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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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geworden zu sein, und der Reiter zeigte eine solche freie leichte Haltung, als ob es ein so schwieriges Terrain, wie der schmale, viel gewundene Waldpfad bot, gar nicht gebe.
    In kurzer Zeit lag der Wald hinter ihm, und nun auf dem freien Felde kam er noch bedeutend schneller vorwärts als zuvor. Wenn er so fortritt, mußte er Augh sehr bald erreichen. Doch er hielt nicht in gerader Linie auf diese Stadt zu, sondern er schlug einen Bogen ein, der ihn um dieselbe herum bringen mußte. Jedenfalls beabsichtigte er vorher zu rekognosziren, ehe er einen entscheidenden Schritt unternahm.
    Es war gegen Abend desselben Tages. Der Sultan von Symoore hatte sein Hauptquartier in der immer noch rauchenden Stadt aufgeschlagen und für sich und seine nächste Umgebung fürs Erste den vom Feuer beinahe zerstörten Palast des getödteten Maharajah eingenommen. Er saß auf dem unversehrt gebliebenen Throne, auf welchem Madpur Singh die Engländer empfangen hatte, und um ihn her standen oder lagerten die Großen seines Reiches, dessen Verwaltung er in die Hände seines Veziers gelegt hatte, und die Obersten seines Kriegsheeres.
    Zahlreiche Boten kamen und gingen, ihm Nachricht zu bringen oder seine Befehle zu vollziehen, und für diejenigen, welche sich der Pferde bedienen sollten, stand eine Anzahl dieser Thiere im Hofe des Palastes bereit.
    Durch das Thor trat ein Mann, der sich langsam dem Throne näherte. Es war Lubah, der Phansegar. Schon machte er eine Wendung, um zu dem Sultan zu gelangen, als eine kleine Truppe von Reitern in den Hof einbog und vor den Stufen der Säulenhalle hielt, in welcher der Thron stand. Ihre Uniform kennzeichnete sie sofort als Engländer. Ihr Anführer, ein Colonel 22 , stieg ab und näherte sich dem Sultan in jener selbstbewußten Haltung, welche der britische Offizier selbst den höchsten indischen Fürsten gegenüber einzuhalten pflegt.
    Der Sultan runzelte die Brauen.
    »Wer bist Du?« frug er in halb zornigem Tone.
    »Mein Name ist Brighton, Colonel Brighton vom Heere Ihrer Majestät von England und Indien.«
    »Was willst Du hier?«
    »Ich bringe Dir zwei wichtige Botschaften.«
    »Sage sie.«
    »Der Oberstkommandirende unserer Armee, General Lord Haftley, ist nebst mehreren der wichtigsten Offiziere seit dem Kampfe bei Hobrah spurlos verschwunden, und unsere Nachforschungen haben ergeben, daß er einer Bande Thugs in die Hände gefallen sein muß – –«
    Er wollte weiter sprechen, doch der Sultan, dessen Stirn sich plötzlich glättete, unterbrach ihn:
    »Und die zweite Botschaft?«
    »Ich war im Lager des Maharajah von Kamooh, wo große Aufregung herrschte. Der Rajah ritt mit seinem Sirdar 23 aus dem Lager, um einen kurzen Ritt um dasselbe zu unternehmen. Nach einiger Zeit fand man den Sirdar todt am Boden liegen, der Rajah aber ist nicht wieder zurückgekehrt.«
    Die Züge des Sultans nahmen beinahe den Ausdruck der Freude an. Es wurde ihm schwer die Gefühle zu verbergen, welche er bei der Nachricht empfand, daß diese zwei gefährlichen Rivalen verschwunden seien.
    »Allah ist groß!« rief er: »Er sendet Tod und Leben nach seinem Wohlgefallen. Was hast Du mir noch zu sagen?«
    »Ich komme im Auftrage des Nächstkommandirenden. Du mußt uns helfen, die Thugs zu ergreifen und sie zu bestrafen!«
    Der Sultan lächelte überlegen.
    »Ich muß?« frug er, das letzte der beiden Wörter scharf betonend. »Du bist ein Christ und kennst unsem heiligen Kuran nicht. Der Prophet sagt: ›Des Menschen Wille ist seine Seele, und wer seinen Willen dahingibt, der hat seine Seele verloren.‹ Der Sultan von Symoore hat noch niemals gemußt, er hat stets nur das gethan, was im beliebte. Aber Ihr seid meine Freunde, und ich werde Euch daher freiwillig helfen dieThugs zu ergreifen. Doch sage mir vorher wo sie sich befinden.«
    »Das wissen wir nicht, und das sollst Du uns eben auskundschaften.«
    »So hält mich Dein General für seinen Spion und Polizisten? Ihr seid sehr fremd in diesem Lande, und daher will ich thun, als ob ich diese Beleidigung gar nicht gehört hätte. Aber sage sie nicht noch einmal, sonst lasse ich Dich von meinen Dienern niederschlagen!«
    Der Oberst legte die Hand an den Degengriff.
    »Ich bin als Abgesandter meiner Königin unverletzlich und stehe unter dem Schutze des Völkerrechtes.«

    »Du irrst. Du bist nur Abgesandter Deines Generales und stehest nur so lange unter dem Schutze Eures Völkerrechtes, als Du mich nicht beleidigst. Merke Dir das! Der Maharajah von Kamooh ist

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