Die Jungfrau von Zesh
Sand und sagte dem Psychologen Lebwohl.
»Auf Wiedersehen, Liebchen!« sagte Bahr. »Jetzt bin ausnahmsweise einmal ich es, der sich seiner schämt, weil ich nicht an Ihrer Stelle diese Sache erledigen kann. Keine reife Einstellung, ich weiß, aber ich kann nichts daran ändern.«
»Viel Glück!« sagte Yuruzh. »Vergessen Sie Ihre Instruktionen nicht.«
Althea watete ins Wasser. Die Brandung war leicht.
Als sie bis zur Hüfte im Wasser war, streckte sie sich und schwamm. Das Wasser war angenehm, nicht zu warm, aber auch nicht kalt genug, um einem schnell die Kraft auszusaugen.
Althea hoffte, dass kein Gvam oder ein anderes Seeungeheuer in ihrer Nähe lauerte. Da sie die Distanz kannte, die sie zurückzulegen hatte, ließ sie es ruhig angehen. Sie schwamm in kräftigen, gleichmäßigen Zügen und variierte regelmäßig Schwimmart und Schwimmlage. Jedes Mal, wenn sie den Kamm einer Welle erklomm, sah sie für einen kurzen Moment die Flotte der Daryava vor sich.
Der Strand und die zwei Galeeren wichen langsam zurück. Die feindliche Flotte kam immer näher.
9
N un?« fragte der Dasht von Darya.
Der Herr der Insel Darya, jener zweibrustwarzenförmigen Gipfel, die in der ganzen Region der Drei Meere bekannt waren, stand in seiner goldziselierten Rüstung im Heck des großen Vierruderers, der sein Flaggschiff war. Althea stand tropfend vor ihm auf den Planken, das Haar in Strähnen am Kopf klebend, eingekeilt von zwei nackten fettglänzenden Daryava, die ihre Arme fest umklammert hielten.
Althea erzählte stockend, immer wieder verzweifelt nach Worten suchend, ihre Geschichte.
»Ohe!« rief der Dasht mit einer schwungvollen Geste. »Das ist in der Tat eine bemerkenswerte Geschichte, ob sie nun wahr ist oder erfunden. Doch dies, meine kleine terranische Dirne, werden wir in Bälde herausfinden. Ao, Mirán! Fessle dieses exotische Wesen an den Besanmast – nicht so fest, dass ihr irdisches Fleisch Schaden erleidet, doch auch nicht so locker, dass sie entschwinden kann. Alsdann stell dich mit entblößter Klinge neben sie, und wenn sich herausstellen sollte, dass sie uns geradewegs in den Schlund des Verderbens zu führen trachtet, schlag ihr den Kopf ab!«
Der Dasht hob die Stimme zu einem Brüllen: »Und nun gib meinen braven Kapitänen das Signal, alle Schiffe vom Zweiruderer aufwärts in Dwarslinie zu bringen und auf die Küste von Zesh zu halten, so wie einst Qarars Mannschaft auf Fossanderan hielt, als sie vor der Hexe der Va’andao-See flohen! Vorwärts, Halunken! An die Riemen, wacker, dass nicht der stolze Preis unseren Händen entgleite!«
Das Brüllen des Dasht hatte sich zu einem Kreischen gesteigert. Mit dem letzten Satz riss er sein juwelenbesetztes Schwert heraus, wirbelte es wütend um den Kopf herum, stampfte mit dem Stiefel auf die Deckplanken und wies mit der Schwertspitze auf das Ufer.
Die Daryava, die Althea festhielten, zerrten sie zum Mast und banden sie dort fest. Einer der beiden zog sein Schwert und blieb neben ihr stehen. Sein nackter Körper glänzte in der Sonne, die nun, da die Segel zusammengerollt waren, ungehindert auf das blanke Deck hinunterbrannte. Der Daryau ließ unablässig seinen Blick an Altheas Körper auf und ab gleiten und strich dabei mit dem Daumen über die Schneide seines Schwerts.
.Die Flotte entwirrte sich und schwenkte fächerförmig in Formation. Die größeren Schiffe bewegten sich nach vorn und bildeten eine Linie, die kleineren formten eine zweite dahinter. Signalwimpel flappten an Mastkörben. Die Gongschläge der Bootsführer hallten über das Wasser und vermischten sich mit denen des Flaggschiffs, als die Ruderer ihre Riemen eintauchten.
Althea, die mit dem Gesicht nach vorn stand, sah den Strand langsam näher kommen. Der Dasht und seine Offiziere – wie er ebenfalls in goldglänzenden Rüstungen – drängten sich am Bug, während Matrosen Strickleitern bereitlegten. Andere stapelten Waffen für die Ruderer.
Die Hecks der beiden Galeeren am Strand waren immer deutlicher zu erkennen. Der Strand, der eben noch voll von Geschwänzten gewesen war, schien leer. Althea blickte mit einem Gefühl des Unbehagens auf den Daryau an ihrer Seite. Eine solche Komplikation hatte Yuruzh bei seinem offensichtlichen Scharfsinn nicht einkalkuliert. Oder doch? Wie hatte doch Bahr gesagt: ein höllisch intelligenter Bursche …
In gleichmäßigem Takt hoben und senkten sich die Ruder. Das Ufer, das sich zunächst scheinbar so langsam genähert hatte, wuchs
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