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Die Jungfrau Im Eis

Die Jungfrau Im Eis

Titel: Die Jungfrau Im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Statur an. Die ihm dies zugefügt haben, waren mindestens zu dritt oder zu viert.«
    Für die vielen Wunden, die erste Anzeichen von Entzündung aufwiesen, tat er, mit seinen seit Jahren bewährten Salben, was er konnte. Die kleineren, sauberen Abschürfungen behandelte er nicht. Zwei oder drei eifrig bemühte junge Mönche brachten die erhitzten Steine, legten sie um den geschundenen Körper, so daß sie der Haut nah waren, aber sie nicht berührten, und gingen eiligst zurück, um weitere zu erwärmen. Einen heißen Ziegelstein legten sie an die großen, knochigen Füße; denn wenn die Füße kalt sind, bleibt der ganze Körper kalt, sagte Cadfael. Schließlich der von Keulenhieben verletzte Kopf: Cadfael nahm den Verband ab, während Leonard die Schultern des Mannes stützte. Die unverkennbare Tonsur erschien.
    Dickes, buschiges, braunes Haar umrahmte das bloße Stück Kopfhaut, auf dem zwei oder drei immer noch leicht blutende Wunden zu erkennen waren. Der Haarwuchs war so stark und das Haar selbst so dicht, daß der dem Mönch verbliebene Kranz ihn vielleicht vor einem Schädelbruch bewahrt hatte.
    Vorsichtig tastete Cadfael den Kopf ab, konnte aber keine weiche Stelle finden. Also durfte man hoffen. Er seufzte erleichtert.
    »Sein Verstand mag infolge der Verletzungen verwirrt sein, aber ich glaube, der Schädel ist heil. Wir werden ihn wieder verbinden, damit er bequemer liegen kann und gewärmt wird.
    Ich kann keinen Bruch finden.«
    Als sie fertig waren, lag der Körper reglos wie zuvor; es ließ sich keine Veränderung entdecken, die nicht durch die Behandlung der beiden Männer hervorgerufen worden war.
    Aber die Wärme der Steine, die sofort ausgewechselt wurden, wenn sie abkühlten, zeigten ihre Wirkung. Der Körper fühlte sich weicher und menschlicher an - nun war er in der Lage zu heilen.
    »Wir können ihn jetzt alleinlassen«, sagte Cadfael und betrachtete den Kranken mit einem gedankenverlorenen Stirnrunzeln. »Ich werde heute Nacht bei ihm wachen und morgen schlafen, wenn wir wissen, ob seine Heilung Fortschritte macht. Aber meiner Meinung nach wird er es überleben. Mit Eurer Erlaubnis, Prior, würde ich jetzt gern das Abendessen einnehmen, das Ihr mir versprochen habt. Vor allem aber schickt mir einen beherzten Jungen, der mir diese Stiefel auszieht - ich selber bin zu steif dazu.«
    Beim Abendessen bediente Prior Leonard seinen Gast persönlich. Er machte kein Hehl aus seiner Erleichterung, daß nun ein erfahrener Arzt zur Hand war. »Ich habe nämlich weder Euer Wissen noch hatte ich je Gelegenheit, es mir anzueignen.
    Und ein so geschundener und übel zugerichteter Mensch ist - weiß Gott! - noch nie meiner Obhut übergeben worden. Bevor ich ihn hereinbringen ließ und versuchte, die Blutungen zu stillen und ihn vor der Kälte zu schützen, dachte ich, er sei tot.
    Vielleicht werden wir nie herausfinden, wie ihm all dies zugestoßen ist.« »Wer hat ihn zu Euch gebracht?« fragte Cadfael. »Einer unserer Pächter aus der Nähe von Henley.
    Reyner Dutton, ein braver Mann. Es war in jener Nacht als der erste Schnee und Frost kam und Reyner suchte nach einer verirrten Kuh, einem jener unternehmungslustigen Tiere, die immer wieder ausbrechen und Streifzüge durch die Gegend unternehmen. Er suc hte mit einigen seiner Leute nach ihr. Sie fanden diesen armen Teufel am Wegrand und ließen alles stehen und liegen, um ihn so schnell wie möglich hierher zu bringen. Es war eine schreckliche Nacht - stockfinster und mit Sturmböen. Ich glaube nicht, daß er lange dort gelegen hat, sonst wäre er jetzt nicht mehr am Leben, so kalt wie es war und jetzt noch ist.«
    »Und die ihn fanden haben keine Spur der Wegelagerer bemerkt? Sie selbst sind nicht aufgegriffen worden?«
    »Nein. Aber man konnte nur ein paar Schritt weit sehen.
    Wenn andere an ihnen vorbeigekommen wären, hätten sie es nicht bemerkt. Wahrscheinlich hatten sie Glück, daß sie nicht dasselbe Schicksal erlitten, obwohl drei Männer vielleicht schon genug waren, um jeden Räuber abzuschrecken.
    Sie kennen diese Gegend wie ihre Westentasche. Ein Fremder hätte irgendwo Unterschlupf suchen und warten müssen, bis man wieder etwas sehen konnte. Bei einem so starken Schneefall, mit feinen, trockenen Flocken und einem so heftigen Wind, werden die Wege täglich zweimal oder mehr verschüttet und wieder aufgedeckt. Man kann eine Meile weit gehen und sicher sein, sich an jeden markanten Punkt zu erinnern - aber auf dem Rückweg erkennt man nichts

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