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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nur dann sprechen, wenn allein Deine Ohren mich hören.«
    »Stehe auf und tritt näher zu mir heran!«
    Lubah gehorchte und begann mit so gedämpfter Stimme, daß nur der Sultan seine Worte verstehen konnte:
    »Herr, Du bist mächtig und reich, aber der Maharajah von Augh war noch reicher als Du – –«
    Augenblicklich nahm das Gesicht des Sultans den Ausdruck der höchsten Spannung an.
    »Rede weiter!« gebot er mit einer Stimme, die so freundlich klang, als ob er mit dem vertrautesten seiner Freunde rede.
    Lubah fuhr fort:
    »Wie reich der Maharajah war, weiß nur ich genau.«
    »Warst Du sein Schatzmeister?« frug der Sultan mit wohlberechnetem Spotte.
    »Nein. Er hatte keinen Schatzmeister, denn er brauchte keinen solchen.«
    »Warum?«
    »Seine Schätze bedurften nicht der Bewachung, denn kein Mensch außer ihm und der Begum wußte, wo sie sich befanden.«
    »Allah ist groß, und Du sprichst die Wahrheit. Ich habe überall gesucht und nichts gefunden. Aber rede weiter!«
    Seine Augen blitzten und seine Lippen bebten bei dem Gedanken an den unermeßlichen Reichthum, den man Madpur Singh zugeschrieben hatte, und der doch nicht aufzufinden gewesen war. Er begriff, daß sich die Mittheilungen Lubahs auf das Versteck dieser Schätze bezogen, und bebte vor Begierde, Aufklärung zu erhalten.
    »Muß ich Alles sagen?« frug der Phansegar, welcher sich Mühe gab, den habsüchtigen Sultan auf die Folter zu spannen.
    »Alles. Ich gebiete es Dir.«
    »Ich war krank und mußte, um meine Glieder zu stärken, viel im Flusse baden. Ich that dies am Liebsten am Abende, weil am heißen Tage das Licht meinem Auge und die Wärme meinem Kopfe Schmerzen bereitete. Einst lag ich spät um Mitternacht am Ufer, um vom Schwimmen auszuruhen. Da kam ein großes Boot den Fluß herab und legte ganz in meiner Nähe an. Zuerst stieg ein Naib 27 mit mehreren Dschuwans 28 aus und dann ein Sahib mit einem verschleierten Weibe. Der Sahib war Madpur Singh, der Maharajah von Augh, und das Weib war Rabbadah, die Begum – – –«
    »Allah il Allah,« unterbrach ihn der Sultan; »Du hast die Begum gesehen, das schönste Weib der Erde, welches kostbarer noch ist als alle Schätze des Rajah?«
    »Ich habe sie gesehen, erst verschleiert und dann auch ohne Hülle, wie der Selige im Paradiese die Houris der sieben Himmel erblickt.«
    »Und sie war wirklich so schön, wie man sich erzählt?« frug der Sultan begierig.
    »Noch tausendmal schöner! Als ich ihr Angesicht erblickte, war es mir trotz der Nacht, als ob ich in die helle strahlende Sonne schaute.«
    »Und diese Sonne ist verschwunden!«
    »Ich weiß, wohin.«
    »Ha, ist es wahr, daß Du dieses weißt?«
    »Ich rede die Wahrheit, o Herr.«
    »Wo ist sie? Wenn Du es mir sagen kannst, will ich Dich belohnen, daß Du reich wirst für Dein ganzes Leben. Aber in meine Hände, in mein Harem muß sie kommen; verstehst Du?«
    »Ich verstehe es, und Du sollst sie haben auch ohne daß Du mir Reichthümer gibst.«
    »Ich gebe sie Dir, das schwöre ich Dir bei Allah und dem Barte des Propheten.«
    »Ich brauche sie nicht, denn –« und die folgenden Worte stieß er mit wichtiger selbstbewußter Miene, aber nur ganz leise flüsternd hervor – »denn wenn ich nur will, so sind die ganzen Schätze des Maharajah Madpur Singh sofort mein Eigenthum.«
    »Wie? Dein Eigenthum?« frug der Sultan mit nicht beherrschter Hastigkeit.
    »Ja.«
    »So kennst Du den Ort, an welchem sie der Maharajah verborgen hat?«
    »Ich kenne ihn; ich kenne ihn so genau wie die Stelle, an welcher ich jetzt stehe.«
    »Wo ist er? Diese Schätze gehören nicht Dir, sondern mir. Ich habe Augh erobert, und Alles, was sich in diesem Lande befindet, ist mein rechtmäßiges Eigenthum.«
    »Bedenke, Herr, daß Du nicht allein nach Augh gekommen bist! Die Leute von Kamooh sind da und auch die Inglis. Wer nun ist der Besitzer des Landes Augh?«
    »Ich, denn die Hauptstadt befindet sich in meinen Händen.«
    »Die Hauptstadt, aber nicht der Schatz, denn dieser befindet sich außerhalb der Stadt.«
    »Wie? Außerhalb der Stadt? Das wäre ja ein großes Wagniß, eine große Unvorsichtigkeit von dem Maharajah gewesen. Hast Du die Wahrheit gesprochen?«
    »Die volle Wahrheit, Herr. Soll ich Dir meine Geschichte noch weiter erzählen?«
    »Thue es!«
    »Als der Rajah ausgestiegen war, begab er sich mit der Begum nach einem Orte, den ich Dir vielleicht noch zeigen werde, und die Andern folgten ihm. Sie hatten Hacken und Spaten bei sich; sie gruben und

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