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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ministers gewartet, um unser Gespräch von ihm zu erfahren. Beide ahnen nicht, daß ich ihn gesehen habe.«
    »Was haben Dir die Engländer für Vorschläge gemacht?«
    »Noch kenne ich sie nicht. Ich werde sie erst morgen erfahren.«
    »Durch Tamu?«
    »Durch ihn.«
    »Entziehe ihm die Verhandlung oder tödte ihn sofort.«
    »Er hat meinem Vater treu gedient, und so will ich sein Leben schonen, so lange nicht die Beweise seiner Untreue offen liegen. Aber ich werde ihm verbieten, ferner mit den Engländern zu verhandeln. Auch ich dachte daran, was Du mir räthst, doch habe ich es ihn nicht merken lassen.«
    »Wen wirst Du an seine Stelle setzen?«
    »Keinen Eingeborenen.«
    »Keinen Indier? Wen sonst?«
    »Einen Franken.«
    »Einen Franken? Bruder, das wirst Du nicht thun. Die Franken sind falsch!«
    »Die Indier auch, ganz ebenso. Es gibt überall fromme und gottlose, treue und untreue, gute und böse Menschen. Dieser Franke ist treu.«
    »Wer ist es? Hat er Dir bereits gedient und seine Treue bewiesen?«
    »In dem Sinne, in welchem Du es meinest, noch nicht. Aber wenn ich Dir seinen Namen sage, so wirst Du glauben, daß ich ihm vertrauen kann.«
    »Sage ihn!«
    »Alphons Maletti.«
    »O, der tapfere und starke Lieutenant, welcher Dir das Leben rettete, als Dich die Thugs 4 überfielen?«
    »Derselbe.«
    »Wo ist er?«
    »Er ist mit dem General gekommen und wohnt mit in meinen Gemächern.«
    »Darf ich ihn einmal sehen?«
    »Du sollst ihn sehen. Ich werde den Gästen zu Ehren ein Kampfspiel veranstalten, bei welchem auch meine Frauen in ihren vergitterten Logen anwesend sein werden. Da kannst Du ihn sehen.«
    »Du wirst mir sagen, wo er sitzt!«
    »Ja. Glaubst Du nun, daß mir dieser Franke treu sein wird?«
    »Ich glaube es. Er hat Dein Geheimniß treu bewahrt, obgleich er großen Nutzen hätte davon haben können. Er ist nicht nur stark und tapfer, sondern auch verschwiegen, edel und uneigennützig.«
    »Er hat auch später nichts erzählt, als ich bereits Kalkutta verlassen hatte. Ein Anderer hätte wenigstens damit geprahlt, daß er einem mächtigen Könige das Leben gerettet habe.«
    »Sollte er wirklich auch dann noch geschwiegen haben?«
    »Ja, ich habe heute den Beweis erhalten. Als ich ihn zu mir rief, um ihn auszuzeichnen, staunten alle seine Begleiter darüber, daß ich ihn kannte. Der General warf ihm, als ich sagte, daß wir uns in Kalkutta gesehen hätten, einen sehr bösen Blick zu, der mich vermuthen läßt, daß er ihn bestrafen wird.«
    »Dann nimmst Du ihn in Deinen Schutz!«
    »Ich schütze ihn. Vorhin wurde er zum General gerufen, wo er wohl erfahren wird, was über ihn beschlossen wurde. Er wird es mir mittheilen.«
    »Wann?«
    »Noch heute. Er wird in den Garten kommen.«
    »Wohin hast Du ihn bestellt?«
    »Nach der Bank unter den Drachenbäumen.«
    »Hast Du ihm bereits gesagt, daß er in Deine Dienste treten soll?«
    »Er ahnt von diesem Entschlusse nicht das mindeste.«
    »So bist Du mit Deinen Mittheilungen jetzt wohl zu Ende?«
    »Du möchtest gern, daß ich mich entferne?«
    »Nein, mein Bruder; aber ich möchte nicht, daß dieser Mann allzulange auf Dich wartet. Vielleicht ist der General sehr zornig gewesen und hat ihm gedroht. Da sollst Du ihn schnell zu erheitern suchen.«
    Der Maharajah lächelte.
    »Meine Schwester scheint diesem Franken sehr gewogen zu sein.«
    »Soll ich nicht? Muß ich nicht gern eines Mannes denken, der meinem Bruder das Leben rettete, welches mir so unendlich theuer ist?«
    »Glaube nicht, daß ich Dir darüber zürnte. Wohl, ich habe Dir jetzt nichts mehr mitzutheilen. Doch morgen sollst Du mehr erfahren. Ich gehe!«
    Er küßte sie auf die lilienweiße Stirn und verschwand hinter dem Vorhange. Sie wartete eine kleine Weile, dann erhob sie sich. Ihr Gewand war blau; es konnte nicht durch das nächtliche Dunkel schimmern. Sie hüllte sich in einen Shawl, der ihre ganze Gestalt bedeckte, verlöschte das Licht und verließ das Gartenhaus auch.
    Ihre Schritte brachten sie nach der größeren Abtheilung des Gartens. Es war das erstemal in ihrem Leben, daß sie eines Mannes wegen eines ihrer kleinen Füßchen rührte. Ihr Herz klopfte so eigenthümlich, wie es noch niemals geklopft hatte, ihre Wangen brannten, und ihre Stime glühte. Es war ihr, als ob sie im Begriffe stehe, ein schweres Verbrechen zu begehen.
    Jetzt erblickte sie die dichte Gruppe der Drachenbäume, von welcher der Rajah gesprochen hatte. Leise, ganz leise schlich sie sich im Schutze der

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