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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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jetzt heim und sprich mit Deinem Gewissen. Es wird Dir den rechten Rath ertheilen!«
    Der Minister verbeugte sich und ging. Eben als er in den Palast treten wollte, tauchte eine Gestalt vor ihm auf. Es war der Rittmeister.
    »Nun, Du hast mit dem Rajah gesprochen?«
    »Ja.«
    »Was sagte er?«
    »Er trauert.«
    »Warum?«
    »Weil er ahnt, daß ich Euer Freund geworden bin.«
    »Und Du trauerst mit?«
    »Nein. Ich habe seinem Vater treu gedient, denn er wußte meine Treue zu belohnen. Dieser aber mästet seine Unterthanen und läßt seine Minister hungern. Verdopple die Summe, welche Du mir geboten hast, und das Königreich Augh ist Euer!«
    »Darüber muß man noch sprechen. Doch jetzt komm, es ist hier nicht der geeignete Ort zu solchen Geschäften. Diese Muskatbäume könnten Ohren beherbergen, die uns gefährlich sind.«
    Sie verschwanden unter den Säulen.
    Der Maharajah war tiefer in den Garten hineingegangen und hatte sich dann hinüber nach der für die Frauen bestimmten Abtheilung gewendet. Er erreichte einen in arabischem Stile erbauten Kiosk, welchen ein aus dem Ganges abgeleiteter kleiner Kanal von drei Seiten umfloß, um Denen, welche darin Ruhe und Erholung suchten, die Gluth der indischen Sonne durch die Verdampfung des Wassers zu kühlen. Einige Stufen führten zum Eingange empor. Er stieg hinan, bis er einen Vorhang erreichte, welcher aus den feinsten Kaschmirgespinnsten bestand. Hier schlug er leicht die Hände zusammen.
    »Rabbadah!«
    »Wer ist es?« frug eine weibliche Stimme von innen.
    »Dein Bruder. Darf ich eintreten?«
    »Komm herein, mein Lieber!«
    Er schob den Vorhang zur Seite und trat ein. Er befand sich in einem kleinen, achteckigen Gemache, welches mit einem Luxus ausgestattet war, den nur ein orientalischer Fürst erdenken und bestreiten kann. Auf dem reichen schwellenden Sammetpolster ruhte ein Wesen, welches aus dem Himmel Muhammeds herniedergestiegen zu sein schien, um die süßesten und entzückendsten Begriffe und Vorstellungen der Schönheit und Liebe zu verkörpern. Auch ein Meister aller Meister unter den Malern hätte nicht vermocht, diese Schönheit auf die Leinwand zu zaubern, und kein Dichter, selbst kein Hafis hätte vermocht, dieses Götterbild gebührend zu besingen, und wäre der Rajah nicht ihr Bruder gewesen, er wäre vor ihr niedergesunken, um ihr sein Königreich für ihre Liebe anzubieten.
    Sie empfing ihn mit einem holdseligen Lächeln und reichte ihm die Hand entgegen.
    »Willkommen, mein Freund. Schon wieder sehe ich Wolken auf Deiner Stirn.«
    »Sie werden wohl niemals wieder vergehen!«
    »Hat die Hand Deiner Schwester ihre Macht verloren? Hat sie Dir nicht stets geholfen?«
    »Ja. Wenn mein Herz bekümmert war, kam ich zu Dir, und Du machtest mich wieder fröhlich, fröhlicher, als es eine meiner Frauen vermocht hätte; denn Du gabst mir nicht nur Liebe, sondern auch den Rath, der mir immer der Beste war.«
    »So ist mein Rath jetzt nicht mehr so gut und heilsam wie vorher, mein Bruder?«
    »Er ist noch so, Rabbadah, aber die Gefahren, welche mich umschweben, sind größer als die früheren.«
    »Welche sind es? Theile sie mir mit, ich werde Dir überlegen helfen!«
    »Du weißt, daß die Engländer gekommen sind – – –«
    »Ah, von daher droht Dir Gefahr? Sagtest Du mir nicht, daß sie als Deine Freunde kämen, um ein Bündniß mit Dir abzuschließen, welches Dir viele Vortheile bringt?«
    »Ich sagte es, denn ich glaubte es nicht anders. Heute aber bin ich vom Gegentheile überzeugt.«
    »Wer gab Dir diese Ueberzeugung?«
    »Ein Dragoman 3 , den ich miethen wollte, damit meine Diener mit den Engländern sprechen können.«
    »Was sagte er?«
    »Er erzählte mir, daß er noch vor kurzem in Lada gewohnt habe. Da ist ein Indier zu ihm gekommen und hat ihm viel Geld zu einer Unterredung mit einem Engländer gegeben. Auch dieser hat ihn außerordentlich gut bezahlt. Die Unterredung hat im Geheimen stattgefunden und sich auf eine Summe bezogen, welche mein Minister Tamu von dem englischen General Haftley erhalten soll. Wofür diese Zahlung erfolgen solle, ist nicht erwähnt worden. Sie sind nicht einig geworden. In dem Indier hat der Dragoman einen Schreiber meines Ministers und in dem Engländer heut einen Offizier erkannt, der mit dem General gekommen ist. Vorhin ging ich mit Tamu nach dem Garten und erblickte im Vorübergehen die Gestalt des Franken, welcher Rittmeister ist und Mericourt heißt. Er hat unter den Muskatbäumen auf die Rückkehr des

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