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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aus.«
    »Also ich darf mich sogar aufsetzen?«
    »Ja. Der Müller hat die beiden Gäule eingehandelt, und ich mußte sie holen.«
    »Welchen überlassen Sie mir?«
    »Welchen Sie wollen.«
    »Auf welchem sind Sie geritten?«
    »Ich laufe.«
    »Warum? Zwei ledige Pferde und laufen, das fällt Niemanden ein zu thun.«
    »Aber mir. Ich reite nie.«
    »Ihres Beines wegen?«
    »Nein. Meines Gelübdes wegen.«
    »Sie haben ein Gelübde gethan, daß Sie niemals reiten wollen?«
    »Ja.«
    »Warum denn?«
    »In wie fern denn und in wie so denn? ja, das ist eine verfluchte Geschichte!«
    »Darf man sie nicht hören?«
    »Warum nicht! Soll ich sie Ihnen vielleicht erzählen?«
    »Ich ersuche Sie darum.«
    »Gut,« meinte Brendel, der ganz glücklich war, seine Erzählung wieder einmal an den Mann zu bringen. »Das war nämlich damals, als ich als Knappe in der Sonntagsmühle in Arbeit stand. Da kommt eines schönen Tages ein Roßkamm und bietet uns ein Pferd an.«
    »Was für eines?«
    »Einen Apfelschimmel, der aber keine Apfeln mehr hatte, denn in wie fern denn und in wie so denn, er hatte sie vor Alter schon längst wieder verloren. Das Viehzeug war nicht sehr hoch, aber kräftig gebaut und sehr gut erhalten, weil es in vortrefflicher Pflege gestanden hatte. Es trug das Militärzeichen und hatte bei den Husaren gedient. Dann hatte es ein Pferdeverleiher gekauft, und weil es gar so ein frommes und geduldiges Pferd gewesen war und einen Trompeter getragen hatte, kam es sogar zuweilen in das Theater, denn in wie so denn und in wie fern denn, es gibt doch Stücke, in denen ein Schauspieler zuweilen auf einem wirklichen lebendigen Pferde auf der Bühne erscheinen muß.«
    »Ich kenne solche Stücke.«
    »Na sehen Sie, junger Herr. Da wird dann allemal die hintere Treppe so vorgerichtet, daß das Pferd leicht in das Theater kann und gleich auf die Bühne kommt. Nachher war der Apfelschimmel älter geworden, und der Pferdeverleiher hatte ihn an den Roßkamm verhandelt, von dem wir ihn auch wirklich kauften.«
    »War er denn noch zu gebrauchen?«
    »Ja. Ein Bischen maulhart war er, denn in wie fern denn und in wie so denn, es geht den Pferden wie den Menschen; je älter man wird, desto mehr hört das zarte Gefühl im Maule auf, und wenn der Schimmel dann einmal den Rappel bekam, dann mußte man ihn gehen lassen, weil er dann partout nicht zu lenken war.«
    »Sie haben ihn wohl nicht geritten?«
    »O sehr oft.«
    »Aber ich denke, daß Sie nie reiten!«
    »Damals hatte ich doch mein Gelübde noch gar nicht gethan.«
    »Ach so. Fahren Sie fort.«
    »Eines schönen Nachmittages mußte ich in die Stadt. Ich setzte mich auf den Apfelschimmel, ritt fort und kam auch wohlbehalten dort an. Ich hatte aber ungewöhnlich viel zu besorgen und konnte daher erst spät an die Rückkehr denken.«
    »Ist auch hübsch ausgefallen!« lachte der Wirth, der die Geschichte bereits kannte.
    »Halte das Maul! Oder willst Du das Dings an meiner Stelle erzählen?«
    »Fällt mir nicht ein. Erzähle nur weiter!«
    »Ich mußte über den Theaterplatz, den mein Schimmel sehr gut kannte. Unglücklicher Weise nun wurde ein Stück gegeben, von dem ich noch niemals etwas gehört hatte, das ich mir aber nachher angesehen und genau gemerkt habe, denn in wie fern denn und in wie so denn, es hat mich in das Malheur gebracht und ist Schuld an dem Gelübde, welches ich gethan habe und auch halten werde, so lange ich lebe.«
    »Was ist es für ein Stück?«
    »Es kommt eine Stumme darin vor.«
    »Ah, die Stumme von Portici!«
    »Ja, so heißt das Stück, und es spielt von einem Kerl, der ein Fischer ist und Masaniello heißt, eine große Rebellion macht und mit einem lebendigen Pferde auf die Bühne geritten kommt. Dazu war früher mein Schimmel gebraucht worden, und er kannte nicht nur das Stück und die Musik ganz genau, sondern ebenso auch den Weg von dem Theaterplatze die Treppe hinauf bis hinter die Koulissen.«
    »Aha, ich errathe!«
    »Ja, nun kommt es, das Malheur! Also, ich reite über den Theaterplatz; da fangen auf einmal drinnen die Pauken, Trommeln, Trompeten und Klarinetten an, und es beginnt eine Musik, die meinem Schimmel bekannt vorkommen muß, denn in wie fern denn und in wie so denn, er spitzt die Ohren, fängt an zu schnauben, steigt in die Höhe und schüttelt ganz bedenklich mit dem Kopfe. Wieder wirbelt, paukt und donnert es drinnen los, und das Volk von Neapel singt die Worte, die ich nachher auswendig gelernt habe, weil sie schuld an meinem

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