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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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traten bis an den Altar heran.
    »Ihr sollt heut Euren ersten richtigen Streich vollführen. Habt Ihr Euch fleißig an Puppen geübt?«
    »Ja!« erscholl es aus drei Kehlen.
    »So zeigt, was Ihr gelernt habt!«
    Einer der Gefangenen wurde ergriffen und vor den Altar geführt. Der erste Neuling trat zu dem von drei Thugs festgehaltenen Mann heran und that, als wolle er ihm in das Gesicht blicken. Im Nu aber blitzte das verborgen gehaltene Messer, und der Kopf des Opfers rollte zu Boden.
    Im Augenblicke des tödtlichen Streiches faßte Alphons die Begum am Arme, und das war sehr wohl berechnet, denn sie hätte bei dem Anblicke dieses Mordes sicher einen Schrei nicht unterdrücken können.
    »Ich muß mich setzen,« flüsterie sie.
    »Und ich halte hier aus,« antwortete Maletti. »Es ist wohl das erste Mal, daß es einem Europäer vergönnt ist, einem solchen Opfer der Ihugs zuzuschauen, und ich bin es der Civilisation schuldig, daß ich mir die Fähigkeit erwerbe, ein vollgiltiger Zeuge dieser höllischen Schauspiele zu sein.«
    Und er hielt aus!
    Es dauerte wohl an zwei Stunden, ehe er zum Sitz zurücktrat, und während dieser Zeit hatte mancher gräßliche Schmerzensschrei und manches entsetzliche Todesröcheln den Weg zu der hohen Loge gefunden. Es gehörte dies nur zu hören die muthige Seele der Begum dazu.
    Da endlich erhob sich ihr Führer wieder.
    »Jetzt hat der Meister Zeit. Kommt!«
    Er führte sie einen Gang entlang, welcher immer bergab zu gehen schien und sie endlich wieder in das Freie führte. Auf einem sich ähnlich wie vorhin zwischen Felsenstücken durchwindenden Pfade gelangten sie von der andern Seite des Tempels wieder zu den Pferden.
    »Warum hast Du uns nicht hier gelassen? Warum mußten wir Dir in den Tempel folgen?« frug Alphons.
    »Weil ich dachte, der Meister würde noch nicht begonnen haben, und weil ich Euch zugleich prüfen wollte. Doch da kommt er!«
    Der Meister kam in Begleitung von wohl zwanzig seiner Untergebenen. Er erkannte den Lieutenant genau.
    »Du hier? Ich hörte, daß ein Mann und ein Weib mich zu sprechen begehrten, aber daß Du es seist, dachte ich nicht, da das Zeichen nicht auf der Stufe gefunden wurde.«
    »Deine Leute nahmen uns gefangen, noch ehe wir den Tempel erreichten.«
    »Kommst Du in einer Absicht?«
    »Ja. Ich möchte Dir eine Bitte vorlegen.«
    »Eine Bitte? Dem Phansegar? Sprich!«
    »Siehe Dir einmal diese Todten an!«
    Er nahm dem Leichnam das Tuch vom Gesichte. Der Phansegar trat hinzu, fuhr aber sofort zurück.
    »Madpur Singh, der Maharajah! Wer hat ihn getödtet? Du kommst, um Rache zu verlangen, und ich schwöre Dir, daß Du sie erhalten sollst!«
    »Siehe Dir diese Leiche an!«
    »Wer ist diese schöne Frau?«
    »Das Weib, das Glück des Maharajah. Man hat sie an seiner Seite ermordet.«
    »Das soll zehnfach gerochen werden! Und wer ist das Weib hier an Deiner Seite?«
    Die Prinzessin lüftete den Shawl, welcher ihr Gesicht verhüllte, ein wenig.
    »Ich bin Rabbadah, die Begum von Augh.«
    »Die Begum! Männer, schnell, kniet nieder und küßt den Saum ihres Gewandes! So! Und nun sage, wer hat den Maharajah und sein Weib erschlagen?«
    »Wir kennen den Mörder nicht,« antwortete Rabbadah. »Es geschah gestern Abend während der Eroberung von Augh.«
    »Der – Eroberung – von – Augh?«
    Er sprach jedes nachfolgende Wort mit größerer Verwunderung als das vorhergehende.
    »Ja.«
    »Träume ich denn? Ist Augh erobert worden?«
    »Ja.«
    »Und wann?«
    »Gestern oder vielmehr heut kurz nach Mitternacht.«
    »Unmöglich! Am Nachmittage war die Schlacht bei Hobrah, und die Inglis können unmöglich am Abende in Augh gewesen sein, zumal ich ihre Anführer gefangen nahm, um sie für den Verrath an dem Maharajah zu züchtigen!«
    »Die Inglis waren es nicht; es war der Sultan von Symoore.«
    »Dieser hat Augh überfallen?« frug der Meister erstaunt.
    »Ja.«
    »So ist er der Mörder des Maharajah, gleichviel, wer den Streich geführt hat! Ich habe am Abende die Inglis gefangen und während der Nacht hierher transportirt. Ich glaubte dem Maharajah durch den Schreck zu nützen, welcher in ihrem Lager ausgebrochen ist, sobald sie ihre Anführer vermißt haben. Und nun steht es so! Augh gehört dem Sultan von Symoore!«
    »Und wohl auch dem Rajah von Kamooh, welcher gestern Abend bereits im Anzuge war.«
    »Auch dieser! So ist auch er der Mörder unseres Maharajah. Sie sollen es büßen! Welche Bitte hast Du nun?« frug er den Offizier, und dann setzte

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