Die Jury
unverständliches Schnaufen hervor.
Der Kluxer öffnete den Reißverschluß an der rechten Seite des marineblauen Rocks. Der Strick im Bereich ihrer Waden hinderte Ellen daran, nach ihm zu treten. Er preßte die Spitze des Messers ans Ende des Reißverschlusses, schnitt, schob die linke Hand nach vorn und zog den Rock beiseite. Die übrigen Klanmitglieder kamen näher.
Der Mann schlug Ellen auf den Hintern. »Hübsch, sehr hübsch.« Er wich einen Schritt zurück, um sein Werk zu betrachten. Ellen stöhnte und wand sich hin und her. Ihr Slip rutschte nach unten. Der Kluxer schnitt ihn an den Seiten und auch hinten auf und warf das Höschen zum Kreuz. Er durchtrennte die BH-Träger und riß seinem Opfer den Büstenhalter ab. Die Frau gab noch immer nicht den Versuch auf, sich zu befreien, ihr Stöhnen wurde noch lauter. Hinter ihr bildeten die Klanmitglieder einen nur mehr drei Meter entfernten Halbkreis.
Ganz deutlich fühlte sie die Hitze des Feuers. Schweiß glänzte an Rücken und Beinen. Das Haar klebte ihr an Nacken und Schultern fest. Der Mann griff erneut unter die Kutte, und einige Sekunden später hielt er eine lange Rindslederpeitsche in der Hand. Er ließ sie laut knallen, und Ellen zuckte zusammen. Dann trat er noch einen Schritt zurück, schätzte die Entfernung zum Pfahl ab, holte mit der Peitsche aus und zielte auf den Rücken der Frau. Ein anderer großer Kluxer gesellte sich dem ersten hinzu. Er sagte kein Wort, schüttelte nur den Kopf, und daraufhin verschwand die Peitsche.
Der erste Mann ging zu ihr, hob das Messer und begann damit, ihr das Haar abzuschneiden. Er säbelte es büschelweise fort und schuf damit häßliche leere Stellen. Ein rotblondes Häufchen formte sich auf dem Boden. Ellen stöhnte, regte sich aber nicht mehr.
Die Klanmitglieder gingen zu ihren Wagen. Jemand goß Benzin aus einem Kanister in den BMW, der Massachusetts-Kennzeichen trug, und ein anderer Kluxer warf ein Streichholz.
Als sich keine Kuttenträger mehr auf der Lichtung befanden, wagte sich Mickymaus hinter den Büschen hervor. Er löste Ellens Fesseln, trug sie fort, sammelte die Reste ihrer Kleidung auf und versuchte, die Blößen der jungen Frau zu bedecken. Er wartete, bis keine Flammen mehr aus ihrem Auto leckten, ließ sie dann allein und fuhr nach Oxford. Dort hielt er an der ersten Telefonzelle und rief den Sheriff von Lafayette County an.
38
E s war ungewöhnlich, aber keineswegs einmalig, daß ein Fall auch am Samstag vor Gericht verhandelt wurde – immerhin ging es um ein Kapitalverbrechen mit isolierter Jury. Die Teilnehmer hatten nichts dagegen, denn der Sonnabend brachte das Ende des Prozesses einen Tag näher.
Auch die Einheimischen ärgerten sich nicht darüber. Ganz im Gegenteil: Dies war ihr freier Tag, und die meisten von ihnen bekamen zum erstenmal Gelegenheit, das Verfahren zu beobachten oder, wenn sie keinen Platz im Saal fanden, sich auf dem Platz umzusehen. Wer weiß – vielleicht wurde wieder geschossen.
Schon um sieben ging es in den Cafés ziemlich hektisch zu. Auf jeden Gast, der einen freien Stuhl fand, kamen zwei andere, die draußen warten mußten. Dutzende von Schaulustigen schlenderten vor Jakes Büro umher und hofften, jenen Mann zu sehen, dem der Mordanschlag gegolten hatte. Angeber prahlten damit, Klienten des berühmten Anwalts gewesen zu sein.
Unterdessen saß Jake in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch und trank eine Mischung aus den Resten vom gestrigen Gelage. Er rauchte eine Roi-Tan, aß Kopfschmerztabletten und rieb sich Spinnweben aus dem Hirn. Vergiß den Soldaten, sagte er sich seit drei Stunden. Vergiß den Klan und die Drohungen. Vergiß alles. Denk nur an den Prozeß und vor allem an Dr. W. T. Bass. Er schickte ein stummes Gebet zum Himmel: Bitte, lieber Gott, laß ihn nüchtern vor Gericht erscheinen. Bass und Lucien hatten den vergangenen Nachmittag damit verbracht, zu trinken und sich gegenseitig vorzuwerfen, betrunken und aus den jeweiligen Berufsverbänden ausgeschlossen worden zu sein. Als sie die Praxis verließen, bahnten sich Handgreiflichkeiten an. Nesbit griff rechtzeitig ein und eskortierte sie zum Streifenwagen, um sie nach Hause zu fahren. Die Reporter wurden neugierig, als der Deputy zwei Taumelnde nach draußen geleitete und ihnen beim Einsteigen half. Lucien nahm im Fond Platz, Bass auf dem Beifahrersitz, und die Journalisten hörten, wie sie sich immer wieder beschimpften.
Jake las noch einmal Ellens Meisterwerk über Verteidigungen auf
Weitere Kostenlose Bücher