Die Kälte in dir (German Edition)
am Tor parkenden Sanitätsauto stand.
»Ein Mitarbeiter, der Erste, der heute Morgen hier war. Da brannte der Inhalt des Containers schon lichterloh. Die angrenzenden Gebäude sind Lagerhallen, weshalb niemand sonst das Feuer bemerkte. Auf der anderen Seite des Zauns sind Schrebergärten, in denen sich um diese Zeit wohl auch noch niemand aufhielt, und von der dahinterliegenden Bundesstraße aus ist das Areal wegen der Bepflanzung nicht einsehbar. Deshalb hatten wir Glück, dass der Mitarbeiter zeitig seine Arbeit antrat. Er hat uns umgehend verständigt und das Haupttor geöffnet. Damit waren wir schnell genug auf dem Gelände, um ein Übergreifen der Flammen auf die benachbarten Container zu verhindern. Hätte der Elektroschrott oder der Plastikmüll angefangen zu brennen, müssten wir hier alle mit Sauerstoffmasken rumlaufen.«
»Dann höre ich mir mal an, was der Herr zu berichten hat«, sagte Sonja und ging zu dem Angestellten hinüber.
»Können Sie schon was zur Brandursache sagen?«, fragte Kristina den Einsatzleiter.
Uwe Laub schürzte die Lippen. Unter dem Feuerwehrhelm rann ihm der Schweiß in Bächen über die geröteten Wangen. »In der Regel sind die Angestellten des Wertstoffhofs sehr sorgsam, was die Trennung der Materialen angeht. Bei der andauernden Hitze der letzen Tage kann eine Selbstentzündung, durch welche Ursache auch immer, nicht ausgeschlossen werden. Wenn Sie meine Meinung hören wollen, vermute ich eher Fahrlässigkeit oder Absicht. Wie auch immer, ich kann mich nicht festlegen, bevor wir den Brandherd nicht genau untersuchen können.«
»Wie haben Sie das Brandopfer entdeckt?«
Der Einsatzleiter deutete auf den Korb eines Löschfahrzeugs, der an der Drehleiter in fünf Meter Höhe schräg über dem Glutherd hing.
»Kann ich da hoch?«, fragte Kristina.
Laub verzog das rußverschmierte Gesicht. »Nicht ohne Schutzkleidung«, antwortet er. »Oder Sie warten noch eine Stunde.«
»Geben Sie mir was zum Überziehen«, verlangte Kristina.
In feuerfestes Material gehüllt und mit einem Helm auf dem Kopf kraxelte sie die schmale Leiter empor. Der zwei Nummern zu große Anzug war schwer, und innerhalb von Sekunden glaubte sie zu schmelzen, so heiß wurde ihr beim Aufstieg. Das Visier des Feuerwehrhelms engte ihr Sichtfeld ein. Der brennende Schweiß, der ihr in die Augen lief, verschlimmerte den Zustand noch. Die klobigen Handschuhe, die sie tragen musste, eigneten sich nicht dazu, sich damit übers Gesicht zu wischen.
Ein Feuerwehrmann reichte ihr die Hand und zog sie die letzten Sprossen hoch in den Korb. Oben angekommen, empfing sie die Hitze, die der Brandherd abstrahlte und die ihr die Atemluft raubte.
Die Höhe war schwindelerregend. Zu zweit war es eng in dem Korb, der mächtig zu schaukeln begann, als der Feuerwehrmann neben ihr den Ausleger in Richtung des dampfenden Rechtecks schwenkte. Direkt über den Höllenschlund, der das Grauen für sie bereithielt. Der aufsteigende Qualm biss ihr in die Schleimhäute. Ihre Augen tränten, doch sie konnte ihn sehen. Inmitten der nachglimmenden Aschehaufen.
Ein obszöner, zu einem Fötus gekrümmter Kohleklumpen. Zusammengebackenes Menschenfleisch, verschmolzen mit dem eisernen Untergrund.
Es war unmöglich zu sagen, ob der verschmorte Leichnam eine Frau oder ein Mann gewesen war. Wie mochte er oder sie dort hineingekommen sein? War das Opfer schon tot gewesen, als man den Körper zu den Kartonagen geworfen hatte? Oder war die Person von der Metallstiege über den Containerrand gestürzt? Hinein in das brennende Inferno, das sie selbst verursacht hatte? War der Brandstifter Opfer seiner eigenen Tat geworden?
Eine Identifizierung würde eine Herausforderung werden.
Kristina deutete an, dass sie genug gesehen hatte, und machte sich an den Abstieg. Noch ein Toter zum Ende dieser Woche. Wer aus ihrem Team konnte sich dessen annehmen? Sie brauchte jeden Mann, um die Osswald-Sache aufzuklären. Falls hinter dem Tod des Brandopfers kein Unfall steckte, würde es personell noch schwieriger werden. Sie würde womöglich Leute aus dem Urlaub zurückholen müssen.
Einsatzleiter Uwe Laub erwartete sie und nahm den Helm entgegen. Um der Hitze des Brandherds zu entkommen, gingen sie hinter die Löschfahrzeuge. Dort wartete Sonja mit dankbarer Miene, weil ihr der Anblick der Brandleiche erspart geblieben war. Kristina sah sie erwartungsvoll an.
»Der Mitarbeiter kam um halb acht. Er entdeckte die Flammen, die aus dem Container züngelten, und
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