Die Kaempferin
bereits mitgeteilt, dass Ihr die Sucher mitgebracht habt – und wenn nicht ihm, dann General Daeriun. Allein schon der Umstand, dass sie hier sind, wird keinen großen Anklang finden.«
»Er würde nie erfahren, dass wir das Gelände verlassen haben«, warf Westen ein.
»Nein! Nein, ich verbiete es!«
Ich zog eine Augenbraue hoch.
Avrell stockte; dann fügte er hinzu: »Regentin.«
Aber er hatte recht. Fürst Pyres knappe Entlassung nagteimmer noch an mir. Und ich verstand seine Entscheidung nach wie vor nicht. Ich konnte es mir nicht leisten, denselben Fehler bei Fürst March zu begehen.
»Die Sucher bleiben hier«, befahl ich bedauernd. »Wüsstet Ihr überhaupt, wo Ihr nach Hilfe suchen müsstet, Westen?«
Er schüttelte den Kopf.
»Das dachte ich mir. Wir müssen uns auf General Daeriun oder William verlassen.«
»Oder Tristan«, ergänzte Avrell.
Ich erwiderte nichts, löste mich von der Gruppe und trat an Ericks Seite, streckte den Arm aus und ergriff seine Hand. Seine Haut fühlte sich weich und kalt und trocken an, sein Puls schwach. Sein Atem ging in langen, rasselnden Stößen.
Marielle berührte mich tröstend am Arm; dann wich sie zurück, nahm die beiden anderen Begabten mit und ließ mich mit Isaiah allein.
Ich setzte mich auf die Bettkante und wartete.
Die Zeit verstrich langsam, die Nacht kroch auf das Morgengrauen zu. Niemand sprach. Ericks Atemgeräusche erfüllten den Raum; gelegentlich das Knarren eines Stuhls, wenn jemand das Gewicht verlagerte, oder das Rascheln von Laken, wenn ich mich erhob, um auf und ab zu gehen. Im Zimmer gab es ein Fenster, das hinaus auf den vorderen Hof und zum Tor mit den Eisenranken wies. Ich beobachtete das Protektorat im Fackelschein, bis ich den Anblick nicht mehr ertragen konnte und zum Bett zurückkehrte. Den Blicken, die Westen, Avrell und Isaiah tauschten, schenkte ich ebenso wenig Beachtung wie den Trauermienen und gesenkten Köpfen der Begabten oder Heddans leisem Schluchzen.
Dann erschien plötzlich William an der Tür.
Catrell sprang auf, die Hand am Schwert. Avrell und Westen erhoben sich.
»Mir fiel niemand anders ein, an den ich mich wenden konnte«, stieß William außer Atem hervor, als wäre er gerannt. Die Worteklangen halb nach einer Entschuldigung, halb widerwillig. »Aber es hat geklappt.«
Hinter ihm stand Brandan Vard.
Mit Fürst Zachari Sorrenti.
Dritter Teil
VENITTE
Z EHNTES K APITEL
F ürst Sorrenti?«
Er nickte, und sein Blick richtete sich auf mich. Blaue Augen, nicht das übliche Dunkelbraun, Haselnussbraun oder Grün der Küste. Und er besaß dasselbe, ein wenig exotische Aussehen wie Alonse, der Verwalter. Auch er hatte einen schmalen Bart, das Haar jedoch nicht so kurz geschoren. Stattdessen fiel es ihm gewellt bis auf die Schultern. Er trug ein hellblaues Hemd und eine hellbraune Hose mit dunkelgrauer Schärpe. An seinen Fingern und um seinen Hals sah ich Gold glitzern.
»Regentin, mir wurde mitgeteilt, Ihr hättet ein Problem, dessen nur ich mich annehmen könnte«, sagte er mit ruhiger Stimme, aus der ebenso wenig Verärgerung sprach wie aus seiner Miene.
Doch ich spürte Zorn im Fluss. Als ich tiefer hineintauchte, erstarrte ich, denn ich konnte seine Macht fühlen, wuchtig und raubtierhaft, aber beherrscht.
Doch er war im Fluss nicht grau, sondern rot.
»Brandan hat mir die Lage erklärt. Darf ich den Gardisten sehen?«, fragte er.
Plötzlich war ich verunsichert durch den Umstand, dass Sorrenti ein Fürst von Venitte war; Avrell hatte mich davor gewarnt, dass Politik in Venitte weit tödlicher sein konnte als in Amenkor. Aber ich hatte keine andere Wahl.
Ich nickte.
Fürst Sorrenti näherte sich dem Bett. Als er sich in Bewegung setzte, gab ich Westen unauffällig ein Zeichen. Der Sucher bezog hinter Sorrenti Stellung, als der sich über Ericks ausgestreckte Gestalt beugte, eine Hand über dessen Brust hielt und die Augen schloss. Catrell nahm die Bewegung, die damit verbundene Warnung wahr und stellte sich seinerseits in die Nähe Brandans, der an Sorrentis Seite getreten war.
Keven, William und ich gesellten uns auf der anderen Seite des Bettes zu Isaiah.
»Die Fäden sind in der Nähe seines Herzens befestigt«, sagte Brandan.
»Ich sehe sie«, gab Sorrenti zurück, ohne die Augen zu öffnen.
»Und könnt Ihr sie durchtrennen?«, fragte ich. Im Fluss spürte ich seine Gegenwart und konnte sehen, wie die Strömungen sich bewegten, als er auf sie einwirkte.
Er antwortete nicht. Stattdessen legte
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