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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Verwandten auf Besuch zu gehen, ist aber dort weder eingetroffen noch zu uns zurückgekehrt.«
    »Es ist ihr ein Unglück widerfahren!«
    »Natürlich!«
    »Sie wurde unterwegs überfallen, beraubt und ermordet!«
    »Nein.«
    »Nein? Du sagst dies mit solcher Sicherheit? Habt Ihr eine Spur gefunden?«
    »Ja. Sie wurde mit einem Manne gesehen, der kein Anderer als der tolle Prinz sein kann, welcher gerade zu jener Zeit verreist war. Seitdem ist sie verschwunden.«
    »Und Ihr habt kein Lebenszeichen von ihr erhalten?«
    »Nicht das mindeste. Vater hat sich alle mögliche Mühe gegeben, das Dunkel aufzuklären, aber vergeblich. Er mußte dabei alles vermeiden, was uns kompromittiren konnte, und das ist der Grund, weshalb unsere mehrjährigen Nachforschungen keinen Erfolg hatten. Jetzt nagt der Gram an dem Herzen und dem Leben der Eltern, das Faktum läßt sich kaum mehr verbergen, und dennoch bleibt der Prinz frech und undurchsichtig wie zuvor. Ich bin zwar noch ein halber Knabe, aber er mag sich hüten, zwischen meine Hände zu gerathen!«
    »Und dies ist also der Grund, wegen dessen Du in norländische Dienste tratest?«
    »Ja. Ich mag einem Lande nicht dienen, in dessen Herrscherfamilie der raffinirteste Satan lebt, der jemals unter Menschen gewandelt hat. Seine Thaten, welche oft dem Verbrechen so ähnlich sehen wie ein Ei dem andern, sind offenkundig, man erzählt sie sich laut und ohne alle Scheu, ohne daß bei Hofe dadurch der geringste Eindruck hervorgebracht würde. Eine einzige seiner Handlungen hätte einen gewöhnlichen Mann in das Zuchthaus gebracht; er aber ist Prinz des königlichen Hauses und darf sündigen nach Wohlgefallen.«
    »Ich hätte den Kerl ersäufen sollen!«
    »Du? Wann und wo?«
    »Und dennoch bin ich ihm eigentlich Dank schuldig, denn er ist die eigentliche Ursache, daß ich in das Haus des Generals von Helbig gekommen bin.«
    »Er? Das mußt Du mir erzählen!«
    »Gern.«
    Er berichtete von jener Wasserfahrt im Seebade Fallum, und als er geendet hatte, hielt der Zug an der Station, wo Beide aussteigen mußten. Kurze Zeit später fuhren sie in einem Miethswagen Schloß Helbigsdorf entgegen.
    Dort saß der General in seinem Arbeitszimmer, welches von einem dichten Tabaksqualm erfüllt war. Auf der Diele, dem Sopha und den Stühlen lagen seine zwölf Hunde; er selbst las in einem Buche, welchem er seine vollste Aufmerksamkeit zu widmen schien. Eben hatte er sich eine neue Pfeife angesteckt, als er eine Miene zog, als ob der Geruch des Tabaks ihm die Nase zerreißen wolle. Er zog die Glocke, und gleich darauf trat der Diener ein.
    »Kunz!«
    »Herr General!«
    »Was ist das hier?«
    »Eine Tabakspfeife.«
    »Wem gehört sie?«
    »Natürlich dem Herrn General. Verstanden?«
    »Aber nicht Dir!«
    »Nein.«
    »Und doch hast Du sie für Dich gestopft!«
    »Für mich?«
    »Ja, und sie nachher hierher gehängt, ohne sie vorher auszurauchen.«
    »Donnerwetter, Exzellenz, das ist die größte Lüge, die es nur geben kann! Verstanden?«
    »Mensch, werde nicht grob! Hier hast Du die Pfeife; ziehe einmal!«
    Kunz führte die Pfeife zum Munde und that ein paar gehörige Züge, wobei er dem General die dichten Tabakswolken ganz ungenirt in das Gesicht blies.
    »Hm!« knurrte er.
    »Nun?«
    »Hm!«
    »Was ist das für Tabak?«
    »Rollenknaster mit etwas Portoriko vermischt, Exzellenz. Verstanden?«
    »Und wer raucht diesen famosen Rollenknaster, mit etwas Portoriko vermischt?«
    »Ich.«
    »Und was rauche ich für Tabak, he?«
    »Den reinen Varinas.«
    »Nun, alter Schwindelmeier, da hast Du also Dir den Varinas eingestopft, und ich soll Deinen Rollentabak rauchen!«
    »Schwindelmeier? Donnerwetter Exzellenz, das leide ich nicht! Verstanden?«
    »Maul halten! Sind Deine Pfeifen gestopft?«
    »Ja.«
    »Hole sie!«
    Kunz entfernte sich und kam gleich darauf wieder zurück.
    »Hier sind die Pfeifen, Herr General. Und hier sind auch die beiden Tabaksbüchsen, nämlich die meinige und die Ihrige. Verstanden? Wollen doch sehen, ob ich ein Schwindelmeier bin.«
    »Stecke eine davon an!«
    »Zu Befehl!«
    Er setzte eine von seinen Pfeifen in Brand, und Beide steckten ihre Nasen prüfend in die Rauchwolke, welche er mit einer Miene von sich paffte, als ob er den General verschlingen wolle. Doch bereits im nächsten Augenblicke bekam sein Gesicht einen ganz andern Ausdruck, er zog eine höchst bedenkliche und dann sehr verlegene Grimasse.
    »Nun,« frug der General, »was für Tabak ist das da in Deiner

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