Die Jury
der Basis von Unzurechnungsfähigkeit. Ihre für Bass vorbereiteten Fragen erforderten nur geringfügige Veränderungen. Er befaßte sich mit dem Lebenslauf des Sachverständigen: Zwar fehlte es darin an beeindruckenden Fakten, aber er genügte für Ford County. Der nächste Psychiater war mehr als hundertdreißig Kilometer entfernt.
Noose sah den Bezirksstaatsanwalt an und richtete dann einen mitfühlenden Blick auf Jake, der neben der Tür saß, über Buckleys Schulter hinwegstarrte und das alte Porträt eines längst toten Richters betrachtete.
»Wie geht es Ihnen heute morgen, Jake?« fragte Noose sanft. »Gut.«
»Und der Soldat?« erkundigte sich Rufus.
»Er ist gelähmt.«
Noose, Buckley, Musgrove und Mr. Pate schüttelten ernst und mit stummem Respekt den Kopf.
»Nimmt Ihre Assistentin heute nicht an der Verhandlung teil?« Noose sah zur Uhr an der Wand.
Jake warf einen kurzen Blick auf die Armbanduhr. »Sie hätte inzwischen eintreffen müssen.«
»Sind Sie soweit?«
»Ja.«
»Ist der Gerichtssaal bereit, Mr. Pate?«
»Ja, Sir.«
»Nun gut. Beginnen wir.«
Noose nahm auf dem Richterstuhl Platz, sprach zehn Minuten lang zur Jury und entschuldigte sich für die einen Tag lange Verhandlungspause. Die Geschworenen waren die einzigen vierzehn Personen in der County, die nichts von den Ereignissen am Freitagmorgen wußten, und wenn sie davon erfuhren, mochte ihre Objektivität in Gefahr geraten. Noose ließ sich vage über besondere Umstände aus und meinte, manchmal ergäben sich bei Prozessen gewisse Probleme, die zu Verzögerungen führten. Als er seinen Monolog beendet hatte, waren die Geschworenen vollkommen verwirrt und wünschten sich nichts sehnlicher, als daß jemand einen Zeugen aufriefe.
»Rufen Sie Ihren ersten Zeugen auf«, sagte Noose zu Jake. »Dr. W. T. Bass«, verkündete Brigance und ging zum Pult. Buckley und Musgrove zwinkerten sich zu und grinsten wie zwei Narren.
Bass saß neben Lucien in der zweiten Reihe, umgeben von Angehörigen der Familie Hailey. Er stand mühsam auf, schob sich in Richtung Mittelgang, trat diversen Leuten auf die Füße und stieß andere mit seinem ebenso großen wie leeren Aktenkoffer an. Jake spürte die Unruhe hinter sich, sah weiterhin zu den Geschworenen hinüber und lächelte. »Ich schwöre, ich schwöre«, stieß Bass hastig hervor, als Jean Gillespie ihn vereidigte.
Er setzte sich auf den Stuhl des Zeugenstands, und Mr. Pate bat ihn darum, laut ins Mikrofon zu sprechen. Zwar war der psychiatrische Sachverständige nervös und litt an einem ausgeprägten Kater, aber er wirkte trotzdem bemerkenswert arrogant und nüchtern. Immerhin trug er seinen teuersten dunkelgrauen Anzug, ein makelloses weißes Hemd und eine kleine rote Paisley-Fliege, die ihm einen sehr intellektuellen Eindruck verlieh. Er sah wie ein Experte aus, wie ein Fachmann für etwas. Trotz der Einwände Jakes hatte er sich für hellgraue Cowboy-Stiefel aus Straußenleder entschieden – die ihn mehr als tausend Dollar gekostet hatten und seine Füße jetzt erst zum achten oder neunten Mal zierten. Lucien hatte vor elf Jahren auf diesen Stiefeln bestanden, während des ersten Unzurechnungsfähigkeitsprozesses. Bass trug sie, und die Jury schickte den geistig völlig gesunden Angeklagten nach Parchman. Auf Luciens Bitte hin trug er die Stiefel auch, als er beim zweiten Verfahren Unzurechnungsfähigkeit bescheinigte – der Prozeß endete ebenfalls mit einer Verurteilung. Lucien bezeichnete sie aber weiterhin als Bass' Talisman.
Jake hielt nichts von den verdammten Dingern. »Sie werden die Aufmerksamkeit der Geschworenen wecken«, argumentierte Lucien. »Teures Straußenleder stößt sie ab«, erwiderte Jake.
»Sie sind viel zu dumm, um den Unterschied zu erkennen«, entgegnete Lucien. Jake blieb skeptisch, und daraufhin meinte sein früherer Chef: »Die Rednecks vertrauen jemandem mit Stiefeln.« – »Na schön«, brummte Brigance, »dann soll er eben normale Jagdstiefel tragen, mit ein bißchen Dreck an den Absätzen und Sohlen. Mit solchen Stiefeln können sich die Leute identifizieren.« – »Aber sie passen nicht zu dem Anzug«, hatte Lucien eingewandt.
Bass schlug nun die Beine übereinander, stützte den rechten Fuß aufs linke Knie und zeigte den entsprechenden Stiefel. Er sah darauf hinab und schmunzelte, blickte dann zu den Geschworenen und lächelte erneut. Der Strauß wäre sicher stolz gewesen.
Jake hob den Blick von seinen Notizen und stellte fest, daß der Stiefel
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