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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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fromme Hände allerlei duftende Zierde gepflanzt hatten.
    »Hier ruhen die Väter Ihres Klosters?« frug Hugo.
    »Welche eingingen in die Hütten der Seligen,« antwortete der Prior.
    »Und die Mütter dort unten, haben sie einen eigenen Friedhof?«
    »Nein. Die beiden Klöster wurden von dem frommen Ritter Theobald von Himmelstein zu gleicher Zeit gestiftet, und er bestimmte, daß die Väter und Mütter von einem und demselben Orden sein und an einem und demselben Orte zur ewigen Ruhe gebettet werden sollten. Friede sei mit seiner und mit ihrer Asche!«
    »Liegen die Väter und Mütter getrennt?«
    »Nein, obgleich dies anderwärts unter gleichen Verhältnissen nicht Sitte ist. Aber es stehet geschrieben: ›Sie werden nicht freien und nicht gefreit werden;‹ die Engel und die Seligen kennen kein Geschlecht und keine andere Lust, als die Lust am Herrn. Darum dürfen die in Christo Entschlafenen bei einander ruhen ohne Aergerniß. Ihre Seelen schweben um den Thron Gottes und sind rein gewaschen von allem Schmutze dieses Lebens.«
    »Darf man das Kloster der frommen Frauen auch besuchen?«
    »Nur Auserwählten ist es erlaubt.«
    »Darf ich mich zu diesen Auserwählten rechnen?«
    »Ich bitte in Unterthänigkeit darum!«
    »Ich muß gestehen, daß ich in geistlichen Dingen einigermaßen unerfahren bin. Ihr Kloster steht in keinem amtlichen Zusammenhange mit diesem andern.«
    »Doch. Weder die Priorin noch irgend eine der Schwestern hat das Recht, eine kirchliche Handlung vorzunehmen. Das dürfen nur wir.«
    »So verkehren Sie in Folge Ihrer priesterlichen Würde wohl oft mit den frommen Schwestern?«
    »Sehr oft. Habe ich doch die Oberaufsicht über das Schwesterhaus zu führen. Soll eine Messe celebrirt, eines der heiligen Sakramente ertheilt oder sonst eine kirchliche und priesterliche Handlung vorgenommen werden, so muß entweder ich oder einer der Brüder hinuntergehen.«
    In diesem Augenblicke bückte sich der Prinz, griff zwischen die Epheuranken hinein und zog einen Gegenstand hervor, den er sehr aufmerksam betrachtete. Auch der Prior sah ihn und entfärbte sich leicht.
    »Sind Sie ein Physiolog, Hochwürden?«
    »Nicht sehr.«
    »Aber doch so viel, um diesen Gegenstand bestimmen zu können. Bitte, wollen Sie sich denselben einmal betrachten!«
    »Hm, die Röhre von einer Gans, wie ich vermuthe.«
    »Ja, eine Röhre ist es allerdings, doch das Geschöpf, an dessen Bein sie sich befand, muß noch sehr jung gewesen sein, da die Knochenbildung so wenig vorgeschritten war, daß die beiden Röhrenköpfe noch ganz aus Knorpel bestanden. Vielleicht ein Lamm. Aber dessen Knochen vergräbt man doch nicht in geweihter Erde.«
    »Diese Röhre war wohl auch nicht vergraben. Sie lag frei zu Tage.«
    »Aber sie hat längere Zeit, wenn auch nicht Jahre lang, in der Erde gelegen.« Er barg die Röhre sorgfältig wieder an dem Orte, an welchem er sie gefunden hatte, und fuhr dann fort: »Es muß etwas Großes sein um das Amt eines geistlichen Hirten. Kein Fürst, kein König hat die Macht, die ihm gegeben ist.«
    »Ja; der Herr verleiht seinen Dienern die höchste Gewalt, sie können die Seligkeit verweigern, sie vermögen aber auch den Himmel zu öffnen.«
    »Welch ein Bewußtsein muß es sein, an Gottes Statt dazustehen und der Vertreter des höchsten Wesens zu sein, dem jeder in vertrauender Ehrfurcht nahen kann. Wird diese Gewalt nicht vielleicht zuweilen mißbraucht, Hochwürden?«
    »Das wäre die Sünde wider den heiligen Geist, die niemals vergeben wird.«
    »Niemals?«
    »Nie.«
    »So dürfte sie auch von der weltlichen Gerechtigkeit nicht vergeben werden.«
    »Hoheit irren. Hier hat das weltliche, das bürgerliche Gesetz nicht mitzusprechen, sondern dieser Fall gehört einzig und allein in die Disziplin des priesterlichen Standes.«
    »Ich will Ihnen einen Fall erzählen: Ein König, Bekenner der alleinseligmachenden Kirche, hatte, um eine große Gefahr von sich und seinem Lande abzuwenden, einen geheimen Traktat mit dem protestantischen Monarchen des Nachbarlandes abzuschließen. Er wußte bereits vor Abfassung des Vertrags, daß er die Bestimmungen desselben brechen werde, und zog seinen Beichtvater zu Rathe. Dieser absolvirte ihn und hieß sein Vorhaben gut, da der Kontrahent ja ein Ketzer sei. Dieser Beichtvater stand, ich weiß nicht in Folge welcher Umstände, unter der Gewalt einer alten Zigeunerin, die also eine Heidin war. Sie hieß Zarba. Ihr machte er, ich weiß nicht ob freiwillig oder erzwungen,

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