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Die Kälte in dir (German Edition)

Die Kälte in dir (German Edition)

Titel: Die Kälte in dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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werkeln lässt?«
    »Klingt gerade so, als hätten Sie Angst, ich würde die Bude abfackeln, wenn ich nicht unter Aufsicht stehe.«
    Daniel lachte laut auf. Franka schob die Schutzbrille ins Haar. Die Stacheln bewiesen eine gewisse Elastizität.
    »Wo ist er?«, wiederholte sich Kristina und klang alles andere als amüsiert.
    »Ist sie immer so verbissen?«, fragte die Laborantin.
    Daniel winkte ab, bekam aber kein ernstes Gesicht hin.
    »Vielleicht bei einem Kunden. Sein Wagen ist nicht da. Er hat sich nicht abgemeldet. Passiert aber eher selten. Na ja, er sucht fieberhaft neue Auftraggeber, sein Stressfaktor ist momentan etwas überhöht. Was will die Polizei von ihm? Sollen wir was für euch untersuchen?«
    »Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«
    »Gestern. Kurz. Er sah nicht sonderlich gut aus.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Müde. Vielleicht auch etwas zu viel Alkohol am Vortag. Fragen Sie bei Ihrem Chef nach, wenn er versoffen aussieht? Also bei Hannes kommt das nicht so gut.«
    »Und heute hat er sich noch gar nicht blicken lassen?«, vergewisserte sich Kristina erneut, und die Laborantin schüttelte den Kopf. Solange dieser Achterberg abkömmlich war, musste sie mit der frechen Göre vorliebnehmen. »Was testen Sie denn so in Ihrem Labor?«
    »In den meisten Fällen führen wir für pharmazeutische Betriebe funktionelle, zellbasierte immunologische Analysen zur In-Vitro-Charakterisierung von Molekülen bezüglich Bioaktivitäten durch.« Das klang auswendig gelernt. Der Kleinen fehlte etwas der nötige Ernst.
    Kristina empfand Sympathie, und gleichzeitig nervte sie das rotzfreche Gehabe. Die junge Laborantin repräsentierte eine neue Generation, deren Achtung vor Vertretern von Recht und Gesetz deutlich geringer war als noch zu den Zeiten, in denen Kristina in ihrem Alter gewesen war.
    »Klingt spannend«, kommentierte Daniel.
    Kristina warf ihm einen Blick zu. Ja, der gehörte auch zu diesen jungen Leuten.
    »Arbeiten Sie auch mit menschlichem Gewebe?«, wollte Kristina wissen.
    »Was ist denn das für eine abgedrehte Anschuldigung? Wir züchten hier nichts Illegales in unseren Petrischalen«, verteidigte sich Franka.
    »Die Frage ist, ob Sie es könnten?«
    »Da fragen Sie lieber Hannes«, antwortete seine Assistentin und drehte sich um. Ohne große Eile an den Tag zu legen, verschwand sie in einer Kammer, die nach Büro aussah, und kam mit einer Visitenkarte von Hannes Achterberg zurück.
    »Kennen Sie Bruno Schwarz?«
    Franka Steffen rollte die Augen, bevor sie verneinte. Kristina bedankte sich und verließ mit Daniel im Schlepptau das Labor. Draußen wählte sie die Nummer, ohne Erfolg. Der Form halber klingelten sie bei Achterbergs Wohnung, eine Haustür weiter, aber wie angekündigt öffnete niemand. Kristina blieb vorerst keine andere Wahl, als sich zurück in Dechers Dunstkreis zu begeben. Dort würde sie für den Rest des Tages den Schein wahren, vor ihrem Bildschirm sitzen und Anrufe von vermeintlichen Zeugen entgegennehmen.
    Daniel steuerte den Wagen aus dem Kappelbergtunnel hinaus. Er kroch so langsam dahin, dass er beim Übergang vom Schatten ins blendende Sonnenlicht nicht einmal die Geschwindigkeit reduzieren musste. Zur Abwechslung hatte seine einschläfernde Fahrweise sogar etwas Gutes: Kristina war nicht so schnell wieder zurück hinter ihrem Schreibtisch.
    Als sie nach Waiblingen hineinfuhren, wies sie ihn an, geradeaus weiterzufahren, statt Richtung Präsidium abzubiegen. Daniel tat es mit einem Lächeln ab. Sie navigierte ihn Richtung Korber Höhe.
    »Lass mich dort raus«, verlangte sie, und er hielt an wie ihm befohlen.
    »Fahr zurück in die Dienststelle. Wenn ich hier fertig bin, treffen wir uns dort.«
    Die Fenster waren abgedunkelt. Genau wie bei ihrem letzten Besuch. Kristina ließ ihren Blick über die Vorgärten schweifen und sah dann Daniel hinterher, der mit dem Dienstwagen am Ende der Straße um die Ecke bog.
    In Gedanken verloren ließ sie ihren Blick über die Stadt gleiten. Ein schwülwarmer Wind strich über sie hinweg. Auf der Haut fühlte sich das wie Kleister an. Sie sah wieder zu den geschlossenen Fensterläden des Hauses, vor dem sie stand.
    Kristina konnte nachvollziehen, warum Holle sich in die Dunkelheit hüllte. Die Hitze war nicht der eigentliche Grund. Er sperrte die Welt aus. In seinem Zustand mit den motorischen und sprachlichen Einschränkungen, die ihn aus seiner Sicht zu einem unvollständigen Menschen machten, wollte er sich dem Leben draußen nicht

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