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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Kadetten haben jedenfalls noch Koffer bei sich.«
    »So kann blos Eine von uns mitfahren, und Zwei müssen zurückbleiben.«
    »Aber welche fährt mit?«
    »Ich!«
    »Ich!«
    »Ich!«
    Diese drei »Ichs« waren in dem entschiedensten Tone ausgesprochen, und dabei blitzten sich die drei Schwestern mit Augen an, welche nicht sehr freundlich genannt werden konnten.
    »Ich werde fahren,« meinte die Blaue; »ich habe das Vorrecht, denn ich bin die Aeltere.«
    »Nein,« entgegnete die Purpurne, »dieses Vorrecht gebührt mir; ich bin die Jüngere.«
    »Entscheide Du, liebe Wanka,. Du bist hier nicht Partei!«
    »Dies Recht gebührt weder der Aelteren noch der jüngeren, sondern ich werde fahren, denn ich bin die Mittlere!«
    »Du? Was fällt Dir ein!«
    »Ja, was fällt Dir ein!«
    »Wenn der Herr Lieutenant von Wolf da wäre, würde er Euch beweisen, daß ich Recht habe,« erklärte die Grüne, indem sie ihr Meerschweinchen liebkoste.

    »Er würde vielmehr meine Partei ergreifen!« behauptete Freya.
    »O nein, sondern die meinige!« rief Zilla.
    Da ließ sich plötzlich eine laute jubelnde Stimme vernehmen, und durch das seitwärts stehende Gebüsch brach Magda. Sie eilte auf die kämpfenden Schwestern zu.
    »Er kommt!« rief sie.
    »Wer?«
    »Kurt!«
    »Kurt? Nicht möglich!«
    »Und doch!«
    »Er kommt erst morgen!«
    »Er kommt heute, er kommt jetzt; ich habe ihn gesehen.«
    »Wo?«
    »Er kommt die Straße heraufgefahren, und es sitzt noch einer bei ihm.«
    »Wie sind sie gekleidet?«
    »In Uniform.«
    »In Uniform? Mein Gott, wenn der Andere nun gar kein Kadett wäre!«
    »Sondern ein Lieutenant!«
    »Ein Kapitän!«
    »Ein Kommodore!«
    »Ein Admiral!«
    »Schnell nach Hause. Wir müssen Toilette machen und fertig sein, ehe sie kommen!«
    Sie flogen davon. Magda blieb stehen. Sie stand jetzt in dem Uebergangsalter zwischen Mädchen und Jungfrau; sie war ein reizendes Wesen, und es ließ sich mit großer Bestimmtheit sagen, daß sie einst eine vollendete Schönheit sein werde.
    »Gehe ich ihm entgegen?« frug sie sich. »Ja! – Aber der Andere? Pah, der geht mich nichts an. Ich habe Kurt drei Jahre lang nicht gesehen und muß die Erste sein, die ihm Willkommen sagt.«
    Sie eilte zwischen den Bäumen dahin, bis sie an die Straße gelangte. Der Wagen war ihr bereits ganz nahe, als sie ihn erblickte. Sie schritt ihm schnell entgegen und rief, vor Freude die kleinen Händchen zusammenschlagend: »Kurt! Willkommen, lieber Kurt!«
    Dann aber blieb sie plötzlich stehen, während tiefe Röthe ihr Angesicht überflog. Der da während des Fahrens aus dem Wagen sprang und auf sie zueilte, war nicht der Knabe, wie sie ihn vor drei Jahren gekannt hatte; er war ein Jüngling geworden, den die Uniform tausendmal schöner ließ, als den alten dürren Lieutenant von Wolff, der immer kam, um den drei Tanten Artigkeiten zu sagen.
    »Magda!«
    Er sprang auf sie zu, umarmte sie und küßte sie herzlich auf die Lippen. Sie erglühte womöglich noch mehr als vorher.
    »Ist Alles wohl daheim?«
    »Ja.«
    »Papa zu Hause?«
    »Ja.«
    »Die Fräuleins?«
    »Ja.«
    »Meine Mutter?«
    »Ja.«
    »Kunz und alle Andern?«
    »Ja.«
    Sie gab so kurze einsilbige Antworten, weil sie ihre Verlegenheit noch immer nicht überwinden konnte. Er mußte es endlich bemerken.
    »Was ist mit Dir, Magda?«
    »Nichts. Ich bin so sehr gelaufen.«
    »Um mir entgegen zu kommen? Da muß ich Dich nochmals küssen!«
    Er that es und vermehrte dadurch nur ihre Befangenheit.
    »Hier bringe ich Dir einen Freund mit!« Und dann fügte er vorstellend die Namen hinzu: »Graf Karl von Mylungen – Magda von Helbig, lieber Karl!«
    Der Andere war auch ausgestiegen und verbeugte sich grüßend.
    »Gib mir Deinen Arm, Magda! Wir werden bis zum Schlosse gehen.«
    Er nahm ihren linken Arm in den seinigen und Mylungen bat sich den rechten aus. So schritt sie zwischen den Beiden auf der Straße dahin wie eine richtige große erwachsene Dame zwischen zwei Rittern, die für sie kämpfen und sterben wollen. So hatte sie zuweilen in einem Buche gelesen, und als noch einige freundliche oder erkundigende Worte gefallen waren, erhielt sie ihre Fassung zurück und wagte es nun, die beiden jungen Herren ganz verstohlen ein wenig mit einander zu vergleichen.
    Der Graf war schön, das schien ihr unumstößlich; Kurt aber war noch schöner. Er sah zwar nicht so vornehm aber doch viel kräftiger, frischer und zutraulicher aus. Es war wirklich schade, daß sie nicht ganz und gar allein mit ihm

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