobald ich meiner Frau ein Nachthemd angezogen habe, kümmere ich mich um die Kinder. Danke, Childress. Bleiben Sie hier?«
    »Ja, Mylord. Morgen werden wir wissen, ob sie die Krankheit übersteht.«
    »Sie wird sie überstehen, glauben Sie mir. Sie ist zäh, und außerdem hat sie einen mächtigen Auftrieb — sie muß mich beschützen.«
    Er lachte, obwohl ihm eher zum Weinen zumute war.
    Sinjun hörte die Frauenstimme und begann zu zittern. Sie hatte Angst, sich zu bewegen, Angst, die Augen zu öffnen. Die Stimme war bösartig und haßerfüllt.
    Es war Tante Arleth.
    »Du bist also noch nicht tot, du kleine Nutte. Nun, dann müssen wir eben ein bißchen nachhelfen. Nein, nein, bleib ruhig liegen, du kannst dich sowieso nicht wehren, schwach wie du bist. Dein lieber Mann, dieser Dummkopf, hat dich alleingelassen, und jetzt bist du mir auf Gnade und Ungnade ausgeliefert, mein Mädchen, und das wird dir nicht gut bekommen.«
    Sinjun zwang sich, die Augen zu öffnen. »Warum willst du, daß ich sterbe, Tante Arleth?«
    Ohne die Frage zu beantworten, redete die Frau weiter vor sich hin, und ihre Stimme überschlug sich vor Wut und Haß. »Ich muß schnell handeln, sehr, sehr schnell, denn der junge Narr wird bald zurückkommen, obwohl er dich nicht haben will. Wie könnte er dich auch wollen? Du bist eine Ausländerin, keine von uns. Vielleicht sollte ich dir dieses schöne weiche Kissen aufs Gesicht legen. Ja, genau, das tue ich. Dann verschwindest du endlich von hier. Du gehörst nicht hierher, du bist eine Außenseiterin, ein Niemand. Ja, das Kissen. Nein, das ist zu verräterisch. Ich muß schlau vorgehen. Aber ich muß auch schnell handeln, sonst könntest du weiterleben und ein Pfahl in meinem Fleische bleiben. Du würdest mir das Leben sogar noch mehr als bisher zur Hölle machen, nicht wahr? Ich kenne deinesgleichen — gemein und bösartig! Man darf euch nicht trauen. Und hochnäsig und herrschsüchtig. Du willst alle nur herumkommandieren, weil wir für dich minderwertige Wilde sind. Wenn ich nicht schnell handle, sind wir alle verloren. Sogar jetzt überlegst du, wie du mich von hier vertreiben könntest und . . .«
    »Tante Arleth, was tust du hier?«
    Sie fuhr auf dem Absatz herum und sah Philip auf der Schwelle stehen. »Papa hat dir verboten, dieses Zimmer zu betreten, Tante. Laß Sinjun in Ruhe!«
    »Ah, du verdammter Lümmel, du hast alles verdorben und mich sehr enttäuscht. Ich will ihr doch nur helfen. Warum sollte ich sonst hier sein? Geh weg, Junge! Mach, daß du wegkommst! Hol deinen Papa. Ja, geh zu dem verdammten Grafen.«
    »Nein, ich bleibe hier, und du wirst gehen, Tante. Mein Papa ist kein verdammter Graf, er ist der allerbeste Graf, den man sich vorstellen kann.«
    »Ha, du hast ja keine Ahnung, was er ist! Seine Mutter — meine eigene Schwester und deine Großmutter — hat ihren Mann betrogen und sich mit einem Kelpie eingelassen, der im Loch Leven hauste. Er nahm die Gestalt ihres Mannes an, aber ihr Mann liebte mich und hatte für sie keinen Blick mehr übrig. Nein, der Mann, mit dem sie herumhurte, war nicht ihr Gemahl, denn der gehörte nur mir allein. Sie schlief mit einem Kelpie, einer Ausgeburt der Hölle, von Grund auf böse und verderbt, und von ihm bekam sie dann einen Sohn, deinen Vater, der genauso böse und verderbt ist wie der Kelpie, der ihn gezeugt hat.«
    Philip hatte keine Ahnung, wovon sie redete, aber er betete inbrünstig, daß sein Vater oder Mrs. Seton oder Crocker kommen möge, irgend jemand. Bitte, lieber Gott, schick ganz schnell jemanden! Tante Arleth ist verrückt geworden.
    Seine Gebete schienen aber nicht erhört zu werden, und Tante Arleth ging jetzt wieder auf Sinjun zu. Er rannte an ihr vorbei, sprang auf das Bett und schirmte seine Stiefmutter mit seinem Körper gegen Tante Arleth ab.
    »Sinjun!« schrie er und schüttelte sie, bis sie die Augen aufschlug.
    »Philip? Bist du das? Ist sie fort?«
    »Nein, Sinjun, sie ist noch hier. Du mußt wach bleiben! Du mußt!«
    »Verschwinde, Junge!«
    »O Gott«, flüsterte Sinjun.
    »Hast du gewußt, du dummer Junge, daß ihr richtiger Ehemann — dein Großvater — ein Ebereschenkreuz über die Tür hängte, damit sie nicht eintreten konnte? Er wußte, daß sie mit einem Kelpie herumhurte. Aber Satan beschützte sie sogar vor dem Ebereschenkreuz.«
    »Bitte geh weg, Tante.«
    Arleth starrte von dem Jungen zu

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