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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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übergeben.«
    »Wann bist Du gewöhnlich zu sprechen?«
    »Das kannst Du jeden Tag von der Bedienung erfahren, Sahiba. Mein Tag verläuft nicht ganz so regelmäßig wie der Tag eines Brahmanen, und jetzt, während das Land dem Feinde gehört, wird das noch ein wenig schlimmer werden. Welche Zimmer nimmst Du?«
    »Wir werden uns theilen: ich sechs und der Sahib sechs.«
    »Ich brauche nur ein einziges,« warf Maletti ein.
    »Ich auch nicht mehr,« antwortete sie lächelnd; »aber da zwölf da sind, so wollen wir thun, als ob wir auch Silidis seien.«
    »Und mein Pferd?« frug Alphons.
    »Deine sieben Pferde stehen unten im Stalle und werden gute Pflege finden, Sahib.«
    »Hast Du nach den Namen der Inglis gefragt, welche ich vorhin im Tempel gesehen habe?«
    »Ja.«
    »War ein Lieutenant Harry dabei?«
    »Nein.«
    »Das beruhigt mich. Er war ein braver Kamerad und hätte mich gedauert. Wird heut einer von Deinen Leuten nach Augh gehen?«
    »Sehr viele.«
    »So laß nach Allem forschen, was zu erfahren uns lieb sein könnte!«
    »Und,« fügte die Begum hinzu, »laß im Frauengarten des Palastes nachsehen, ob das Kiosk noch steht. Was Du für uns thust, werde ich Dir reichlich lohnen.«
    Er wehrte mit der Hand ab.
    »Sprich nicht von Lohn! Eine That, die um des Lohnes willen geschieht, ist nur eine Arbeit, aber keine gute That. Ich werde Deinen Befehlen gehorchen und auch nach dem Kiosk sehen; denn« – fügte er mit Bedeutung hinzu – »was er verbirgt, darf nicht in die Hände des Feindes fallen.«
    Sie blickte ihn überrascht an.
    »Was er verbirgt –? Was meinst Du?«
    Ein leises aber stolzes Lächeln ging über sein Gesicht.

    »Der Phansegar weiß mehr als Andere. Er erkundet das Verborgene und enthüllt die Geheimnisse seiner Feinde und seiner Freunde. Die Ersteren müssen fallen, das Eigenthum der Letzteren aber behütet er mit seiner Hand, und sein Auge wacht über ihrem Leben. Und wenn der Kiosk zerstört wäre, Du würdest dennoch wieder bekommen, was Dir gehört.«
    Er verließ den Raum und begab sich auf dem bereits bekannten Wege nach der vorderen Ruine zurück. Dort lag Madpur Sings Leiche im Schatten einer Mauer. Bei ihr hielten etliche Thugs die Wache. Er redete den einen von ihnen an.
    »Lubahl Du warst in Symoore?«
    »Ja.«
    »Kennst Du den Sultan?«
    »Ich war unter seinen Reitern und kenne ihn genau.«
    Er wandte sich an den andern:
    »Du warst in Kamooh?«
    »Viele Jahre.«
    »Und kennst den Rajah, der jetzt in Augh eingefallen ist?«
    »Ich kenne ihn.«
    »So hört, was ich Euch sage: Hier liegt der Fürst unseres Landes. Er war weise, gütig und gerecht; er wurde von seinen Feinden verrathen und starb unter ihren Streichen. Seine Seele soll aufsteigen zu dem Gotte des Lebens und des Todes, und dort sollen ihm dienen die Geister seiner Feinde von Ewigkeit zu Ewigkeit. Morgen, wenn die Sonne aufsteigt aus dem Schooße der Nacht, soll das heilige Feuer zusammenschlagen über seinem Leibe, und mit ihm wird es verzehren die Körper der Verräther, der Inglis, welche wir heute richteten, des Sultans von Symoore und des Rajah von Kamooh. Wißt Ihr nun, was ich Euch befehlen werde?«
    »Wir wissen es,« antworteten die Beiden mit einem Gleichmuthe, als ob es sich um eine leichte gewöhnliche Handlung, und nicht um eine lebensgefährliche verwegene That handele.
    »Ihr sollt den Sultan und den Rajah zu mir bringen, todt oder lebendig.«
    »Wir werden es!«
    »Der Phansegar scheut weder Qual noch Tod; aber ihr seid meine beste Söhne, die ich nicht gern verlieren mag. Nehmt Euch also so viele Brüder mit, als Ihr bedürft, um Eure Aufgabe zu lösen, ohne daß es Euer Leben kostet.«
    Die Augen dessen, den er Lubah genannt hatte, blitzten muthig auf.
    »Ich brauche keinen Bruder!«
    »So gehe! Ich weiß, Du wirst den Sultan bringen.«
    »Gib mir ein Pferd.«
    »Nimm das beste, welches Du findest.«
    »Ich kann nur das Schlechteste gebrauchen, denn ich werde es verlieren.«
    Lubah wandte sich ab und suchte das Innere des einstigen Tempels auf. In einem niedrigen aber weiten Raume stand eine beträchtliche Anzahl von Pferden, von denen einige bereits gesattelt waren. Er wählte sich ein ungesatteltes, führte es in das Freie, setzte sich auf und ritt davon.
    Die Art und Weise, wie er auf das Pferd gesprungen war und jetzt ohne Zaum und Zügel das Thier nur durch den Schenkeldruck regierte, ließ in ihm einen ausgezeichneten Reiter vermuthen. Der alte Fuchs unter ihm schien mit einem Male wieder jung

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