Die Juweleninsel
sondern auch fleißige Männer, die man gebrauchen kann. Haltet sie bereit, wenn ich Euch abhole! Jetzt aber, Fürstin, muß ich mich entfernen. Erzählen können wir, wenn wir uns an Bord des Dreimasters befinden.« – –Es war ungefähr eine Woche später. Der Schnellsegler Bahadur 41 hatte die Adamanen und Nikolaren douplirt und hielt sich im Westen von Sumatra gerade nach Süden, um dann mit dem Passat gerade Ost auf Java zu gehen. An Bord stand Alles wohl, das mußte man dem fröhlichen Gesichte des Kapitäns ansehen, welcher mit Maletti auf dem Hinterdecke hin und her spazierte. Er war ein Franzose, gerade wie der Lieutenant, und daher war es nicht verwunderlich, daß Beide während der Fahrt sehr viel und gern mit einander verkehrten.
»Ein Roman, ein völliger wirklicher Roman ist es, den Sie durchlebt haben,« meinte soeben der Kapitän. »Ich wollte, daß ich der Held desselben wäre!«
»Noch ist der Schluß desselben nicht im Druck erschienen!«
»Pah! Der Schluß läßt sich aus der ganzen Anlage des Opus leicht vermuthen.«
»Und dennoch muß ich gestehen, daß ich seit einiger Zeit von finsteren Gedanken geplagt werde, die ich trotz aller Mühe nicht von mir weisen kann.«
»Finstere Gedanken?« lachte der Kapitän. »Sie sehen am hellen lichten Tage Eulen fliegen. Unsere Fahrt ist eine außerordentlich gute und schnelle, und wird voraussichtlich bis Batavia nur eine ganz kurze Unterbrechung erleiden.«
»Welche?«
»Ich habe stets das seltene Glück gehabt, mit meinen Leuten zufrieden sein zu können, bekam aber vor meiner letzten Fahrt doch einen Kerl an Bord, der mir ein Weniges zu schaffen machte. Damit er die Andern nicht anstecken sollte, kam ich auf den Gedanken ihn auszusetzen – – –«
»War das nicht ein wenig grausam?«
»Gar nicht. Ich gab ihm Proviant die Menge und setzte ihn auf eine kleine Insel, die ihm mehr Früchte und Wasser liefert, als zehn Männer brauchen.«
»Also eine kleine Robinsonade?«
»Klein und kurz, denn er sollte dort bleiben nur bis ich wieder vorüberkommen würde.«
»Das werden Sie jetzt?«
»Ja. Das Eiland liegt zwar ein wenig außer der Route, aber gerade deshalb paßte es mir zu dem angegebenen Zwecke. Ich wußte, daß es nur allein mir bekannt sei und also kein anderes Schiff die Einsamkeit meines Büßers verkürzen werde.«
»Sie wird ihn gebessert haben.«
»Ich hoffe es; er war nur leichtsinnig, nicht aber boshaft.«
»Wann werden wir dort anlegen?«
Der Kapitän prüfte das Segelwerk.
»Ich halte bereits etwas außer der Route nach Süd, und bei dieser Luft ist vorauszusehen, daß wir das improvisirte Gefängniß noch heute Nacht erreichen werden. Wo nicht, so werde ich bis zum Morgen vor demselben kreuzen.«
Während dieses Gespräches saß der Schiffszimmermann mit den beiden Laskaren vorn im Quartier. Es war ein alter holländischer Seebär, hatte sich aber so viel und lange in diesen Gewässern herumgetrieben, daß es ihm nicht schwer wurde sich mit einem Malayen, einem Singhalesen oder einem Indier verständlich zu machen.
»Also Du sagst, daß wir nicht den rechten Kurs einhalten?« frug Lidrah.
»Ich? Hm! Meinst Du? Hm, ja, so etwas habe ich gesagt.«
»Welche Seite sollten wir denn eigentlich halten?«
»Welche Seite? Hm! Ich glaube, der eigentliche Kurs liegt mehr nach Lee.«
»Aber warum lassen wir ihn denn fallen?«
»Wen? Hm! Den richtigen Kurs? Hm, das wird wohl wegen Hilbers sein.«
»Hilbers? Wer ist das?«
»Wer das ist? Hm! Das ist nicht, sondern das war. Nämlich das war der Segelmacher hier an Bord.«
»Wegen was ist es denn wegen ihm?«
»Wegen was? Wegen ihm? Hm, weil er da gerade vor unserem Bug wohnt.«
»Das verstehe ich nicht!«
»Glaube es. Hm! Erst wohnte er allerdings nicht dort, sondern in seiner guten Koje auf dem Bahadur; dann aber macht er das Ding zu stark.«
»Welches Ding?«
»Welches? Hm! Ich denke, es wird entweder seine Segelnadel oder sein Maul gewesen sein. Das eine war nämlich so spitz und scharf wie das andere.«
»So erzähle doch weiter!«
»Erzählen? Hm! Kann man denn erzählen, wenn man nicht gefragt wird?«
»Allerdings!«
»Glaube es nicht, denn aus Wind und Segel wird eine Fahrt, und aus Rede und Antwort wird eine Geschichte. Oder meint Ihr, daß ich nicht Recht habe?«
»Also was war es denn mit diesem Segelmacher?«
»Was? Hm! Ihr wißt doch, daß die Subordination allerorts die Hauptsache ist!«
»Das wissen wir.«
»Schön! Hm! Und gerade von dieser
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